Reihe: Conan Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Als er im Auftrag des Neffen des ortsansässigen Gouverneurs einen magischen Pokal zu stehlen versucht, wird er auf frischer Tat von den Stadtwachen ertappt. Dieses wiegt um so schwerer, als man am Tatort die Leiche des ermordeten Besitzer des Artefakts, Kallian Publico, entdeckt.
Auch wenn alles gegen Conan spricht, so findet er in dem Ermittler vor Ort, Demetrio, einen geduldigen und fairen Zuhörer. Doch trotz der Zurückhaltung des Beamten eskaliert die Situation schließlich, und der Barbar ist gezwungen zu fliehen, jedoch nicht, ohne vorher seinen verräterischen Auftraggeber getötet und einen seltsamen, schlangenförmigen Götzen zerstört zu haben.
In einem Gefängnis in einer ihm vollkommen fremden Stadt, Gravena, kommt Conan wieder zu sich. Der vorbeikommende Priester des Ibis, Kalanthes, in dessen Dienst nun auch Janissa, die für den Blackout des Barbaren verantwortlich zeichnet, steht, löst den Gefangenen aus, um ihn für eine gefährliche Mission zu gewinnen: die Zerstörung des Auges von Tik-Pulonga in der uralten Stadt Hanumar; denn sollte dieser Gegenstand in die Hände der Jünger des Schlangenpriesters Toth-Amon fallen, drohen der Welt Tod und Verderbnis.
Die Reise wird durch ständige magische Angriffe des Bösen nicht nur für Conan zu einem Kampf auf Leben und Tod und es ist fraglich, ob mit Stahl die mächtige Magie besiegt werden kann.
Auch im vorliegenden Band gelingt es dem Autor, Kurt Busiek, scheinbar mühelos, den Leser zu fesseln -u.a. mit seiner Interpretation von Robert E. Howards berühmter Story, "Der Gott in der Kugel" (veröffentlicht erstmals im Jahre 1952).
Das Tradepaperback, das mit seinen Rückblenden und Ortswechseln eher an einen Roman als an ein gewöhnliches Comic erinnert, setzt - im Vergleich zum ersten Band - inhaltlich neue Akzente: einen Genre-Mix aus Fantasy und Krimi in der ersten Hälfte, der vielleicht nicht sehr originell, aber dennoch unterhaltsam ist, sowie die 'behutsame', logische Einführung von Conans späterem Erzfeind Toth-Amon, und damit eine stärkere Hinwendung zu den mystischen, magischen Elementen der Abenteuer.
Die wahre Stärke des Comics liegt jedoch in der differenzierten Ausarbeitung der Charaktere: Conan ist nicht nur ein simpler Schläger und Dieb, sondern agiert darüber hinaus einerseits intelligent - um nicht zu sagen verschlagen -, andererseits auch loyal bis zur Selbstaufopferung, ohne dabei gezähmt zu wirken. Die Nebenfiguren - angefangen bei der Assassine Janissa über die Knochenfrau und den adeligen Demetrio bis hin zum Priester Kalanthes - haben Ausstrahlung, wirken ebenfalls unverwechselbar und lebendig.
Das Artwork entspricht im Wesentlichen dem des ersten Bandes, "Die Tochter des Frostriesen und andere Geschichten", wobei Tom Mandrake das Team Nord/Yeates als weiterer Co-Zeichner eindeutig bereichert (zwar nur auf wenigen Seiten, diese jedoch kann man ihm auf den ersten Blick zuschreiben).
Nords/Yeates Stil ist nach wie vor kraftvoll und ungestüm; der harte, dynamische, z.T. skizzenhafte Strich spiegelt den archaischen, barbarischen Hintergrund der Conan-Storys treffend wider. Im Vergleich zum ersten Tradepaperback sind die einzelnen Bilder durchweg etwas klarer grafisch strukturiert, die Figuren sind deutlicher gegen den Hintergrund abgesetzt und die Farbgebung ist weniger breiig, verwaschen.
Bedauerlicherweise entgleiten Nord/Yeates noch immer die Physiognomien ihrer Protagonisten, zeigen insbesondere Hintergrundfiguren regelmäßig ein karikaturhaft verzerrtes und unproportioniertes Antlitz, wobei jedoch im Vergleich zu Band 1 ein deutliches Zurückgehen dieser störenden Ausrutscher zu verzeichnen ist.
Aus künstlerischer Sicht kommt ein weiterer Kritikpunkt zum Tragen: das Lettering in jenen Erzählfeldern (Narrative Boxes), welche nicht den Dialog der Sprechblasen fortführen, durchbricht mit seinem sehr "technisch" und modern anmutenden Schriftstil regelmäßig die in den Zeichnungen gut eingefangene "Sword & Sorcery"-Atmosphäre.
Auf Ausstattungsseite ist neben der gewohnt exzellenten Verarbeitung eine 6-seitige Kurz-Biografie des Conan-Vaters Robert E. Howard erwähnenswert, für welche Mark Finn verantwortlich zeichnet und die mit Bildern aus Nords Skizzenbuch illustriert ist.
Fazit: ein gehaltvoller, atmosphärisch dichter Fantasy-Comic mit kleinen Mängeln im Artwork, jedoch mit einer fesselnden Story. Ein Muss für Fantasy-Fans!