Reihe: Das Lied von Eis und Feuer, Band 3 Eine Rezension von Angelika Mandryk |
Klappentext
Zehn Jahre dauerte der Sommer in Westeros, und genauso lange währte die Zeit des Friedens in den Sieben Königreichen. Doch nun hält der grimmige Winter Einzug, und in seinem Gefolge brechen schlimme Zeiten an. Robert Baratheon, der König auf dem Eisenthron, und Lord Eddard Stark, der Lord von Winterfell, sind tot. Sie wurden Opfer einer Intrige, deren Ausmaß noch gar nicht abzuschätzen ist. Für Eddards Sohn Robb bedeutet dies, dass er im Alter von gerade einmal fünfzehn Jahren die Herrschaft¸ über Winterfell und damit über den ganzen Norden von Westeros antreten muss. Und noch während er um die Anerkennung und den Respekt seiner Untertanen ringt, bricht im Reich ein Bürgerkrieg aus. Joffrey, der grausame Sohn von Königin Cersei, hat den Thron bestiegen, auf dem vor ihm Robert Baratheon gesessen hatte. Doch auch Stannis und Renly Baratheon, seine Bruder, machen ihre Ansprüche geltend und nicht nur sie. Überall in den Sieben Königreichen werden Pläne geschmiedet, denn die Anwärter auf den Eisenthron sind zahlreich und keiner von ihnen schreckt vor Krieg und Aufruhr zurück, um seine Pläne in die Tat umzusetzen. Robb Stark hat keine andere Wahl, als sich in dem Konflikt zunächst auf Joffreys Seite zu schlagen, denn der junge König hält eine Schwestern als Geiseln. Und während die mächtigen Häuser um die Macht in dem zerrissenen Land streiten und ein verhängnisvolles Omen am Himmel erscheint, wächst hoch im Norden, jenseits der Mauer, eine noch viel größere Gefahr heran.
Rezension
George Raymond Richard Martin bevorzugte in den Anfängen seiner Karriere das Science Fiction Genre und gelangte 1971 mit einer Kurzgeschichte zu frühen Ruhm. Mehrfach wurde ihm der renommierte Hugo Award verliehen. Mit seiner Reihe „Game of Thrones“ eroberte er die Herzen zahlreicher Low- und High-Fantasy-Fans im Sturm. Vom Sender HBO als Serie verfilmt, erscheint nun Band für Band die Neuauflage. Stimmige Optik, mehrmals gesplittet, neu übersetzt, durchgesehen und überarbeitet: „Der Thron der sieben Königreiche“ führt den breit gefächerten Epos, der als der größte unserer Zeit gehandelt wird, in passender Manier fort.
>> Der Eunuch rieb sich die gepuderten Hände. „Darf ich Euch zum Abschluss noch ein kleines Rätsel aufgeben, Lord Tyrion?“ Er wartete die Antwort nicht ab. „In einem Raum sitzen drei große Männer, ein König, ein Priester und ein reicher Mann mit seinem Gold. Zwischen ihnen steht ein Söldner, ein Mann niederer Abstammung von bescheidenem Verstande. Jeder der Großen bittet ihn, die anderen beiden umzubringen. Töte sie, sagt der König, denn ich bin dein rechtmäßiger Herrscher. Töte sie, sagt der Priester, denn ich befehle es dir im Namen der Götter. Töte sie, sagt der reiche Mann, und all dieses Gold soll dein sein. Sagt mir wer überlebt und wer stirbt?“ Mit einer tiefen Verbeugung eilte der Eunuch in seinen weichen Schuhen aus dem Raum. <<
Wenn sich das Machtgefüge einer ganzen Welt verschiebt, Intrigen den Alltag unterschiedlichster Charaktere bestimmen, wenn Drachen neue Macht verleihen und ein Thron im Brennpunkt des Geschehens steht, dann kann nur von George R. R. Martin die Rede sein. Ein Autor der auf seine eigene, intelligente, trockene manchmal aber auch auf amüsant-sarkastische Art Geschichte schreibt. Und diese Geschichte geht weiter. Sie trennt sich von alten Charakteren und fordert bekannte sowie noch weniger verflochtene Protagonisten heraus, sich oder aber ihr Weltbild zu ändern, um in Zeiten des Krieges zu überleben. „Der Thron der sieben Königreiche“ knüpft hierbei nahtlos an, wo Band zwei „Das Erbe von Winterfell“ geendet hat: die Starks und ihre ehrenvollen Vorstellungen scheinen zerschlagen. Eddard ist tot, seine Töchter sind immer noch in großer Gefahr und Robb muss sich einer unvorhersehbaren Herausforderung stellen. Viel gewichtiger aber, als die tödlichen Gefahren für die Herren von Winterfell, sind nun die unterschiedlichsten Ränke, die wie Unkraut aus dem Boden schießen. Überall liegt eine greifbare Spannung in der Luft, denn nicht nur die Starks und Lennisters rüsten sich zum Kampf, auch die Brüder des verstorbenen Robert Baratheon sind sich uneins, wer den Thron verdient. Mit dem jungen und grausamen König Joffrey, den durch Inzest gezeugten Sohn von Königin Cersei und Jaime Lennister, scheint letztendlich niemand einverstanden zu sein. Besonders Sansa Stark, seine Verlobte, leidet unter seinen psychopathischen Grausamkeiten. Ihre Schwester, Arya, ist dem intriganten Königshof inzwischen entwischt und ermöglicht dem Leser einen Blick hinter die Kulissen der adeligen Ränke um Thron und Vaterland. Eine andere Sicht, auf einfachere Leute. Um Joffrey zu stürzen, wäre ein parteienübergreifender Feldzug notwendig, doch am Ende möchte jeder alleiniger Gewinner sein. Besonders Stannis Baratheon, der ältere Bruder des ehemaligen Königs, ist in seiner Sturheit zu bewundern, Allianzen zu verweigern. Während Tyrion Lennister sich in Königsmund um Schadensbegrenzung sowie, man staune, Gerechtigkeit bemüht, Jon Schnee nördlich der Mauer verlassene Dörfer entdeckt und Daenerys das Überleben ihrer Anhänger sichern muss, begeht Robb Stark einen folgenschweren Fehler: als König des Nordens schickt er seinen Freund, oder eigentlich eine ehemalige Geisel seines Vaters, Theon Graufreud aus, um den verhassten Lord der Eiseninseln zu überzeugen, gemeinsam gegen die Lennisters in den Kampf zu ziehen. Doch Theon, der sich weniger hin- und hergerissen fühlt, als der Leser bisher annehmen konnte, wird bald darauf gezwungen eine schwierige Entscheidung zu treffen: hält er den Starks die Treue oder seiner eigentlichen Familie, die ihm inzwischen pure Kälte entgegenbringt. Ihnen zu gefallen würde bedeuten, Winterfell in Schutt und Asche zu legen.
Der dritte Band dieser bearbeiteten Neuauflage konzentriert sich vermehrt auf den Ausbau George R. R. Martins Idee. Die Charaktere rücken weiter in den Vordergrund und begründen den unglaublichen Reiz dieser Fantasy-Reihe. Sie haben ihre Schwächen und Stärken, werden ohne Rücksicht und Kompromisse entwickelt. Selbst jene, die die Sympathie des Lesers nicht verdienen, sind so interessant, dass es Freude macht, ihnen zu folgen. Sie sind komplex genug. Genauso wie die Welt um sie herum, die Zeit braucht, um sich in vollem Glanz zu entfalten. Die Besonderheiten, die sich oft im Detail verstecken, entpuppen „Das Lied von Eis und Feuer“ als komplexe Freizeitbeschäftigung, die Aufmerksamkeit, oft auch Geduld verlangt. Fans von knackigen, actionreichen Geschichten werden deshalb nicht unbedingt so glücklich mit dieser Fortsetzung oder den Qualitäten einer solchen Reihe sein.
„Was werdet Ihr also tun, Mlord, jetzt, wo Ihr die Hand des Königs seid?“, fragte Shae, derweil er ihr warmes, süßes Fleisch umfasste. „Etwas, das Cersei sich niemals träumen ließe“, murmelte Tyrion leise an ihrem schlanken Hals. „Ich werde Gerechtigkeit üben.“
(Seite 90)
Fazit
„Der Thron der sieben Königreiche“ bietet, wie die beiden Vorgänger, viel Platz für Entwicklungen, aufgeteilt auf eine Vielzahl von lesenswerten Charakteren. Insgesamt etwas weniger schwungvoll, immer noch aber episch (teilweise auch poetisch) zu lesen, gleicht er einer Art Ruhe vor dem Sturm. Immer noch: grandios!