Serie: Luuna, Band 5 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Ohne größere Blessuren haben Luuna und ihre Begleiter das große Sandmeer überwunden und finden sich in einem dichten Dschungel wieder, der nicht nur von kleinen Geistern - Pookas - bewohnt wird, sondern der auch die Heimat eines freundlich gesinnten Indianer-Stammes ist, dessen Herrscher die Fremdlinge mit offenen Armen empfängt.
Obgleich die beiden Völker dies- und jenseits der Wüste vieles trennt, ähneln sich dennoch einige Götter ihres Pantheons. Insbesondere Kauyumari, dem Großen Hirsch, der Luuna auf ihre Reise schickte und der hier Mâtzal genannt wird, bringt der Stamm tiefen Respekt entgegen. Da zudem selbst in der Fremde der Ruf der Paumanok als Mittler zwischen Göttern und Menschen legendär ist, entscheidet der Schamane, Luuna bei dem Brechen des Fluchs des Unkui behilflich zu sein.
Doch dieses Unterfangen ist gefährlich, denn die Seele der junge Indianerin muss dazu Welten und Unterwelten durchschreiten sowie in Gegenden vordringen, in denen Menschen nicht willkommen sind.
Mit dem Prinzen des Stammes, Tchotapak, als Traumbegleiter wagt Luuna dennoch die Reise und steht schließlich vor dem Jaguar-Gott Tezcatlipoca, der ihr die letzte Prüfung offenbart: Innerhalb des Spiegelkreises muss sie ihrer grausamen, von Unkui beherrschten Seite gegenübertreten und sie besiegen, will sie frei sein.
Mit dem fünften Band der Serie schließt der Zyklus um Luuna. Ob dieses allerdings den endgültigen Abschied von der jungen Indianerin und ihren Freunden bedeutet, ist fraglich, denn Crisse hat sich gleich zwei Optionen zur Fortführung der Geschichte offen gelassen. Doch das wird erst die Zukunft zeigen, so dass wir als Leser zunächst damit fertig werden müssen, dass eine der unterhaltsamsten und schönsten Comic-Serien der letzten Jahre ihr vorläufiges Ende gefunden hat.
Das Ergebnis von Crisses, Keramidas' und Garcias Zusammenarbeit sind fünf Alben, in denen Humor und Tragik, Mystik, indianische Mythologie und Lebensart, Dunkel- und Helligkeit sowie ein hinreißend dynamisches, lebendiges Artwork eine nahezu perfekte, synergetische Verbindung eingegangen sind.
„Der Spiegelkreis“ reiht sich einerseits nahtlos in die Reihe der vier vorhergehenden Alben ein, ist andererseits dennoch etwas Besonderes.
Zum einen erfährt die Geschichte eine nochmalige Temposteigerung, die insbesondere im Mut Crisses zu radikalen Schnitten deutlich wird - so blendet er die Durchquerung des Sandmeeres vollkommen aus oder lässt den inneren Kampf Luunas mittendrin abbrechen -, zum anderen schließt Crisse mit der rund zweieinhalb Seiten umfassenden Rückreise gleichsam eine erzählerische Klammer um die gesamte Story, indem er kurz, aber prägnant einige Motive aus den Vorgängerbänden zitiert - z. B. einen Adler, der mit der Tücke eines Beuteobjektes ringt, oder den alten Indianer, dem Luuna die Reise zu seinen Ahnen ermöglichte.
Eine unerwartete Wendung gen Ende, welche nicht nur dieses letzte Abenteuer, sondern den gesamten Zyklus in ein düstereres Licht rückt, die zugleich aber durch einen versöhnlich-freundlichen Epilog, für den nicht Keramidas, sondern Fred Besson künstlerisch verantwortlich zeichnet, relativiert wird, unterstreichen den herausragenden Charakter dieser exzellent ausbalancierten Serie.
Fazit: der erzählerisch wie grafisch großartige Abschlussband einer grandiosen Alben-Reihe, der/die in jede Comic-Sammlung gehört.