| Titel: Der verbotene Kontinent Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Nach seinem bekannten Roman "Die Enkel der Raketenbauer", mit dem Zauner auch 1981 den Kurt Laßweitz Preis gewinnen konnte, entstand mit "Der verbotene Kontinent" eine konsequente Weiterentwicklung der Beschreibung einer Erde nach einem atomaren Holocaust. In diesem Roman ist es jedoch nicht ganz klar, ob nur ein Krieg zur Auslöschung fast allen menschlichen Lebens auf der Erde geführt hat oder ob eine auf weißhäutige spezialisierte Viruserkrankung ihren Hauptteil an der Vernichtung der westlichen Zivilisation hatte. Wie schon gerade erwähnt, hat nur die schwarze Bevölkerung überlebt - besonders in Afrika und auch in Amerika. Der europäische Kontinent gilt seit über zweitausend Jahren als verboten und gefährlich. Lediglich einige spärliche Forschungsexpeditionen wurden den Rhein, der aufgrund der Erhöhung des Meeresspiegels um dreißig Meter nun bei Bonn in das Meer fließt, hinauf durchgeführt, blieben jedoch ohne Ergebnis. Von den großen Metropolen des 20. Jahrhunderts ist nichts übrig geblieben, die Überlebenden des Holocausts haben sich im Laufe der Jahrhunderte vergessene technische Innovationen und zivilisatorische Handlungsweisen erst wieder erarbeiten müssen, jedoch wird Afrika regiert von traditionellen und religiösen Dogmen, die keinesfalls gebrochen werden dürfen und das ganze Leben bestimmen.
In der Siedlung Omaburu, nahe des Ruinenfeldes Milano, auf der Südseite der Alpen hat sich eine Forschungsgruppe etabliert, die immer wieder mit Solarseglern Alpenüberflüge wagt und die Welt jenseits des Gebirges erforscht. Eines Tages jedoch stürzt ein Segler ab, und die beiden Forscher Wakaale und Ossaman werden nahe des ehemaligen Standortes der Stadt Augsburg in den dichten und wilden Urwald geschleudert. Verzweifelt versuchen sie Hilfe zu erlangen, scheitern jedoch mit Funkversuchen an den sie umgebenden Bergen. Angst steigt auf, denn von Kindheit an hat man ihnen die Gefahren der Radioaktivität und sonstiger Seuchen eingetrichtert und ihnen immer wieder gesagt, dass in Europa das Böse an sich vorherrsche - ein Grund für das Verbot, den Kontinent zu betreten. Zu ihrem großen Erstaunen jedoch treffen sie auf Menschen - und zudem auch noch weißhäutige! Entgegen allen Sagen, die bleichen, eigentlich ausgestorbenen Menschen seien das Böse in Person, entpuppen sich die Urwaldbewohner als friedliche, neugierige und freundliche Gruppe, die ihr Dasein auf der Basis einer primitiven, jedoch ausgewogenen Lebensweise fristen. Nach und nach nähern sich beide Gruppen an, während in Omaburu nach einem Erdbeben Gefahr besteht, dass die Siedlung aufgegeben wird. Eine Bildaufnahme eines Rettungsfluges über das Absturzgebiet, welches einen weißhäutigen Eingeborenen zeigt, führt zu einem Macht- und Glaubenskampf zwischen Wissenschaftlern und religiösen Traditionalisten.
Die frühen 80er Jahre waren bestimmt vom Erwachen der Friedens- und Antiatom-Bewegung. Als Erdreich, in dem "Die Grünen" beispielsweise als Partei ihre Wurzeln fanden, entstanden eine Vielzahl von Romanen und Filmen, die das Unbeschreibliche und Unzeigbare eines atomaren Krieges der breiten Bevölkerung nahe brachten. Einer der hier beteiligten Autoren war Georg Zauner, der in dem vorliegenden Roman eine weit, weit entfernte Zukunft schildert, in der die hochgepriesene westliche Zivilisation nur noch Sagen und Legenden füllt und als böse verkannt wird. Paradoxerweise lässt Zauner entgegen dem damals starken Rassismus gegen Schwarze gerade die Schwarzafrikaner und die schwarze Bevölkerung der USA überleben und eine neue Gesellschaft aufbauen. Reste der Ideologie der 68er (freie Liebe usw.) finden sich ebenso in seinem Text wie die Anklage gegen religiösen Fanatismus oder Rassismus (hier jedoch einmal von der anderen Seite aus gesehen). Angesichts der heutigen kulturellen Schwierigkeiten zwischen Christentum, welches bei Zauner nur schwach in Erinnerung ist, und Islam und dem steigenden Meeresspiegel durch den Klimawandel scheint Zauners Roman wieder in Teilen an Aktualität zu gewinnen. Abgesehen davon ist das Buch als unterhaltsame und intelligente Science Fiction sowieso zu empfehlen.