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Titel: Die Alchemie der Unsterblichkeit Eine Rezension von Ida Eisele |
Der junge Gelehrte Icherios Ceihn lebt mehr schlecht als recht in dem von einer schweren Hungersnot geplagten Karlsruhe des Jahres 1771. Von seinem Mentor Raban von Helmstatt wird er zu einer geheimnisvollen Kanzelei geschickt, um bei der Aufklärung einer Mordserie im Schwarzwald zu helfen. Zu seiner eigenen Überraschung befindet Icherios sich wenig später bereits auf dem Weg nach Dornfelde in den Bergen. Die Reise dorthin ist beschwerlich, obwohl er doch in einer Postkutsche reist, und die Lebensumstände auf dem Lande bringen den verweichlichten Städter in ihm zum Vorschein. Schon auf dem Weg hört er Ungutes über Dornfelde und das sogenannte Dunkle Territorium, in dem es liegt. Dort angekommen muss er sich auch sogleich mit Worgen anfreunden, die ihn beschützen – vor blutdurstigen Irrlichtern. Noch in derselben Nacht muss der ängstliche Gelehrte feststellen, dass seine Gastgeber sich teilweise für Vampire oder Werwölfe halten – und das offenbar tatsächlich sind.
Dennoch beginnt Icherios mit den Ermittlungen, denn die in Dornfelde verübten Morde lassen auf einen Täter schließen, der sich nach einem alchemistischen Ritual richtet. Zudem gefährdet das Morden den fragilen Frieden im Dunklen Territorium, weil die Opfer ausschließlich Werwölfe und Vampire waren, deren Verwandte nun menschlichen Hass hinter den Morden vermuten.
Icherios wird in die Intriegen und Geheimnisse Dornfeldes hineingezogen. Verdächtig ist nahezu jeder, außer vielleicht der freundliche Amtsmann Lynnart Kolchin, mit dem den jungen Gelehrten bald eine beginnende Freundschaft verbindet und der ihm hilft, sich mit dem Übernatürlichen zu arrangieren. Doch das Morden hört nicht auf und der Gelehrte tappt im Dunklen...
Die düstere Atmosphäre des Buches, die einmaligen, lebendigen und in Erinnerung bleibenden Charaktere sowie die packend erzählte Krimihandlung ziehen den Leser schnell in ihren Bann. Die Vampire sind echte Vampire, die Werwölfe echte Werwölfe, das Leben am Ende des 18. Jahrhunderts ist hart und kurz, gerade während einer Hungersnot. Die Philosophie der Aufklärung, die aufstrebende, noch halb im Aberglauben gefangene Wissenschaft und der im Gegensatz dazu stehende tiefe Glaube/Aberglaube des einfachen Volkes befinden sich das gesamte Buch über in einem Wettstreit um Icherios' Gedanken. Trotz einiger Fehler wie der Sucht nach Laudanum, einer gewissen Ignoranz und Feigheit gewinnt man den jungen Gelehrten, der entgegen aller Hoffnung von einem Medizinstudium träumt, schon auf den ersten Seiten lieb. Mit seinem riesigen Zylinder, der gefärbten Brille, schlaksig und tollpatischig, geplagt vom Tod seines besten Freundes ist er eine Figur mit Kultpotential, von der man gerne noch viel mehr lesen würde.
Auch der düstere Calan von Sohon, die verzweifelte Loretta und der freundliche Lynnart Kolchin sind – trotz der auf den ersten Blick klischeemäßigen Belegung – auf den zweiten Blick eben doch um vieles tiefer und eigenständiger, als man erwarten würde.
Der dunkle, geheimnisvolle Schwarzwald als Hintergrund eines Fantasy-/Myterykrimis passt wie die Faust aufs Auge. Werwölfe und Vampire in den düsteren Wäldern, hinter steilen Tälern und hohen Bergen versteckt, kann man sich nur zu gut vorstellen. Die frühen Sonnenuntergänge hinter den Berggipfeln, der aufsteigende Nebel der Irrlichter und das Flackern der Blaufeuer tun ihr Übriges, um eine herrlich düstere, geheimnisvolle Stimmung zu schaffen.
Wenn man weiß, dass die Autorin sich den Film Sleepy Hollow zum Vorbild genommen hat, sind die Parallelen zwar offensichtlich – gerade was die Namensähnlichkeit zwischen Icherios Ceihn und Ichabod Crane angeht – dennoch fällt es nicht weiter schwer, die beiden voneinander zu unterscheiden. Weitere Parallelen bestehen zu den Filmen der Underworld-Reihe. Der Ursprung der Vampire und Werwölfe in den Menschen und die Vermischung des Blutes, um stärker zu werden oder Unsterblichkeit zu erreichen, sind wichtige Elemente sowohl der Filme, als auch dieses Buches. Doch auch in diesem Fall kann man leicht darüber hinwegsehen und das viel zu kurze Buch einfach genießen.
Der einzige sonstige Mangel waren gelegentliche Logikfehler, bzw. Logiklücken, bei denen der Lesefluss ins Stocken gerät und man verwirrt eine Seite zurückblättert, um noch einmal nachzuschauen. So zum Beispiel wenn Calan von Sohon plötzlich ein Vampir genannt wird, obwohl er sich Icherios noch gar nicht als solcher zu erkennen gegeben hat, oder Icherios ihm Blut abnehmen will und vor Schreck die Spritze fallen lässt – meines Erachtens, bevor er sie einstechen und vollziehen konnte, es steht aber nicht explizit da – und im nächsten Kapitel das Blut hat. Aber auch das sind eher kleine Mängel, sodass ich das Buch nur wärmstens weiterempfehlen kann!