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Auf diesen Roman bin ich durch eine Besprechung in phantastisch! 14 aufmerksam geworden, das auch den Autor in einem kleinen Artikel näher vorstellt. Jasper Fforde hat mit seinen mittlerweile drei Romanen um seine Heldin Thursday Next sowohl in Großbritannien als auch in den Vereinigten Staaten einiges an Aufmerksamkeit erregt und schickt sich nun hierzulande an, einen großen Leserkreis zu gewinnen.
Sein vorliegender Debütroman versetzt den Leser in eine Welt, in der das Empire noch existiert. Die Briten sind gesellschaftlich auf dem Stand ihrer Blütezeit vor über 100 Jahren geblieben - und nicht nur sie. Obwohl Fforde nur in einem sehr geringen Umfang auf die gesamtpolitische Weltlage eingeht, ist erkennbar, dass die anderen europäischen Großmächte wie Russland und Deutschland existieren. Großbritannien befindet sich mit Russland in einem 130 Jahre währenden Krimkrieg, der die Generationen beider Länder beeinflusste.
Auch die Agentin des Special Operations Network Thursday Next hat aktiv an diesem Krieg teilgenommen. Seitdem arbeitet sie in der Sektion 27, die für Literaturverbrechen zuständig ist. Thursday und ihre Kollegen verfolgen Buchfälscher, Verletzungen des Urheberrechtes und haben ein waches Auge auf jede Art von Literatur, die die größten Schriftsteller des Landes verhöhnt. Eigentlich ein Schreibtischjob, der mit keinerlei Gefahren behaftet ist.
Der Diebstahl des Urmanuskriptes von Martin Chuzzlewit - verfasst von Charles Dickens - bringt den Stein ins Rollen, denn solch ein Diebstahl ist in der Welt von Jasper Fforde ein Kapitalverbrechen und kommt einer nationalen Katastrophe gleich. Im Verlaufe ihrer Ermittlung stellt sich heraus, dass Acheron Hades, einer der gewieftesten Verbrecher des Landes, hinter dem Diebstahl steckt. Erst offiziell, dann inoffiziell versucht Thursday Next diesen Verbrecher dingfest zu machen und begibt sich dabei nicht nur einmal in tödliche Gefahr.
Jasper Ffordes Werk wird oftmals mit dem von Terry Pratchett verglichen. Ein Vergleich, den ich so einfach nicht stehen lassen kann, denn Jasper Fforde bietet neben einer sehr humorvollen Story einen gänzlich anderen Hintergrund und einen feineren Humor. Zumal mir die Fantasy-Welt eines Terry Pratchett bei weitem nicht so zusagt wie die altenglische von Fforde, in der die Literatur einen wichtigen gesellschaftlichen Stellenwert innehat. Sowohl in den Dialogen als auch in den Handlungsbeschreibungen ist Ffordes Humor auf weiten Strecken feiner und fordernder.
Dabei ist der Handlungsaufbau über den gesamten Roman hinweg spannend und entbehrt nicht gewisser brutaler Abschnitte, wie man sie in diversen Thrillern vorfindet. Weil diese Szenen aber eingebettet sind in eine überaus plastisch gezeichnete viktorianische Welt, treten sie nicht so in den Vordergrund.
Von einem Debütroman habe ich nicht diese erzählerische Reife und die detaillierte Ausgestaltung der Handlungsorte erwartet, und hier macht sich Ffordes Arbeit als Kameramann bemerkbar. Hinzu kommt die sehr genaue Ausarbeitung seiner Welt, die er sogar auf einer umfangreichen Website (www.jasperfforde.com) darstellt.
Ein Roman, den ich uneingeschränkt weiterempfehlen kann.
Der Fall Jane Eyre - Rezension von Rupert Schwarz
Eine Übersicht der Serie gibt es auf der Autorenseite.
[Auf fictionfantasy.de rezensierte Bücher sind mit Link unterlegt und fett gekennzeichnet.]