Reihe: Der Krieg der Propheten 3 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Entgegen allen Gewohnheiten beginnt dieses Buch für mich auf Seite 469. Die Frage "Seite 469?, aber Du hast doch angegeben, 466 Seiten", sehe ich natürlich kommen und will sie daher auch gleich beantworten. Dankenswerterweise hat der Verlag Klett-Cotta vergesslichen Menschen, Viellesern und Lesern, die erst mit diesem Band beginnen, eine Zusammenfassung der ersten beiden Romane spendiert. Dazu kommt ein umfangreiches enzyklopädisches Glossar, so dass das Buch auf über 600 Seiten ansteigt. Mit einigem Kartenmaterial, von Scott selbst gezeichnet, wird die Trilogie noch anschaulicher.
Wer etwas mehr über den Autor erfahren möchte, muss sich leider noch ein halbes Jahr gedulden. Im neuen MAGIRA - Jahrbuch zur Fantasy, das etwa August / September 2008 erscheint, findet sich eine Zusammenfassung der Trilogie Der Krieg der Propheten sowie ein Interview, das ich mit R. Scott Bakker per E-mail geführt habe bzw. zurzeit noch führe.
Der Heilige Krieg, so der Name des riesigen Heeres, steht nun vor der heiligen Stadt Shimeh. Der Vorsteher der tausend Tempel, der die Krieger zusammenrief, will die Stadt von den Heiden befreien. Die Hexenmeister der verschiedenen Orden und ihre Ordensbrüder bereiten sich darauf vor, in den Einsatz gegen die Stadt geschickt zu werden. Es gilt im Frühling des Jahres 4112 die letzte Schlacht zu schlagen.
Der Handlung konzentriert sich nur auf den Kampf gegen die Heiden, die Eroberung von Shimeh sowie die damit verbundenen Risiken und Gefahren. Die Männer aus Conriya, die Tydonni, Thunyeri, Ainoni, die Inrithi und all die anderen, lagern in der Ebene Shainizor und warten nur noch auf das Zeichen zum Angriff. Shimeh muss fallen, so will es der Kriegerprophet Anasûrimbor Kellhus.
Und obwohl eine Schlacht bevorsteht, mit Tausenden von Toten, reduziert sich auch dieses Buch wieder auf vier Personen.
Anasûrimbor Kellhus, der Sohn von Moenghus. Ein tragischer Held, der in eine Rolle gedrängt wurde, in die er nicht wollte. Jetzt ist er der Anführer des Heiligen Krieges, sein Wort ist Gesetz. Mit dem Angriff auf Shimeh geht für ihn ein Wunsch in Erfüllung: Er trifft auf seinen Vater Moenghus. Ob sich das Zusammentreffen als wünschenswert erweist, zeigt sich erst zum Schluss. Mit Drusas Achamian, Magier der Mandati, hat Kellhus einen Berater im Rang eines Wesirs. Gleichzeitig ist Achamian der Heilige Tutor. Er ist der Gelehrte, denen alle anderen zuhören, die seinen Worten lauschen und sie weitergeben. Gerade Kellhus, dem er als Berater dient, hat nicht unbedingt die Absicht, auf den gut gemeinten Rat zu hören. Der Kriegerprophet hat eigene Pläne, in die er den Drusas nicht einweiht. Die ehemalige Hure und Prophetenehefrau Esmenet steht zwischen den beiden Männern. War sie zu Beginn mit Achamian zusammen, so ist sie nun Ehefrau von Kellhus und Mutter seines Kindes. Esmenet erkennt jedoch erst, als sie mit Kellhus zusammen ist, was ihr Achamian bedeutet. Im Gegenschluss erkennt auch Achamian, wie sehr er sie liebt. Und als Vierter im Bunde steht Häuptling Cnaiür für die unerfüllten Absichten. Sein ganzes Ansinnen und Trachten galt dem Tode von Kellhus Vater, doch wird es nie so weit kommen.
R. Scott Bakker führt die Geschichte um den Heiligen Krieg zu Ende. Der Krieg der Propheten ist gleichzeitig die Auseinandersetzung zwischen dem Kriegerpropheten und der Vergangenheit, wie auch der Krieg zwischen Kellhus und Achamian, nur mit unterschiedlichen Mitteln. Der Autor führt seine Handlung konsequent weiter, ohne sich in Einzelheiten zu verlieren. Gleichzeitig bietet er aber auch ein Leben seiner Handlungsträger in allen möglichen Spielarten. Von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt durchleben sie alle menschlichen Gefühle. Alle sind auf der Suche nach etwas, was es ihnen ermöglicht, weiterzuleben, denn im Hintergrund steht die Apokalypse, die die bekannte Welt zerstören könnte. Die Unsicherheit der Beteiligten liegt darin, festzustellen, ob die Taten, die sie vollbringen, dazu dienen, die Apokalypse aufzuhalten oder aber herbeizurufen.
Sie sind vielleicht alle Gewinner auf die eine oder andere Weise. Ein Sieger ist jedoch nicht darunter. Scott Bakker schrieb mir in einer E-mail unter anderem, dass er nicht nur schreibt um des Schreibens willen. Er schreibt, weil er eine Geschichte erzählen will und dass seine Personen nicht grundlos tätig sind. Jede Person ist ihren Zielen und Idealen auf der Spur.
Die alte Welt ist tot, verfügt Kellhus. Ob sich R. Scott Bakker daran hält, bleibt offen. Vielleicht erzählt er wieder etwas, diesmal aus der neuen Welt.