| Reihe: Thursday Next, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Thursday Next lebt in einer Welt, die sich von unserer völlig unterscheidet. Das viktorianische Zeitalter fand kein Ende, und so ist ihr und ihren Mitmenschen Fernsehen oder gar Kino unbekannt. Doch es gab technischen Fortschritt. So gibt es Autos und Luftschiffe, und auch sonst kommen die Menschen recht gut zurecht. Zumindest alle bis auf Thursday Next, denn diese bekommt es als Special-Operations-Mitarbeiterin mit dem größten Verbrecher ihrer Zeit zu tun: dem diabolisch-genialen Acheron Hades. Dieser bringt eine Urausgabe des Charles-Dickens-Klassikers Martin Chuzzlewit in seine Gewalt und entführt die Hauptperson mittels einer absurden Maschine aus seiner Geschichte. Er droht den Protagonisten eines Klassikers der Literatur zu ermorden, falls er kein Lösegeld bekommt.
Als sein Plan vereitelt wird, besorgt sich Hades das Originalskript des noch berühmteren Klassikers Jane Eyre von Charlotte Brontë. Er will grausam Rache nehmen und den vielgeliebten Klassiker verstümmeln.
Der Roman ist ein irrer Ritt durch eine vollkommen absurde Welt. Die verschiedenen Abteilungen der Special Operations beschäftigen sich mit den unterschiedlichsten übersinnlichen Phänomenen. Thursdays Vater ist zu Beispiel ebenfalls Agent und kümmert sich um Schäden in der Zeitlinie. Jasper Ffordes Erstlingswerk ist voller verrückter Ideen, die mitunter an Terry Pratchett erinnern. Der Vergleich ist nicht von der Hand zu weisen, doch muss man sagen, dass Jasper Fforde das Nachsehen hat, wenn es um Buchaufbau und Spannungsbogen geht.
Zu Beginn ist das Buch recht wirr und der Autor schmeißt den Leser recht unvorbereitet in seine wohldurchdachte Welt. Erst nach und nach erfährt der Leser die Hintergründe und versteht, was eigentlich genau passiert. Doch betrachtet man die Ideen und die Phantasie, dann steht Jasper Fforde dem Altmeister der witzigen Phantastik in nichts nach. Man erlebt, wenn die "Planetcrosser", eine Gruppe von Astronomie-Nerds, versuchen, Meteoriten mit einem Baseballhandschuh zu fangen, wie Thursday und ihr Liebhaber in eine Aufführung von Heinrich III. gehen, das Ganze aber abläuft wie beim Kultfilm Rocky Horror Picture Show, und es gibt einen schier unglaublichen Showdown zwischen den Seiten des Romans Jane Eyre.
Die Bücher Martin Chuzzlewit und Jane Eyre gibt es auch in Wirklichkeit, und sie gelten als Klassiker der englischen Literatur. Besonders witzig ist die Tatsache, dass im Buch immer wieder auf das umstrittene Ende des Romans hingewiesen wird und dass Thursday Next im Laufe des Romans in das Buch einsteigt und das Ende vollkommen umschreibt. Die Fassung, die wir kennen, ist nun die, die Thursday verändert hat. Ich finde, dies ist eine sehr witzige Idee.
Ganz ohne Zweifel: Jasper Fforde ist ein Schriftsteller, den man im Auge behalten sollte. Drei Fortsetzungen wurden bereits mit der Heldin Thursday Next verfasst, und jede wurde ein Bestseller. Ich selbst werde die sicherlich auch lesen, denn ich habe das Gefühl, dass sich Jasper Fforde noch steigern kann.
8 von 10 Punkten.
Der Fall Jane Eyre - Rezension von Andreas Nordiek