Serie / Zyklus: Der magische Schlüssel, Band 1 Besprechung / Rezension von Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Findelkind Isabeau wächst unter der Obhut ihrer Lehrmeisterin, Freundin und Mentorin, der Hexe Meghan, in einem abgelegen, kaum zugänglichen Tal im Schatten eines monumentalen Gipfels im Norden des Kontinents Eileanan, der Drachenklaue, auf.
Meghan lehrt sie den Umgang mit Kräutern, die Sprache der Tiere und hilft ihr, ihre magischen Fähigkeiten zu entwickeln und zu trainieren. Im Großen und Ganzen führt Isabeau ein unbeschwertes Leben, frei von Verantwortung. Außerhalb ihres idyllischen Tals, fallen jedoch zahlreiche Hexen und Zauberwesen einer massiven Verfolgung und Pogromen zum Opfer. Diese Übergriffe hat Maya zu verantworten, Gemahlin des Herrschers von Eileanan, deren Motive für diese Vorgehen allerdings vorerst im unklaren bleiben.
An ihrem sechzehnten Geburtstag soll sich Isabeau einem Initiationsritus unterziehen, der in Anwesenheit von mindestens vier Hexen vollzogen werden muss. Den Kreis vervollständigen die Hexen Seychella und Ishbel sowie der blinde Seher Jorge, die eigens für dieses Fest die gefährliche Reise durch Eileanan auf sich genommen haben. Kaum ist das Ritual vollendet dringen die Verderben und Tod bringenden Roten Garden der Königin Maya in das Tal ein.
Sechella wird ermordet, dem Rest der kleinen Gruppe gelingt die Flucht. Nachdem das Tal nunmehr keinen ausreichenden Schutz vor Verfolgung bietet, machen sich die Hexen auf, ihre "Bestimmung" zu erfüllen. Ishbel flieht mit unbekanntem Ziel. Meghan begibt sich auf die Suche nach den letzten Drachen, um sich deren Hilfe im Kampf gegen Maya zu sichern, wobei die Suche auch zu einer Reise in ihre und Isabeaus Vergangenheit wird. Isabeau selbst bricht zusammen mit Jorge zum Palast des Herrschers, dem Righ, auf, wo ihnen die alte Hexe Latifa weitere wichtige Informationen für ihren Freiheitskampf geben soll.
Es ist nicht leicht, dieses Buch angemessen zu rezensieren, ohne sich dem Vorwurf eines maskulinen Chauvinismus auszusetzen, denn der Roman wurde unmissverständlich von einer Frau für Frauen geschrieben. Für den Augenblick jedoch sollen die geschlechtsspezifischen Aspekte unberücksichtigt bleiben und der Augenmerk auf solch profanen Dinge wie Spannungsbögen, Rhythmus, Originalität der Geschichte und Charakterisierung der Protagonisten gelegt werden.
Das erste große Abschnitt dient als eine Art Prolog lediglich der Einführung der beiden Hauptpersonen Isabeau und Meghan. Schon hier werden Dilemmata des Buches deutlich: Journalistin Forsyth verzettelt sich in ihrem Bemühen, Atmosphäre zu erzwingen, in allerlei Nebensächlichkeiten und - schlimmer noch - sie ergießt ein Klischee nach dem anderen (!).
Ein "fantasyphiler" Leser wird auf jeder fünften Seite die vermeintliche Freude eines Déjà -vu-Erlebnisses erfahren. Mit der Schilderung des Initiationsrituals Isabeaus schwindet dann die Hoffnung des Lesers auf ein innovatives Magiesystem und den Entwurf eines originellen eileanan'schen Hexenbrauchtums und/oder Gesellschaftssystems, um auch im folgenden nicht wiederzukehren.
Es kommt wie es kommen muss: am Ende dieses Abschnittes verfällt die Autorin in eine unangemessene Hast, die Ereignisse überschlagen sich in einer konstruiert wirkendenden, unplausiblen Eruption von überflüssiger Gewalt, und trotzalledem bleiben Isabeau und Meghan dem Leser hinsichtlich ihrer Motive, Beziehung(en) und ihrer Vergangenheit fast ebenso fremd wie zu Beginn des Buches.
Der Zweite Teil Das Spinnrad dreht sich spiegelt das anfangs gemächliche Tempo des ersten Teils wider, verspricht aber zumindest etwas mehr Spannung und einen höheren Informationsgehalt allein schon wegen Konzentration auf jeweils nur eine Hauptperson - zuerst Meghan (und Khan'derin), später Isabeau - und die relativ naturalistischen und anschaulichen Schilderung "umweltbedinger Widrigkeiten". Dann jedoch entwickelt sich die Story so "soapy", dass sich auch der weniger anspruchsvolle Leser unwillkürlich an den Kopf fasst: die eindimensionale Charakterisierungen von Isabeaus Schwester und der Drachen sowie die Art und Weise wie Meghan die Sympathie der an sich feindlich gesonnenen Reptilien gewinnt scheint direkt aus der Mottenkiste trivialster Fantasy geklaubt.
Isabeaus Quest - im letzen Drittel des Romans erzählt - birgt insofern eine gewisse Grundspannung, als sich die Hexe erstens in die Höhle des Löwen wagen und zweitens dabei ihre Fähigkeiten verbergen muss. Die Personen, denen sie auf ihrer Reise begegnet - die Baumtauscherin Lilanthe und die Hexe Manissia - sind potenziell starke Charaktere, würde Forsyth nur etwas mehr Zeit auf ihre Zeichnung verwenden.
Leider endet auch der zweite Teil des Romans und damit das gesamte Buch in einem Ausbruch von Brutalität, einem "Cliffhanger" (siehe Stichwort "soapy" bzw. "Soap-Opera"), wie er dreister und unverschämter kaum sein könnte: Iseabeau auf der Folterbank, ihrem Peiniger schutzlos ausgeliefert.
Spätestens an dieser Stelle sollte der Leser die wahre Motivation der Autorin erkennen: nicht das Erzählen einer originellen Geschichte aus einer schriftstellerischen Berufung heraus steht im Vordergrund, sondern der schnöde Mammon.
Ein weiteres Indiz für diese These ist die Tatsache, dass der Leser im Laufe der Handlung mit einer Vielzahl von Fakten und Rätseln bombardiert wird, ohne dass sich die Autorin befleißigt, auch nur den geringsten Teil davon zu erläutern oder gar zu lösen. Man merkt deutlich: hier sollen die Leser bei der Stange gehalten werden. In diesem Sinne muss man auch die deplatziert wirkenden Gewaltdarstellungen, die sich so gar nicht in das Gesamtbild des Buches einfügen wollen, als ein Zugeständnis an den männlichen Teil der Leserinnen werten, nach dem Motto: Kauft, Leute, kauft! Für jeden 'was dabei! und das Schönste: für den Leser ist Isabeau immer noch nicht viel mehr als rothaarig und Meghan nur "ziemlich" alt...
Zurück zu dem am Beginn der Bewertung angesprochenen Geschlechter-Problem: Um es sehr (!) überspitzt zu formulieren: Dieses Buch hat mich in meinem Vorurteil bestätigt, dass Frauen-Fantasy - nicht Fantasy von, sondern für Frauen - "richtigen" Männern nichts bieten kann: wir wollen Kampfmagie, riesige Schlachten, monströse Kreaturen, blutigste Gemetzel, Weltenbrand oder - alternativ und wenn es unbedingt sein muss - originelle Stories.
Auf honigsüßes, weichspülzartes Gelaber irgendwelcher Gutmenschen mit netten Tieren, die Probleme der Hautpflege mittels Duftseifen, -tinkturen und -wässerchen, esoterisch verquastes Hexengebrabbel und erst recht weibliche Krieger mit kurz geschorenen Haaren können wir gut verzichten,... und dass Hexer als männliche Hexen bezeichnet werden ist fast schon diskriminierend.
Schwerwiegendere Indizien für die These "Frauen-Fantasy"? Bitte sehr!: sämtliche agierenden Helden sind Heldinnen, also Weiber; Töchter, Mütter, Tanten, Schwestern, wo man hinliest. Jeder der auftretenden Männer ist mit mindestens einem offensichtlichen Makel behaftet: alt, blind, debil, unfreundlich, sadistisch oder tot.
Das vermittelte Hexenbild entspricht dem moderner Wikka-Kultistinnen im Maßstab und ist insofern zumindest gut recherchiert! Nur eben leider nicht sehr originell und neu!
Dennoch handelt es sich nicht um ein klassisch feministisches Buch, denn die Protagonistinnen agieren und kämpfen wie Männer mit weiblicher Endung. Sie instrumentalisieren ihre Kräfte und Fähigkeiten, die Natur und insbesondere andere Lebewesen in geradezu maskulin-technokratischer Weise, auch wenn das eine oder andere Mitleids-Tränchen fließen sollte. Einklang mit der Natur nur solange es ihnen nützt ...
Abschließend noch zwei Dinge: erstens bleibt mir der deutsche Titel ein Rätsel, da weder die Hexentürme noch ein magischer Schlüssel in diesem Stadium des Zyklusses von geringster Bedeutung für die Handlung sind; und zweitens etwas versöhnlicheres zum Schluss: ein umfangreiches Glossar und zwei Landkarten werten das Buch durchaus auf.
Ich bin jedoch ein mäkeliger Typ, und daher fehlt mir die lautschriftliche Darstellung der ans gälische angelehnten Namen und Begriffe, denn der Ottonormalleser dürfte keine Vorstellung von der korrekten Aussprache dieser Wörter haben und sie ohrenschmerzenverursachend eindeutschen.
Fazit: Ein betuliches Geschichtchen, das das Genre alles andere als revolutioniert, anspruchslosen Frauen und "Männern" jedoch gefallen könnte. Actionfixierte oder an Originalität interessierte Leser sollten lieber auf die Lektüre verzichten.