Titel: Der Hexenladen Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
Schon das Cover des Buches ist etwas Besonders: Es wird vollständig von einer einfachen Holztür eingenommen. Über querliegende Bretter – durch die die Tür fast zugenagelt wird – sind Buchtitel und Autorin aufgedruckt. In der Mitte der Tür prangt ein großes Schlüsselloch, umgeben wird die Tür von diversen, vermutlich magischen Zeichen. Das auffälligste ist aber wohl der fast golden wirkende Jojo auf der Mitte des Covers. Der Betrachter mag sich vielleicht fragen, was ein Jojo mit einer Hexengeschichte zu tun hat – wenn er sie liest, wird er es erfahren.
Alysha Gale gehört zu der Familie Gale, einer großen und mächtigen Hexenfamilie, mit der sich so gut wie niemand anlegen möchte. Alysha selbst fühlt sich durch ihre stets präsenten Tanten eingeengt und nutzt daher die Gelegenheit, die ihr der vermeintliche Tod – zumindest ihre Tanten glauben nicht daran – ihrer Großmutter bietet: Sie hat Alysha ihren Laden in Calgary (weitab der Verwandtschaft aus Ontario) vermacht. Eine Erbschaft, die weit mehr als nur verstaubte Antiquitäten bietet: Inmitten des Trödelladens ihrer Großmutter versteckt sich das ein oder andere magische Artefakt – und ihre Kunden sind beileibe nicht nur Antiquitätenliebhaber. Und dann gilt es schließlich noch, das Geheimnis um das Verschwinden ihrer Großmutter aufzuklären.
Auch wenn das plötzliche Verschwinden einer Großmutter anderes vermuten lässt: Ein Krimi ist “Der Hexenladen” definitiv nicht. Abgesehen von Fantasy fällt mir allerdings auch keine Schublade ein, in der man “Der Hexenladen” einsortieren könne. Das Buch ist eben einfach erfrischend anders.
Die Hauptperson wirkt auf dem ersten Blick bemitleidenswert: Alysha ist nach der plötzlichen Arbeitslosigkeit wieder zu ihren Eltern gezogen – und damit direkt in das Raster ihrer Tanten gerückt. In der Familie Gale hat man keine Privatsphäre und damit sind Alyshas Probleme für jedermann das aktuelle Gesprächsthema. Kein Wunder, dass Alysha die Fluchtmöglichkeit, die ihr das Testament ihrer Großmutter bietet, nutzt – und kein Wunder, dass das ihren Tanten nicht gefällt (über irgendetwas oder jemanden muss man ja reden). Einmal in Calgary angekommen entdeckt man als Leser jedoch weitere Facetten an Alysha: Sie nimmt einen heimatlosen Leprechaun bei sich auf und beschließt, die calgarischen Probleme alleine zu lösen – fast zumindest: Denn ihr Bruder und ihre Cousine lassen sich nicht davon abbringen, Alysha zu helfen und dank der modernen Kommunikationsmöglichkeiten sind die Tanten (ob gewollt oder ungewollt) nur ein Handyklingeln weit entfernt – als Gale ist man eben nie ganz allein. Und auch wenn es manchmal anders klingt hat dies durchaus auch seine Vorteile.
Das Buch hat allerdings noch deutlich mehr zu bieten als einen merkwürdigen Hexenclan und dessen weitgerühmte Obstkuchen (von dem ich jetzt durchaus auch ein Stück vertragen könnte) – auch wenn ein Buch über diese allein schon ziemlich lesenswert wäre. Calgary hat einige magische Probleme zu bieten – und die wenigsten davon befinden sich in dem Hexenladen von Alyshas Großmutter. Probleme, die zu brennenden Häusern und magischen Kämpfen führen – und damit für den spannenden Teil des Buches sorgen. Der Hexenladen selbst hat, neben ein paar kleinen Problemen, außerdem noch einige interessante Artefakte zu bieten: Mein Favorit war der ziemlich freidenkende Spiegel, der in der Darstellung der zu spiegelnden Personen wirklich völlig frei unterwegs ist. Zudem kann man als aufmerksamer oder magisch beeinflusster Kunde noch den ein oder Schatz unter den Antiquitäten entdecken. Und für wen das noch nicht genug ist hat das Buch noch ein paar romantische Verwicklungen zu bieten.
Tanya Huff hat für “Der Hexenladen” wirklich aus dem vollen geschöpft: Figuren aus den verschiedensten magischen Bereichen und ganz normale Menschen zum Einsatz gebracht; magische Artefakte neben Jojos platziert, die – soweit ich das beurteilen kann – völlig normal sind; eine riesige, eng miteinander verwobene Familie von Hexen um die Hauptperson positioniert; Frauenliteratur, Liebesroman, Krimi und Fantasy zu einem in sich völlig schlüssigen Buch zusammengefügt. Damit ist Tanya Huff wahrlich eine Meisterleistung gelungen.
“Der Hexenladen” hat mich völlig überzeugt und ist aufgrund der weitreichenden Mischung eigentlich für jedermann empfehlenswert. Vielleicht bringt es den ein oder anderen sogar dazu, es mit weiteren Fantasyromanen zu versuchen. Ich jedenfalls denke gerade darüber nach, mir ein weiteres Buch aus ihrer Feder zu besorgen (und das, obwohl es als Krimi eigentlich überhaupt nicht in mein normales Beuteschema passt).