Serie / Zyklus: Eine Besprechung / Rezension von Wiebke Schiefelbein (ElvenArcher). |
Die ehrwürdige Haddan School ist eine Eliteinternat in Neuengland, in dem die Welt noch in Ordnung zu sein scheint, doch der Schein trügt. In dem beiliegenden Städtchen ist die Schule und deren Angehörigen (besonders die Schüler) verhaßt wegen der Arroganz, die die Reichen an den Tag legen und der Ungerechtigkeit, daß es noch kein Einheimischer geschafft hat dort aufgenommen zu werden. Aber auch der friedliche "wir-sind-eins"-Schein in der Schule hält keinem zweiten Blick stand, nur solange wie man sich den Konventionen und Traditionen unterordnet und die Familie vermögend ist, gehört man dazu. Außenseiter wie der hochintelligente, aber rebellische August "Gus" Pierce und die arme Stipendiatin Carlin Leander haben es schwer, vielleicht werden diese beiden so unterschiedlichen Schüler gerade deswegen zu Freunden. Doch diese Freundschaft droht zu zerbrechen als sich die hübsche Carlin mit dem reichen Beau der Schule, Harry McKenna, einläßt.
Gus sieht nur einen Ausweg, er muß die Aufnahmeprüfung in die Bruderschaft seines Wohnheims nun bestehen. Da er es nicht über sich bringt einem lebenden Wesen Schaden zuzufügen, wählt er die zweite Möglichkeit: die schneeweißen empfindlichen Zuchtrosen von Annie Howe blutrot zu färben. Doch am nächsten Tag wird er Tod im Fluß gefunden, scheinbar hat er seinem Leben selbst ein Ende gesetzt.
Während Carlin sich Vorwürfe macht und glaubt an Gus' Tod schuld zu sein, wecken Kleinigkeiten das Mißtrauen des einheimischen Polizisten Abel Grey. Auf der Suche nach dem oder den Tätern, macht er sich viele Feinde und riskiert sogar seinen Job - aber er findet auch seine wahre Liebe und erkennt, daß es Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die sich nicht mit Schulweisheiten erklären lassen. So wäre da die Legende um Annie Howe, der Frau eines früheren Schuldirektors, die sich selbst das Leben genommen hat und die durch das Mädchenwohnheim St. Anne spuken soll, da ist der mysteriöse Rosenduft der gelegentlich schwer in der Luft hängt, obwohl keine Blumen blühen, da sind die Fotos der Lehrerin Betsy Chase, die den toten Jungen zeigen und da wäre Carlin, die behauptet Botschaften von Gus zu bekommen.
Der Flusskönig fesselt bis zur letzten Seite, die Autorin schreibt gut und versteht es das Internat und seine Umgebung vor dem Auge des Lesers erscheinen zu lassen, man meint mittendrin zu sein. Auch wenn sich so manche Klischees hier die Hand geben, so schafft es Alice Hoffman doch die Spannung zu halten und hin und wieder eine überraschende Wendung einzubauen.
Der Schreibstil ist klar, trotz der reichlich vorhandenen Beschreibungen, und hält den Leser bei der Stange durch eine angenehme "down-to-earth"-Sprache, welche keinen Anspruch auf höhere Literatur erhebt, sondern eher im Märchenhaften / Romantischen angesiedelt ist. Auf der anderen Seite ist die Sprache aber auch nicht zu einfach oder umgangssprachlich, daß sie schon wieder niveaulos wäre. Eine schöne Mischung, passend für ein Buch, das den Leser nur unterhalten und ihm ein paar angenehme Stunden bescheren will, ohne daß er noch groß überlegen muß was die Autorin vielleicht sagen will.
Am Anfang spielt Alice Hoffman mit den Andeutungen auf etwas übersinnliches, man ist sich nicht sicher, ob sich das ganze nicht als Seifenblase entpuppt. Aber mit dem voranschreitenden Umschlagen der Seiten weicht die Unsicherheit der Gewissheit, daß Gus doch noch da ist, kann er Carlin doch nicht schutzlos zurücklassen und auch Annie Howe hat noch das eine oder andere Wörtchen mitzureden.
Interessant ist die Methode immer wieder kleine Rückblenden in die Vergangenheit einzuflechten, so daß sich dem Leser u. a. die tragische Geschichte von Annie Howe auch erst mit der Zeit erschließt. Besitzt man am Anfang noch einen Vorsprung gegenüber Abel Grey, schrumpft dieser schnell und man muß wie er sich die wahre Geschichte heraus puzzlen.
Wer diese Buch lesen will, der sollte allerdings auch einen kleinen Faible für Liebesgeschichten haben, denn neben dem kriminalistischen Handlungsfaden und dem Phantastik-Element, geht es hier auch um die Liebe und die Formen in denen sie auftritt. Es geht hier aber nicht nur um die Lichtseiten, sondern vielmehr werden die Schattenseiten aufgezeigt und das Happy End des einen Pärchen wird überschattet von den nicht realisierten Möglichkeiten der anderen.
8 von 10 Punkte.
- Dezember 2004 -