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Titel: Der Nebelkönig Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
Ein alter Spiegel, durch den man den Blick auf ein dunkles, von Nebel verborgenes Herrenhaus und zwei glühenden Katzenaugen erhaschen kann, ist es, der das Cover des Buches ziert. Damit sind drei wichtige Faktoren der Geschichte im Cover enthalten – ohne, dass dem Leser wirklich viel verraten wird. Ein passendes Cover, wenn es auch ein wenig düsterer wirkt, als das Buch tatsächlich ist.
Die vierzehnjährige Sallies ist ein einfaches Küchenmädchen, das in ihrer Arbeit völlig aufgeht und damit rundum zufrieden ist. Ein Zufall bringt sie als Serviermädchen an die Tafel des Hausherrn und rückt sie damit ins allgemeine Interesse – oder war sie das vorher schon? Jedermann warnt sie vor Verrat, dabei weiß sie nicht einmal, weshalb man sie verraten könnte. Einzig die Bücher können ihr weiterhelfen, aber kann man dem geschriebenen Wort mehr trauen als dem gesprochenen?
Die Hauptperson Sallie ist ein einfaches Küchenmädchen, ein recht naives Ding, das denkt, dass die Welt einzig und allein aus dem Herrenhaus, in dem sie arbeitet, und dem angrenzenden Garten besteht. Ein sonderliches Mädchen, das mit Katzen redet und sich immer wieder in die Bibliothek stiehlt, um Geschichten von der Katzenkönigin und dem Nebelkönig zu lesen. Mit einer dieser Geschichten beginnt Susanne Gerdoms “Der Nebelkönig”, und im weiteren Verlauf kommen weitere hinzu: Aus Büchern, aber auch durch Erzählungen weiterer Figuren. Und mit jeder Geschichte kann der Leser ein weiteren Teil ins Gesamtbild einfügen (oder umsortieren). Es ist ein Rätsel, das man zusammen mit Sallie lösen muss – ehe es zu spät ist.
Ein Rätsel, das einen durch die hintersten Winkel des düsteren Herrenhauses führt. Durch magische Gänge, dunkle Keller und zu den merkwürdigsten Gestalten. Gestalten, die vermutlich nicht einmal selbst wirklich wissen, ob Sallie ihnen trauen kann, denn die Erinnerungen der Bewohner verbergen sich hinter einem Schleier aus Nebel.
Dass die Geschichte des Nebelkönigs irgendwie mit Sallies Schicksal verbunden ist, wird schnell klar. Was das Wie und das Warum angeht, hat man als Leser auch zügig einige Vermutungen, die sich zumeist im Verlauf der Geschichte bestätigen. Man erkundet an Sallies Seite nicht nur die hintersten und düstersten Winkel des Herrenhauses, sondern ist auch stets bemüht, das Gesamtbild nicht aus den Augen zu verlieren, jede Figur darin ein- und umzusortieren, um dann herauszufinden, welches Schicksal Sallie erwartet.
Die Aufklärung erwartet den Leser am Ende des Buches. Ein Ende, das den Grundstein für einen Neuanfang legt – und der Bogen zu der Geschichte am Anfang des Buches schlägt. Ein schönes Ende (fast ein wenig kitschig), das mit der letzten Seite noch ins Humorvolle übergeht, sodass man das Buch seufzend, aber auch mit einem Lächeln auf den Lippen abschließen kann.
Nicht ganz so düster wie erwartet und für regelmäßige Leser von Susanne Gerdoms Romane vielleicht auch ein wenig vorhersehbar bietet “Der Nebelkönig” eine spannende Schnitzeljagd an der Seite einer sympathischen Heldin, durch einen diesmal recht kleinen und doch überraschend weitläufigen Schauplatz (ein einzelnes Herrenhaus eben). Eine Geschichte, die sicher nicht nur jüngere Leser zu fesseln vermag.