Titel: Der Zensor (2001) Eine Besprechung / Rezension von Reinhard Zens |
Zwei Handlungsfäden führen durch dieses Buch, beleuchten die zwei Seiten der Gesellschaft und verweben sich am Schluss zu einer Einheit - denn eines wird schnell klar: Die Gemeinsamkeiten der beiden Hauptfiguren sind größer, als ihre Stellungen vermuten lassen.
Auf der einen Seite ist da Yaqui, der Zensor, einer der obersten Beamten des Königs von Nanotikal. Er repräsentiert die auf Nanotechnologie und Unterdrückung basierende Staatsmacht der Maya, die im Spanien des 22. Jahrhunderts herrschen.
Sein Gegenpol ist Enrique, eine führende Figur des Widerstands. Obwohl geborener Halb-Maya, hat er sich auf die Seite der terroristischen Befreiungsarmee gestellt und kämpft für die Freiheit beider Völker: der rechtlosen Spanier und der geknechteten Indio-Unterschicht.
Beide sind treue Verfechter ihrer Sache - und beide nur Schachfiguren, die bei ihren Oberen in Ungnade fallen. Verschlissen in aufreibenden Polit-Intrigen und enttäuscht von allen Seiten, treiben sie als Strandgut aus dem Sturm des aufziehenden Chaos.
Hammerschmitt malt ein buntes, detailreiches Bild einer Kann-Zukunft, ohne sich in überbordende Beschreibungen zu verlieren. Die Handlung treibt zügig voran, und nach und nach entknoten sich vor dem Auge des Lesers die Hintergründe und politischen Winkelzüge.
Der Zensor ist eine Gesellschaftsutopie, die eine wichtige Erkenntnis vermittelt: Egal, wie die Machtstruktur aufgebaut ist oder der gerade regierende Oberzampano heißt, welcher Gott angebetet wird oder welches Ziel die Staatsdoktrin bildet - das System ist immer gleich, denn die Menschen sind immer gleich. Die 'oben' wollen es sich um jeden Preis richten, und die 'unten' kämpfen um ihr Teilchen vom Kuchen, immer in der Gefahr, abgeschossen zu werden. Zur Durchsetzung der eigenen Interessen ist dabei jedes Mittel recht: Die Verbündung mit Feinden ebenso wie die Beseitigung von Freunden.
Keine rosige Utopie, die Hammerschmitt da entwirft. Eher eine, die sich an der Realität orientiert.
Ich hatte nur ein einziges Problem mit dem Buch: Ab und zu musste ich die Lektüre unterbrechen - und das fiel nicht leicht!
Der Zensor - Rezension von Rupert Schwarz