Reihe: Star Wars |
Als Alderaan vor 8 Jahren vom ersten Todesstern vernichtet wurde schien es als wäre mit dem Planeten auch eines der bedrohlichsten Geheimnisse der Rebellen-Allianz untergegangen. Im eindrucksvollen Mossgemälde Killik Zwielicht, das lange Zeit im alderaanischen Königspalast hing, war nämlich der Schlüssel zum Schattenfunk der Rebellen verborgen. Jahre später taucht Killik Zwielicht in einer Auktion auf Tatooine wieder auf und die nunmehrige Neue Republik muss rasch reagieren, denn das Gemälde und der Code könnten den Imperialen in die Hände fallen und die Leben tausender immer noch aktiver Agenten in Gefahr bringen. Und so hat sich Prinzessin Leia höchstpersönlich der Rettung des Gemäldes verschrieben, das für sie ein kleines Stück Alderaan bedeutet. Han, Chewie, C-3PO und der Millenium Falcon können da natürlich nicht fehlen.
Und tatsächlich, schon im Orbit Tatooines treffen die frisch vermählten Solos auf den imperialen Sternenzerstörer Schimäre und können dessen fähigen Kommandanten Captain Pellaeon nur mit knapper Not entkommen. In Verkleidung und unter der Zuhilfenahme von Squib-Mittelsmännern gelingt es Han und Leia zwar noch das Gemälde in ihren Besitz zu ersteigern, doch so leicht wollen sich die Imperialen ihre Beute nicht abjagen lassen und es kommt zum Tumult. In dessen Verlauf ein gewisser Kitster Banai (einstiger Jugendfreund Anakin Skywalkers und Verkäufer eines Holobildes des Annie, der gerade das Boonta Eve gewonnen hatte) das Bild an sich bringt und verschwindet. Eine Hetzjagd unter den Zwillingssonnen Tatooines beginnt, in deren Verlauf Leia erkennen muss, wer Anakin Skywalker war bevor er Darth Vader wurde...
Als DER GEIST VON TATOOINE im Frühling 2003 als Tatooine Ghost zum ersten Mal aufgelegt wurde war das Buch etwas revolutionär neues. Der erste Star Wars-Roman der sich explizit der Aufgabe annehmen sollte, die originale Star Wars-Filmtrilogie mit den Prequels und dem Erweiterten Universum nach Rückkehr der Jedi-Ritter zu versöhnen. Zu einem Zeitpunkt als die Star Wars Literaturlandschaft noch vom 19teiligen The New Jedi Order-Zyklus (Das Erbe der Jedi-Ritter) dominiert wurde und diesen Ausbruch aus dem damaligen Trott erfrischend wirken ließ. Satte acht Jahre später ist es Blanvalet nun gelungen diesen Roman wie auch manch andere seit Jahren unübersetzt gebliebene "Perlen" zu übersetzen, weil 2012 bekanntlich der 3D-Re-Release der Prequels ansteht und mit dem Auslaufen von Verhängnis der Jedi-Ritter (das ohnehin schon in eher unregelmäßigen Abständen erschien) das Material knapp zu werden scheint. Im Gegensatz zu früheren Zeiten sind die einstigen Lückenfüller jedoch durchgehend nur noch als teurere und unhandliche Paperbackausgaben zu haben, die weit über dem doppelten Preis eines US-Taschenbuchs liegen und auch nicht mehr Inhalt bieten. Im Falle von DER GEIST VON TATOOINE ist es dem Verlag zumindest schon einmal gelungen wirklich das gesamte Material des US-Taschenbuchs zu adaptieren.
DER GEIST VON TATOOINE bietet also alles was das US-Taschenbuch zu bieten hat und das ist nicht einmal so wenig. Neben einer schon sehr kurzen Kurzgeschichte als Prolog, das ehemalige E-Book EINE ANDERE ART WALD und ein vom Del Rey Verlag mit Autor Troy Denning 2002/2003 geführtes Interview über das Buch. Manchmal muss man sich also nur ein halbes Jahrzehnt gedulden, tiefer in die Taschen greifen und dann damit abfinden, dass durch die Übersetzung auch etwas von der ursprünglichen Atmosphäre verloren geht.
Das Buch selbst gehört zu den umfangreicheren Star Wars-Romanen, was gerade an der überdimensioniert wirkenden deutschen Übersetzungsausgabe deutlich erkennbar wird. Man fühlt sich ein wenig an Wächter der Macht 5 OPFER oder Erbe der Jedi-Ritter 19 VEREINT DURCH DIE MACHT erinnert. Wer sich also für das Buch interessiert sollte sich bewusst sein, dass Troy Dennings Werk ganz anders getrimmt ist als etwa die Darth-Bane Romane eines Drew Karpyshyn, der bewusst auf möglichst knapp gehaltene Geschichte zielt. Denning hingegen nimmt sich Raum und Zeit seine Geschichte zu erzählen, was naturgemäß auch seine Vor- und Nachteile mit sich bringt.
Um was geht es in DER GEIST VON TATOOINE überhaupt?
Prinzipiell darum dass Han und Leia auf der Jagd nach einem wertvollen Gemälde auf Tatooine gestrandet sind und Leia dort ihre Angst davor überwinden muss eines Tages Kinder zu bekommen, welche die Enkel von Darth Vader sein würden. Da ist Tatooine gerade der richtige Halt, immerhin ist Darth Vader hier aufgewachsen. Nur sind die Spuren des kleinen Jungen der einst nach seinem Sieg im Boonta Eve Classic in die Galaxis ausziehen sollte, um ein Jedi-Ritter, nicht jene die sich Leia vom Monster Vader erwartet hat. Es ist eine Spurensuche, die sie auch auf das Tagebuch ihrer eigenen Großmutter Shmi Skywalker und Anakins Kindheitsfreunde stoßen lässt. War Darth Vader als Kind am Ende doch ein guter Kerl? Ein geliebter Sohn? Geschätzter Freund? Vor diesem Hintergrund tritt die Jagd nach dem von Kitster Banai gestohlenen alderaanischen Mossgemälde Killik Zwielicht immer wieder in den Hintergrund.
- Pro -
Zumindest eines darf man Troy Dennings GEIST VON TATOOINE zugute halten, nur wenig anderen Autoren ist es wie ihm im vorliegenden Roman gelungen die verschiedenen Ären des Star Wars-Universums zu verknüpfen. Auch wenn diese häufigen Bezüge manchmal auch konstruiert anklingen. So hat Leia schon eingangs eine Vision davon wie sich Luke kaum 2 Jahre später dem wiederauferstandenen Imperator anschließen und damit zeitweise Vaders Platz einnehmen wird und die Anwesenheit der Schimäre im Orbit Tatooines, sowie die Mission der Imperialen das Killik Zwielicht zu ersteigern deuten darauf hin, dass das Schiff schon zu diesem Zeitpunkt unter dem Kommando Großadmiral Thrawns stand. Und das Killik Zwielicht selbst ist bereits eine Andeutung auf kommende Ereignisse, die Krise um das dunkle Nest, eine ebenfalls wieder von Troy Denning verfasste Romantrilogie. 2003 waren Spekulationen auf Basis dieses Romans noch interessanter, heute weiß man ja worauf die Anspielungen abzielten. Aber Denning geht nicht nur in die Zukunft, sondern arbeitet eben auch die Schicksale der Jugendfreunde Anakins auf, lässt Leia einen Blick in die Vergangenheit des späteren Darth Vaders erhaschen und bindet damit die Prequels stärker an das EU nach Endor. Aber auch ENTFÜHRUNG NACH DATHOMIR wird ausreichend gewürdigt. Nicht nur durch die Erwähnung der kürzlichen Hochzeit Hans und Leias sondern auch den immer noch in der Luft hängenden Groll Hans wegen Leias damaliger Absichten Prinz Isolder zu heiraten. Und neben den Anspielungen auf Dathomir dürfen auch die eine und andere Passage über die Kampagnen gegen die unzähligen imperialen Kriegsherren wie Zsinj oder die Renegatenstaffel und ihre Kollegen nicht fehlen. Es ist die Liebe zu den Details die Dennings Geist von Tatooine Leben einhaucht und sich ausgiebig wertschätzen lässt. Selbst die Charakterisierung seiner beiden Protagonisten ist ihm durchwegs gut gelungen. Und dann ist da noch ein pikantes Detail am Rande, die wohl freizügigste sexuelle Anspielung im gesamten Erweiterten Universum, eine Szene auf die sich wenige Monate später Nachwuchs in Form der Zwillinge Jacen und Jaina eingestellt haben dürfte.
- Contra -
Eines der Probleme mit denen sich Dennings Geist von Tatooine herumzuschlagen hat, die Geschichte kann mit der eröffnenden Flucht vor einem Sternenzerstörer des noch anonym agierenden Großadmirals Thrawn nicht mehr mithalten. In beschönigenden Worten, es ist einer der beschaulicheren Star Wars-Romane, von Lichtschwertakrobatik, metaphysischen Erkenntnissen, Drama oder Raumschlachten kaum eine Spur. 2003 jedoch ein überraschendes Kontrastprogramm zur mit all dem überfrachteten Reihe Erbe der Jedi-Ritter, wenn man es so formulieren will. Aus der Sicht dieses Rezensenten ist es jedenfalls ein Buch der Kategorie "Hat sich selbst überlebt". Gerade in Zeiten wo das Erweiterte Universum wieder mal einen Gang zurückschaltet treten allmählich auch die Schwächen von Dennings damaliger "Perle" aus dem Schatten und das fängt bereits damit an, dass der Brückenroman zwischen Prequels, Sequels und EU zu einem Zeitpunkt entstand als das finale Kapitel der erweiterten Filmsaga noch nicht einmal abgedreht war. Denning darf sich also nur auf Episode I-II beziehen, was vielleicht nicht so dramatisch erscheinen mag, seit Tatooine in Episode III gerade mal im Abspann Erwähnung findet, aber es fehlt dann doch etwas. Gerade auch weil Denning seinen Roman mit einem ja nicht von ungefähr herrührenden metaphorischen Titel schmücken durfte.
Schon das Konzept Dennings großen Lückenfüllers erscheint bei heutiger kritischer Betrachtung nicht mehr allzu glanzvoll, ein Ex-General und ein ranghohes Regierungsmitglied sollen im wohl bekanntesten corellianischen Frachter der Galaxis Undercover-Arbeit leisten, die als Job sogar für die Renegaten oder Gespenster eine Nummer zu klein wäre. Eine Aufgabe für die es gereicht hätte einige Agenten abzustellen oder höchstens jemanden wie Leias alte Freundin Winter. Erzwungenermaßen müssen es jedoch Han und Leia sein. Dass die Geschichte da für manch einen konstruiert wirkt ist wohl nicht unverständlich. Wenn der Codeschlüssel für das streng geheime Rebellenkommunikationsnetzwerk dann auch noch quasi im Bilderrahmen eines Kunstwerks verborgen ist dass zum Zeitpunkt seines Verschwindens gedankenlos von Bail Organa selbst für eine Ausstellung nach Imperial Center (heute wieder Coruscant) zur Verfügung gestellt, dann darf man sich hoffentlich noch zurecht an den Kopf greifen über diese Konstruktion Troy Dennings.
Und es geschieht auch nicht wirklich etwas, die Geschichte bleibt auf die Solos konzentriert, ein Erzählstrang mit Kitster oder den Imperialen wird erst gar nicht eröffnet. Von der Paardynamik des domestizierten Schurken und der ehemaligen Prinzessin allein kann der Roman aber nur mehr schlecht als recht leben und hat auf seinen über 500 Seiten noch dazu mit einer ziemlich reizlosen Umgebung zu kämpfen, Tatooine eben. Viel Sand, Sonne und Abenteuer müssen halt importiert werden.
DER GEIST VON TATOOINE - ein Roman auf den man auch verzichten kann und angesichts von Preis und Inhalt vielleicht auch sollte. Denn die Idee ein Buch darüber zu schreiben wie Leia auf Tatooine ganz fasziniert von einem Jugendfoto ihres leiblichen Vaters dessen Kindheit wiederentdeckt klingt bereits genau nach dem was Dennings Buch ist. Die gewisse Portion Kitsch mag sich noch als Tribut an die emotionalen Momente von Episode I und II schönreden lassen, gerät aber schon deshalb ins Kreuzfeuer weil genau das ein Element war mit dem sich nicht wenige Fans in den Filmen schon nicht zurechtfinden konnten. Vielleicht hätte ein anderer Autor mehr aus diesem Plot herausholen können. Dass sich aus Vergangenheitsbewältigung in Sachen Star Wars nur höchst selten Bestseller herausarbeiten lassen beweist womöglich auch Ryder Windhams Star Wars-Biografienreihe. Man hätte sich ja auch vorstellen können, Luke hätte in Obi-Wans alter Hütte auch eine Biografie Anakins gefunden und diese bereitwillig mit Leia geteilt. Wie er dort auch Aufzeichnungen über Kenobis eigenes Leben entdeckt hat (nachzulesen in Ryder Windhams "Obi-Wan Kenobi - Leben und Legende"). Vor dem Hintergrund von Windhams noch explizit als Jugendbüchern ausgelegten Biografien der Helden der klassischen Trilogien erscheinen auch einige Aspekte von DER GEIST VON TATOOINE jugendbuchesker als sie vielleicht gedacht waren, Han und Leia auf der Jagd nach einem höchst wertvollen Bild... und das über weite Strecken ohne wirklichen Gegenspieler oder interessante Kulisse.