| Serie / Zyklus: Scheibenwelt, A Story of Discworld #4 Titel: Der Winterschmied Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Tiffany Weh ist eine mittlerweile dreizehnjährige quietschfidele Hexe, die in ihrer kurzen Vergangenheit schon einige haarsträubende Abenteuer erlebte. Wer kann schon von sich behaupten, Flussungeheuer mit einer Bratpfanne besiegt oder kleinen blauen Männern als Zauberin zu gedient zu haben? Wer sich dafür interessiert, mag in den Romanen "Ein Hut voller Sterne" und "Kleine, freie Männer" Tiffanys Abenteuer nachlesen. Das neue Abenteuer unserer Teenager-Hexe beschäftigt sich jedoch mit etwas ganz anderem, nämlich mit der Ausbildung zur Hexe. Bei der Führungshexe Fräulein Verrat ist sie als Auszubildende untergekommen. Das hört sich erst einmal gut an. Halbnackte Tänze um irgendwelche Feuer hört sich auch gut an, stellt sich aber als Gerücht heraus. Die Arbeit einer Junghexe besteht hauptsächlich darin, zu lernen und zu dienen. Als billige Dienstmagd muss sie für Sauberkeit sorgen. Außerdem muss sie sich als Krankenschwester bewähren und die kranken und gebrechlichen Dörfler versorgen. Sie ist zudem als Schiedsrichterin tätig, um die Streitigkeiten beizulegen; sie ist Psychotherapeutin, um sich all die Krankheiten, Sorgen und Nöte der Dorfbewohner anzuhören und einiges mehr. Und nirgendwo kommt Nackttanzen vor dem Feuer vor. Die Gerüchteküche der Dorfbewohner war in dieser Hinsicht eher eine Kaltspeise. Dann kommt endlich der Tag oder besser die Nacht, an der Tiffany mit ihrer einhundertdreizehnjährigen Ausbilderin Fräulein Verrat zum Moriskentanz gehen darf. Das war in der Hinsicht ein Fehler, weil der Winterschmied auf sie aufmerksam wird, als sie sich ungefragt in den Kreis der tanzenden Menschen einreiht. Der Winterschmied ist die Kraft des Winters und dieser macht dem jungen Mädchen den Hof, sorgt mit seinen Geschenken jedoch für Unbill. Schneeflocken mit dem Schattenriss von Tiffanys Gesicht sind noch die harmlosesten Aufmerksamkeiten. Wenn er jedoch `Schiffe versenken’ spielt mit Eisbergen, die Tiffany ähnlich sehen, hört der Spaß auf. Tiffany Weh selbst macht auch eine Wandlung durch. Wo sie geht und steht, beginnt das Land plötzlich Frühling zu spielen. Es sprießt um sie herum nur so und alle Pflanzen in der Nähe blühen auf. Ist sie etwa die geheimnisvolle Sommerfrau und damit das Gegenstück zum Winterschmied? Tiffany hat ein kleines Problem, könnte man sagen. Wie wird man einen Verehrer los, der selbst als Jahreszeit keinen Körper hat und sich erst einen aus Schnee, Sand und anderen Dingen erschaffen muss? Vielleicht ist Tiffanys kalte Schulter, die sie ihm zeigt, besonders reizvoll? Wie auch immer, Auszubildendenhexe Weh will ihren Galan los werden. Aber wie?
Terry Pratchetts Romane ändern sich ein wenig. Er geht immer mehr auf die Jugendlichen zu, greift ihre Probleme auf und stellt sie in überspitzter Form vor. Damit müssen jüngere Leser, die sich gern mit Tiffany oder dem jungen Ritter Roland gleichsetzen wollen, auch mit deren Problemen auseinandersetzen. Für beide gilt in diesem Roman: loslassen. Loslassen von dem, was sie bislang für feststehend erachteten, loslassen, um auf eigenen Beinen zu stehen. Humorig und nachdenklich, seltsame Scheibenweltbewohner und Liebesbeziehungen, all das findet sich in diesem Buch.