Titel: Der ewige Krieg Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Alles fängt damit an, dass ein fremdes Volk, die Tauren, der Erde den Krieg erklärt hat. Dass es sich dabei um ein Missverständnis handelte, das von Verständigungsschwierigkeiten herrührt, soll sich erst viel später aufklären. Jedenfalls gab es da einen Feind, den es zu bekämpfen galt.
So werden Truppentransporter gebaut, die Soldaten zu ihren Zielsystemen bringen. Nur leider kommt Einsteins Raum-Zeit-Theorie voll zum Greifen, und was für die Soldaten nur ein Einsatz zu sein scheint, bedeutet für die Erde eine Unternehmung, die ein halbes Menschenleben lang dauert.
Will Mandela, ein junger Rekrut, muss bald feststellen, dass die Ausbildung schon einem Krieg gleicht und bereits jetzt die ersten Opfer zu verzeichnen sind. Der folgende Einsatz auf einer fremden Welt scheint im Anschluss daran fast zu leicht (Band 1). Als Will anschließend wieder zur Erde kommt, ist sein Vater bereits tot. Sein Bruder ist jetzt so alt, wie sein Vater vor seinem Abflug war. Als seine Mutter erkrankt, verweigert man ihr die medizinische Hilfe, ein Unding, wenn man bedenkt, welche Unsummen in die Rüstung gesteckt werden.
Mandela muss zusehen, wie seine Mutter stirbt. Er gesteht sich ein, dass die Erde kein Ort mehr für ihn ist, und verlässt sie für immer. Der Soldat als Außenseiter, wie in Amerika nach dem Vietnamkrieg.
Sein nächster Auftrag geht schief, und sein Shuttle macht eine Bruchlandung auf einer fremden Welt. Als sein Raumanzug am Fuß beschädigt wird, amputiert ihm der intelligente Raumanzug das Bein unterhalb des Knies, um ihm das Leben zu retten. So findet sich Will in einem Lazarett wieder, umgeben von verstümmelten Leibern. Für die moderne Chirurgie ist das jedoch kein Problem. Er bekommt Prothesen verpasst, die den Originalen in nichts nachstehen. Anschließend gibt es eine Chemotherapie, um ihn vor den Folgen des Eingriffs zu schützen. Die folgende monatelange Idylle wird jäh durch einen neuen Marschbefehl zerstört.
Der nächste Einsatz wartet auf ihn (Band 2). Jetzt, als Major, sieht er sich mit Untergebenen konfrontiert, die alle 2 bis 3 Jahrhunderte jünger sind als er, und - was für ihn noch viel schlimmer ist - alle sind homosexuell. Er ist zum Auslaufmodell geworden, das zunehmend den Anschluss verliert. Und noch eine Änderung gibt es: Gekämpft wird in einer Energieblase, die den Einsatz aller technischen Produkte verhindert. So greift man auf Schwert und Bogen zurück. Ganz klar, Haldeman spielt auf Einsteins Prophezeiung an, die besagte, dass er nicht wisse, mit was man im 3. Weltkrieg kämpft, aber im 4. greife man wieder zur Keule.
Dieses Buch bzw. dieser Comic wird als Antikriegs-Werk bezeichnet. Dem stimme ich nur bedingt zu. Zwar ist der Krieg an sich in diesem Buch etwas sehr Absurdes, aber die Weise, wie Haldeman die Ausbildung und die Einsätze schildert, hat auch etwas von einem Landser-Roman. Jedes Antikriegsbuch ist halt immer gleichzeitig auch ein Kriegsroman. Dennoch: Haldeman, der in Vietnam selbst die Hölle des Krieges am eigenen Leib erfahren durfte, hat ein Buch geschrieben, das fast alle Perversionen des Kriegs offenlegt und ad absurdum führt. Erst die Umsetzung der Problematik in das SF-Milieu ermöglicht es Haldeman, den Krieg in solch einer Weise darzustellen. Kurioserweise setzt er den Beginn dieser interstellaren Auseinandersetzung in eine sehr nahe Zukunft, nur um die Ausbilder als Vietnam-Veteranen einzuführen, aber das wollen wir ihm nachsehen. Überrascht hat mich der Schluss des Werks, der mit einem Happyend sehr versöhnlich aufhört. Aber Haldeman ist eben ein Amerikaner.
Wenn man Rezensionen zu diesem Werk liest, wird immer über den Krieg geschrieben, aber das zweite große Thema geht eigentlich unter. Der Krieg entwurzelt die Soldaten, weil die Reisen viele Jahrzehnte dauern. Jedesmal wenn Will Mandela nach seinen Einsätzen nach Hause kommt, sieht er sich mit einer vollkommen veränderten Welt konfrontiert. Mehr und mehr wird er zum Außenseiter. Letzen Endes ist die Erde kein Ort mehr für ihn. Haldeman hat dies sicherlich als Metapher zu den Kriegsheimkehrern gedacht. Der Krieg verändert Menschen und in der Heimat ist dann kein Platz für sie. Der Autor hat das wunderbar auf diese Weise ausgedrückt.
Vergleicht man den Comic mit dem Roman, so muss man sagen, dass die Umsetzung durchaus gelungen ist. Die Erzählung ist sehr eng am Roman. Es wurde wenig weggelassen und Marvano beweist bei vielen Stellen eine sehr geschickte Hand. Der Stil ist ein äußerst positives Beispiel für die Comickunst der endenden 1980er Jahre. Die Strichführung ist prägnant und sehr dynamisch, aber es sind vor allem die sehr oft äußerst gelungenen Panels, die den Comic weit über das Mittelmaß hinaus aufwerten. Oft fasst er die Ereignisse mehrerer Seiten auf einem Bild zusammen und doch geht nichts von der Geschichte verloren. Zudem lässt der Zeichner häufig nur die Bilder sprechen und auf den Leser wirken. Der veröffentlichte Briefwechsel am Ende der Ausgabe zeigt, dass Haldeman und Marvano eng zusammenarbeiteten und dies hat sich sehr positiv auf die Comicumsetzung ausgewirkt. Vergleicht man die neue Ausgabe mit der Erstausgabe (ebenfalls Carlsen) Anfang der 1990er Jahre, dann sieht man sehr schön, wie sich die Präsentation von Comics in den dazwischen liegenden 20 Jahren geändert hat. Die drei Bände umfassende Ausgabe von damals war sicherlich State of the Art, aber die neue Ausgabe in Hardcover und Hochglanzseiten mit einer etwas kleineren Schrift entspricht mehr den heutigen Vorstellungen. Aber damals wie auch heute gilt: Die Comicadaption ist überaus gelungen und setzt den preisgekrönten Roman von Joe Haldeman beeindruckend um. Der einzige Wehrmutstropfen ist, dass die alten Cover nicht in der neuen Ausgabe abgedruckt wurden. Statt diesen wurde jedem Teil eine zweiseitige neue Grafik vorgesetzt.Die alten Cover kann man unten bewundern.
Dieser Comicadaption gebe ich 9 von 10 Punkten.
Der ewige Krieg - Rezensionsübersicht
Eine Übersicht der Serie gibt es auf der Autorenseite.
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