Titel / Originaltitel: Der Schwarm Besprechung / Rezension von Andreas Hoops
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Um es gleich vorweg zu sagen, Schätzings viel gelobter Bestseller konnte die hohen Erwartungen nicht erfüllen, die ich durch die Besprechungen im Stern und andernorts gehegt hatte.
Dabei ist die Grundidee ungemein vielversprechend: Eine zweite intelligente Spezies hat sich auf unserem Planeten entwickelt. Sie lebt in den Tiefen der Ozeane und hat es bisher vorgezogen um Homo Sapiens einen weiten Bogen zu machen (warum bloss, wo wir doch so liebenswert sind). Dummerweise ist besagter Zweibeiner mittlerweile auf die Idee gekommen die Meere mit allen möglichen radioaktiven und chemischen Schadstoffen vollzumüllen. Verständlicherweise fühlen sich die Yrr (die Unterwasserwesen) ans Bein gepinkelt. Sie beschließen der Menschheit den Gar aus zu machen. "You are to far for your own good earthling. THIS... MEANS... WAR!"
Hier hatte ich mir ein grandioses Duell versprochen. Mensch gegen schleimiges Alien. Regeln: Keine. Möge der bessere gewinnen und die Erde in Besitz nehmen.
Und tatsächlich scheint am Anfang auch alles in diese Richtung zu laufen. Die Aliens, offensichtlich begnadete Genetiker, können die Meeresfauna nach Belieben kontrollieren und mutieren. Sie gehen in die Offensive und die Menschheit wird durch unerklärliche Attacken von Meerestieren in Schrecken versetzt. Wale versenken Boote, aggressive Muscheln verklemmen Schiffsschrauben, giftige Quallen attackieren Schwimmer. Fischerei und Schifffahrt drohen zum Erliegen zu kommen, die Weltwirtschaft ist in Gefahr.
Doch das ist nur ein erstes Abtasten. Die Menschheit, vertreten von allerlei Meeresbiologen und Ozeanikern (die Helden des Buches), rätselt noch herum, was eigentlich vorgeht im guten alten Ozean, da gehen die Yrrs aufs Ganze. Stufe zwei des Homo-Sapiens-Entsorgungsplans läuft an. Mutantenwürmer bohren den Kontinentalschelf an, ganze Küstenstreifen rutschen ab, Tsunamis fegen Städte hinweg, mit der Menschheit geht es buchstäblich bergab.
Leider auch mit dem Plot des Romans. Die Menschheit ist indisponiert und hat irgendwie keine Lust, sich mit den Aliens herumzuschlagen.
Der Präsident der USA beschliesst zwar die Erde für die Christenheit zu retten und versammelt die besten Eierköpfe der Welt, um eine Strategie auszuknobeln; das Ergebnis der illustren Versammlung ist jedoch gleich Null. Der Präsi ist ein Volltrottel, der CIA-Chef vermutet arabische Terroristen hinter den Vorgängen, und die Eierköpfe schwafeln rum. Am liebsten möchte man den Weicheiern zurufen: "Aufwachen Leute! Wehrt euch! Tut irgend etwas! BITTE!"
Die Yrrs haben unterdessen keine derartigen Motivationsprobleme und starten eine perfide Offensive nach der anderen.
Endlich, so um Seite 700 rum, entschließen sich die Retter der Menschheit dann doch noch, etwas zu unternehmen. Kapitulieren.
Man rekrutiert eine SETI-Mitarbeiterin und schickt die Wissenschaftler mit einem Forschungsschiff los. Sie sollen Kontakt mit den Yrrs aufnehmen und sie überreden von ihrem Tun abzulassen.
Ab hier hat mir das Buch keinen rechten Spass mehr gemacht. Es mag ja Gründe geben, daß reichhaltige Kriegsarsenal der USA (ABC-Waffen) nicht ins Meer abzufeuern, von wegen atomare Verseuchung und so. Aber wenn die Menschheit kurz vor der Ausrottung steht, könnte man ja wenigstens ein winzig kleines Atombömbchen einsetzen. Zumal die US-Führung (natürlich nur im Buch) aus skrupellosen, ignoraten A...löchern besteht.
Tiefpunkt der Romans ist der Showdown, der nicht zwischen Yrrs und Menschen, sondern zwischen der bösen Präsi-Beraterin und den edlen Wissenschaftlern ausgetragen wird.
Naja, nachdem ich mir jetzt erst mal den Frust von der Seele geschrieben habe, muss ich zugeben, dass der Roman so schlecht nun auch wieder nicht ist. Spannende Action, viel Hintergrundinfos, philosophische Exkurse und Herzschmerz - alles da und auch nicht schlecht geschrieben. Aber es fehlt der rote Faden, eine spannende Story die einen mitreisst, zudem walzt Schätzing gnadenlos aus. Dadurch kommt das Buch einfach nicht richtig in Fahrt.
Fazit: Tolle Idee und gute Ansätze zu einem spannenden SF-Thriller. Aber der grosse Wurf ist das Buch nicht, dafür wird der Plot nicht konsequent genug entwickelt. Guter Durchschnitt aber nicht Meer.
Der Schwarm - Rezensionsübersicht