Titel: Der letzte Mohikaner Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Nach "The Deerslayer, Or The First War Path" (dt. "Der Wildtöter") ist "The Last of the Mohicans. A Narrative of 1757" (dt. "Der letzte Mohikaner; Eine Erzählung aus dem Jahre 1775") der zweite Band aus James Fenimore Coopers Lederstrumpf-Serie, der - im Jahre 1826 veröffentlicht - den "French and Indian War" und den Untergang der nordamerikanischen Indianerstämme in der Konfrontation mit den vorrückenden weißen Siedlern thematisiert.
Im Zuge des Dritten Schlesischen Kriegs (1756 - 1763), in den nahezu alle europäischen Großmächte involviert sind, verlagern sich die Kampfhandlungen insbesondere der beiden verfeindeten Kolonialmächte England und Frankreich auch auf den nordamerikanischen Kontinent, wo die kriegsführenden Parteien die indigenen indianischen Völker zu instrumentalisieren versuchen. Während auf Seiten der Franzosen die Huronen und Ottawa in den Krieg ziehen, verbünden sich die Mohawk und die Mohikaner, von denen allerdings noch kaum mehr als eine Hand voll existieren, mit den Engländern.
Dem frisch aus Europa eingetroffenen jungen Major Duncan Heyward sind die Loyalitäten sowie die kulturellen Eigenheiten der Indianer so fremd, dass er sich und seine beiden Schützlinge - die Töchter Oberst Munros, Cora und Alice, trotz der Warnungen Natty Bumppos - alias Falkenauge alias Lange Büchse, Hirsch- oder Wildtöter - dem Huronen Magua anvertraut, damit der sie nach Fort William Henry geleite.
Prompt hintergeht der brutale, furchterregende Indianer seinen Auftraggeber und entführt die beiden Frauen, sodass es an Uncas, Chingachgook und Falkenauge ist, die Engländer zu retten.
Über die Story selbst braucht man nicht viele Worte verlieren, gehört sie doch zu den großen Abenteuer-Klassikern der Weltliteratur. Catmalou und Cromwell folgen im Wesentlichen der belletristischen Vorlage, wobei sie naturgemäß die Handlung straffen und eigene Akzente setzen. Damit ist es nicht die Geschichte an sich, die dieses Comic-Album im Kanon der zahlreichen Adaptionen und Interpretationen der cooper'schen Vorlage zu etwas Besonderem macht, es ist das brillante Artwork Cromwells, das die Grenzen des landläufigen Comics sprengt.
Auf der formalen Ebene verzichtet der Künster erstens auf Sprechblasen, sondern stellt den Text entweder in Narrative Boxes, deren Hintergrundfarbe sich nur in Nuancen von der Grund-Koloration unterscheidet, wobei allenfalls ein dünner, schwungvoller Strich das Gesagte einem Sprecher zuordnet, oder aber er setzt den Text direkt in die Panels.
Im Seitenlayout selbst verzichtet Cromwell zweitens auf die strenge Einteilung einer festen Panelstruktur; das heißt, er setzt kleinere Panels frei in seine großformatigen ganz- oder doppelseitigen Bilder, wobei er sie mit einem vergleichsweise dünnen schwarzen Steg gegeneinander abgrenzt.
In der Farbgebung folgt der Künstler bis auf wenige Ausnahmen einem monochromen Ansatz: Die beiden Grundtöne Schwarz und Weiß ergänzt er jeweils durch eine dritte Farbe, durch Ocker, Türkis oder Karmesinrot, wodurch er farblich eine gleichermaßen stimmige wie ausgesprochen düstere Atmosphäre generiert, wobei ein pastoser Farbauftrag den Bildern zusätzlich raue, rohe Textur bzw. Struktur verleiht.
Cromwells Bildsprache, seine Ikonografie, scheint in der Dynamik ihrer Pinsel- bzw. Linienführung, der Reduktion der Figuren und der Umgebung auf markante Merkmale sowie der Überzeichnung einzelner Posen und Aspekte an steinzeitliche Höhlenmalereien angelehnt und strahlt auf der einen Seite eine archaische Wildheit, eine unbändige Kraft aus, reduziert die Komplexität der Welt andererseits auf eine kleine, klaustrophobische und subjektive Realität, die von wenigen tiefen Emotionen und Verhaltensmustern bestimmt wird.
Fazit: Das brillant expressive und düstere Artwork Cromwells macht dieses Album zum einem Must-have insbesondere für Freunde innovativer Comics mit künstlerischem Anspruch.