Titel: Der Sog Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Nicholas Close ist ein vom Leben gezeichneter Mann. Vor 25 Jahren wurde er in seiner australischen Heimat mit dem Tod seines besten Freundes konfrontiert. Der junge Tristam Boye wurde, ebenso wie er, von übernatürlichen Kräften in einen geheimnisvollen Wald in der Nähe seines Heimatortes Tallong gezerrt. Jedoch konnte Nick im Gegensatz zu Tristam fliehen, Letzerer wurde nur noch tot aufgefunden.
Fast drei Jahrzehnte später erleidet Nicholas einen Motorradunfall, dessen an sich leichte Verletzungen zu einer wundersamen Erweiterung seiner geistigen Fähigkeiten führen. Fortan kann er die Geister gestorbener Menschen sehen, insbesondere solcher, die durch einen gewaltsamen Tod aus dem Leben gerissen wurden. Jedoch führt der erlösende Anruf aus der Klinik, dass ihm nicht viel passiert sei, dazu, dass seine Frau vor Schreck eine Leiter herunterfällt und sich das Genick bricht. Immer wieder muss Nicholas in einer Art Wachtraum den Tod seiner Frau mitansehen, was ihn sehr zermürbt.
In seiner australischen Heimat will er etwas Ruhe und Frieden finden und mit seinen traumatischen Erlebnissen brechen. Doch taucht nach kurzer Zeit Tristams Bruder auf und erschießt sich vor seinen Augen mit einem Gewehr.
Entsetzt erkennt Nick mit der Zeit eine Verbindung mit dem Wald, in dem vor etlichen Jahren sein Freund sein Leben verlor. Immer häuftiger werden Kinder getötet, die sich in dessem Umfeld aufhielten. Close beginnt Nachforschungen, die ergeben, dass schon vor knapp 150 Jahren Gleiches in dieser Gegend passierte und etwas Mächtiges und Gefährliches im Wald lauert. Unterstützt wird er von mehreren Helfern, jedoch ist es sein Schicksal, mit der Monstrosität im Inneren des Waldes selbst fertig zu werden.
Der Australier Stephen Irwin bedient sich in seinem Debütroman stilistischer Mittel Stephen Kings. Auffallend sind die ähnliche Charakterentwicklung und die Konstruktion des Spannungsbogens. Leider hat Irwin sich nicht nur Positives aus Kings Repertoire geliehen, sondern fängt in der Mitte des Buches ähnlich wie der Altmeister des Horrors an, geschwätzig zu werden. Etliche Dutzend Seiten mit weit ausschweifenden Begebenheiten ermüden den Leser und trüben den Genuss des ansonsten robusten und handwerklich gut geschriebenen Horror-Thrillers.
Die Idee mit der seit Generationen vorhandenen bösen Macht ist natürlich nicht neu. Gerade in der jüngsten Vergangenheit fällt mir dazu "Weißer Schrecken" von Thomas Finn ein, der in dieselbe Horrorkerbe schlägt. Grundsätzlich ist das aber nicht schlimm, wichtig finde ich, dass der Roman unterhaltsam, interessant und spannend ist. Bis auf einen gewissen Anteil des Mittelteils kann ich das für diesen Roman bestätigen.
Im Gegensatz zum erwähnten Thomas Finn bedient sich Irwin aber nicht nur eines Grusel-Archetypus, sondern auch noch einer mystischen Fabelfigur, die eher aus dem Bereich der Naturreligionen zu stammen scheint. Während die "Alte Frau" im Wald den Hauptgegner darstellt und sich die Protagonisten an ihr abarbeiten, ist der "Grüne Mann" ein nicht greifbares Wesen im Hintergrund. Was dessen Ziele und Motive sind, bleibt großteils im Dunkeln, jedoch gerade dies macht diese Figur durchaus interessant.
Fazit: Teilweise müht man sich mit Stephen Irwins Debüt, wenn man jedoch die Ausbauer besitzt, über die eine oder andere Weitschweifigkeit hinwegzulesen, bekommt man einen grundsoliden Horrorthriller geliefert.
6 von 10 Punkten