| Titel: Der Fall Charles Dexter Ward (Gruselkabinett 24 + 25) Eine Besprechung / Rezension von Max Pechmann |
H.P. Lovecraft, der Einsiedler von Providence, dessen 70. Todestag letztes Jahr begangen wurde, ist die Ikone nicht nur der Horrorliteratur, sondern des gesamten Horrorgenres. Wie bei so vielen Genies blieb der Erfolg während seines Lebens aus. Danach wurde er als Meister der unheimlichen Literatur erkannt und heute - jedenfalls in den angelsächsischen Ländern - als Philosoph und Sprachforscher betrachtet, dessen Erkenntnisse aus seinen in die Tausende gehenden Briefe gewonnen und ausgewertet werden.
Seine Geschichten zeichnen sich nicht nur dadurch aus, dass sie einen Mythos über die Großen Alten kreieren, sondern ebenso durch ihre einzigartige Sprache, die gefüllt ist mit unzähligen Adjektiven, durch die Lovecraft versucht, das unvorstellbare Grauen vorstellbar zu machen. So bewegt sich der stete Warner vor dem prähumanen Schrecken in einem Grenzbereich zwischen Sprache und Nicht-Sprache, was ihn heute auch für Literaturforscher interessant macht.
Aufgrund dieser einzigartigen Sprachlichkeit und der damit erzielten Atmosphäre ist es äußerst schwer, Lovecraft medial gerecht zu werden, was zum Beispiel an den unzähligen schlechten Verfilmungen seiner Geschichten deutlich wird (aber es gibt hierbei natürlich auch Ausnahmen).
Nun haben es sich Marc Gruppe und Stephan Bosenius zur Aufgabe gemacht, eine Geschichte von Lovecraft in ihre Reihe "Gruselkabinett" aufzunehmen. Es handelt sich dabei um den Roman "Der Fall Charles Dexter Ward". Die Handlung dreht sich um eben Charles Dexter Ward, der einem Familiengeheimnis auf der Spur ist. Denn einer seiner Vorfahren war Joseph Curwen, ein im 17. Jahrhundert berüchtigter Hexer, der von seinen Mitmenschen gelyncht wurde. Ward geht den magischen Errungenschaften Curwens nach und stößt dabei an die Grenzen seines Verstandes ...
Die Vertonung dieses Romans ist durchaus gelungen. Sie entpuppt sich als packendes Drama über einen jungen Mann, der durch seinen Forscherwahn sich selbst zerstört. Zugleich kann man in der Figur Wards Lovecrafts eigenen Charakter wiedererkennen, der ebenso wie Ward stark am 17. Jahrhundert interessiert war. Vielleicht könnte man sogar sagen, dass dies Lovecrafts persönlichste Geschichte ist, da hier viel über seine Vorlieben und auch seinen Wohnort Providence preisgegeben wird. All dies haben Marc Gruppe und Stephan Bosenius wundervoll in ihrem Hörspiel zur Geltung gebracht. Gespickt ist das Stück mit einem teils wahrhaft bombastischem Klang und vielen unheimlichen Geräuschen. Die Dialoge sind wie immer vom Feinsten und zeichnen schön die jeweiligen Charaktere nach. Wie immer halten Gruppe und Bosenius sich exakt an die literarische Vorlage und verwandeln Lovecraft in einen hörbaren Genuss. - Erstklassig!