Serie/Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Olejok |
John Brunner gehörte zu den intelligentesten Schriftstellern der Science Fiction Literatur. Seine Fictionen einer zukünftigen Welt, in den Siebzigern und Achtzigern geschrieben, entlarven sich immer mehr zu ziemlich genauen Voraussagen unserer heutigen Lebensumstände.
Seine Romane Morgenwelt und Schafe blicken auf gelten mittlerweile als Beispiel dafür, wie durch Beobachtungen und präziser Extrapolation der täglichen Ereignisse zeitnahe SF einen Blick in die Zukunft erlaubt.
Der vorliegende Roman des 1995 verstorbenen englischen Schriftstellers setzt sich mit der möglichen Existenz von Alternativwelten auseinander. Allerdings, und das unterscheidet ihn von anderen Werken zu diesem Thema, benutzt er keine extrem anders gestaltete Parallelwelt, sondern lässt den Leser an kleinen Veränderungen teilhaben, die trotzdem das Leben in vollkommen andere Bahnen lenken können.
Klappentext:
Als sie die ersten Menschen durch den >Poster<, einen Materietransmitter, schickten, traten bei den Versuchspersonen seltsame Erinnerungsstörungen auf. Sie hatten das Gefühl, in eine Wirklichkeit befördert worden zu sein, die nicht ganz der entsprach, aus der sie kamen. Waren es die starken elektrischen Felder des Geräts, die nachhaltig die Gehirnströme störten und Gedächtnisinhalte veränderten, oder war es tatsächlich - die Wirklichkeit, die sich bei jedem Transfer veränderte?
Dann trat ein Notfall ein, und sie mussten den schwerverletzten Ed Landini mit dem Poster von der Raumstation herunterholen, weil er einen Transport im Shuttle nicht überlebt hätte.
Was unten eintraf, war - ein Zweibeiner von vage hundeartigem Aussehen in einem unbekannten Raumanzugtyp. Auf irgendeine Weise hatte der Poster Kontakt mit einem Wesen von einem fremden Universum herstellen können. Als die Kreatur wieder zu Bewusstsein kam, sprach sie Englisch - und erzählte der Krankenschwester einen dreckigen Witz.
Als sie das Alien nach seinem Namen fragen, antwortete es: "Ed Landini - natürlich" ....
Wie in vielen anderen Romanen Brunners, steht die Technik auch bei diesem Buch nicht im Vordergrund. Die erklärenden Zusammenhänge zwischen Poster-Funktion und Parallelwelten tangieren sehr stark den philosophischen Bereich und bieten dem SF-Leser einmal eine andere Art der Science Fiction. Sehr vorsichtig und behutsam verändern sich die Realitäten; auf actiongeladene Szenen wird, bis auf die Anfangssequenz, verzichtet.
Wie von Brunner beabsichtigt, lädt dieses Buch zum Nachdenken ein. Die Optionen zu "was wäre, wenn..." sind vielschichtig. Wären wir technologisch weiter oder rückständiger, wenn einige Geschehnisse anders oder mit anderem Ausgang stattgefunden hätten. Der Autor stellt einige Möglichkeiten vor, die er aber bewusst nicht als definitive Einordnung in eine bessere oder schlechtere Welt darstellt.
Die Story selbst hat, großzügig ausgelegt, das Format einer längeren Kurzgeschichte. Auf 192 Seiten gestreckt, wird die Idee um die Funktion und die Folgen des Posters mit einigem Füllmaterial angereichert, das den Lesefluss aber nur minimal stört.
Der Infinitiv von GO reicht sowohl stilistisch als auch von der Erzählweise her nicht an Brunners berühmtesten Werke heran, beinhaltet aber eine Aussage, die der persönlichen Spekulation reichlich Platz einräumt und dem Leser länger im Gedächtnis bleibt. Damit erfüllt der Roman den Zweck, den John Brunner stets seinen Büchern mitgegeben hat... statt pure Unterhaltung zu liefern, dem Leser die Möglichkeit zum Mitdenken anzubieten.