Serie / Reihe: Paria Reihe, Shayol Verlag vorgestellt von Ulrich Blode |
Neun unheimliche Geschichten erzählt der österreichische Autor Andreas Gruber. Und es sind wirklich seltsame und bedrückende Texte, die in dem Band versammelt sind, als ob die Geschichten leben würden. Der Shayol Verlag brachte Ende 2004 eine zweite Auflage der in 2000 bei Medusenblut erschienen Erzählsammlung heraus.
Gruber deutet bereits in seiner ersten Geschichte Wahrscheinlich ein kaputter Gasherd die Schrecken nur an. Mit vielen Ausreden versucht ein Mensch seine schlechte Situation zu verbergen und belügt sich selber. Unweigerlich verstrickt er sich immer weiter in seine Gedankenwelt, dass alles gut sei. Die Testamentseröffnung ist sprichwörtlich ein Spiel mit dem Leben, das ein Pokerspieler als letzten Einsatz wählte. Denn nur wenn das Testament rechzeitig geöffnet wird, kann der Scheintote aus dem Sarg befreit werden. Der Anthropophag ist ein Menschenfresser, mit dem man zeitweilig Mitleid verspürt, urplötzlich aber vom Autoren schockiert wird. Das Thema ist gewiss nicht neu, aber Andreas Gruber gibt ihm einen anderen Stil und Wendung. Wenn Nachts spindeldürre Gestalten sich Im Treppenhaus bewegen, obwohl sie nicht im Haus wohnen, dann ist es nicht ratsam die Tür aufzumachen. Doch eine einfache Wohnungstür hält die schrecklichen Forscher nicht auf, die mit Menschen experimentieren. Corpus Laceraris ist die moderne Seuche der Menschheit, ein neuartiger Virus ernährt sich von den Blutfetten und schlechte Zeiten brechen damit für wohlgenährte Menschen an. Der Germanistikstudent Carl Mollder will den Virus sprichwörtlich aushungern. Fast hat man den Eindruck, als ob Andreas Gruber über sich selber schreibt, seinen Kampf gegen den Schrecken. Der Fünfte Erzengel ist die herausragendste Erzählung, in der ein Journalist auf Menschen und Ereignisse trifft, die mit der nahenden Apokalypse in Verbindung stehen. Aber nur langsam ergibt für ihn manches einen Sinn. Und selbst dem Leser offenbart sich nicht alles. Man wird in eine spannende Geschichte hineingezogen, die Überirdisches und Lokales miteinander vermischt.
Der Berliner Shayol Verlag ist vor allem durch seine Science-Fiction-Werke bekannt. Paria lautet deshalb die Reihe, in der Der Fünfte Erzengel erschienen ist. Es sind nämlich Schauergeschichten, die Andreas Gruber geschrieben hat. Er erzählt pointiert, aber manchmal zu kurz. Im Treppenhaus ist einerseits dicht und packend, leider nicht detailliert genug. In den längeren Texten wie in Der Anthropophag und Der Fünfte Erzengel läuft Gruber zur Hochform auf, weil Handlung und Idee besser ineinandergreifen. Faszinierend sind in seinen Texten der Alltag, Regionales (Gruber stammt aus Wien) und das Außergewöhnliche. Gerade hierdurch wird der Schrecken greifbar, weil er sich direkt neben einem befinden kann.
Der Fünfte Erzengel ist eine gelungene düstere Sammlung. Der Band wurde für den Deutschen Phantastik Preis 2001 nominiert und belegte den vierten Platz.
Inhalt | |
Seite | Geschichte |
9 | Vorwort |
12 | Wahrscheinlich ein kaputter Gasherd |
16 | Die Testamentseröffnung |
35 | In Gedenken an meinen Bruder |
45 | Duke Manór |
63 | Der Beichtstuhl des Pater Wolfgang |
73 | Der Anthropophag |
96 | Im Treppenhaus |
102 | Corpus Laceraris |
111 | Der fünfte Erzengel |
144 | Bio- und Bibliografie |