Serie: Tír na nÓg, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Vor etwa tausend Jahren kam die große Katastrophe "To mega Therion" über die Menscheit. Das von den alten Griechen so genannte "Große Tier" veränderte alles, zerstörte alles und hinterlies nichts so, wie es einmal war. Eben diese tausend Jahre später trifft der Meister der Bruderschaft der Archivare Aki auf seinen neuen Schüler Cornelis. Dieser hat erst sehr kurze Zeit zuvor erfahren, das er als Schüler auserwählt wurde und von nun an Aki auf dessen rästelhaften Reisen begleiten soll. Begeistert ist Cornelis nicht, aber er fügt sich seinem Schicksal. Was er nicht weiß und erst später nur Stück für Stück erfährt: Aki hat von der obersten Führung der Bruderschaft den Auftrag bekommen, die Geheimnisse der Insel Tír na nÓg zu erforschen. Dort soll das "Große Tier" gefangen sein und auf seine Befreiung warten. Denn dieses wird von der Bruderschaft für die vergangene Katastrophe verantwortlich gemacht, nicht irgendwelche Raum-Zeit-Anormalien, wie ein seit einiger Zeit kursierendes Gerücht besagt, hätten die Welt ins Verderben gestürzt. Diesen Zwiespalt innerhalb der Bruderschaft soll Aki mit seiner Expedition beenden und die weitere Existenz der Archivare auf ein stabiles Fundament stellen.
Doch in Wahrheit ist die Welt ganz anders beschaffen, als man es sich auch in den Tiefen der sonst allwissenden Archivaren hätte vorstellen können. Aki und Cornelis geraten schnell in einen Sog aus Intrigen, Machthunger und Kriegsvorbereitungen. Dabei kommen sie der Wahrheit über die Geschichte der Welt immer näher -und werden sich immer unsicherer, ob sie diese auch schlussendlich erfahren wollen. Denn nicht nur die Menschen bedrohen den Frieden, auch furchterregende Wesen aus anderen Dimensionen, unsterbliche Alte und eine ganze Reihe sehr fantastischer Kreaturen verwandeln die Nord- und Südlande in einen wahren Hexenkessel. Mittendrin: ein immer sympatischer Aki und sein leicht verwirrter Schüler.
Sean O´Connell mischt in diesem Roman alles zusammen, was nicht bei drei auf den literarischen Bäumen war. Steampunk, Fantasy, Dystopie, Abenteuerroman, dazu eine klassische Quest, die aus einem High Fantasy Roman stammen könnte. Zahlreiche Anleihen aus klassischen Romanen des Genres erkennt der belesene Phantastikfreund, auch damit hat O´Connell - Absicht oder nicht - der Komplexität noch eines draufgesetzt.
Aber was für eine Frechheit hat sich dieser Autor geleistet? Da mischt er wie ein besessener Genres zusammen, baut sich facettenreiche Charaktere, die man nach wenigen Sätzen schon vereinnahmt, schreibt das ganze in einer erzählerischen Wucht darnieder, die voller nützlicher und sinnvoll verwendeter Ausschmückungen wimmelt - und es passt alles zusammen! Der Roman liest sich wie ein fantastisches Abendessen beim Italiener. Mit größter Freude habe ich ein Buch eines Autors bekommen, das ich mit Begeisterung gelesen habe. Spannung, Leidenschaft, erzählerische Freude - all das findet man in diesem Roman reichlich. Allein die kunterbunte Welt, die Sean O´Connell erschafft: Da tauchen nicht nur rumpelnde Raupenketten-Omnibusse und hochtechnische Zivilisationen auf. An H.G. Wells Zeitmaschine erinnernde "Waldkinder", düstere dämonenartige Wesen aus einer völlig andersartigen Dimension oder aus modernen Spieleszenarien bekannte Mischwesen aus Mensch und Tier bevölkern diese Welt zudem.
Dazu kommt noch als Antriebsfeder für die Geschichte die wohl größten Motivationen, die man sich vorstellen kann: Neugierde - was denn hinter Tír na nÓg und der geheimnisvollen Geschichte der Welt steckt, Machthunger und Eroberungswillen und als letztes noch der Wille, Unsterblichkeit zu erlangen. Hier flechtet Seasn O´Connell auch noch weitere Zeitebenen ein, um dem Leser die Hintergründe seiner Welt näher zu bringen.
Der erste Band von "Tír na nÓg" ist viel zu kurz geraten, es dauert viel zu lange bis Band 2 erscheint und ich werde dem ersten Roman von Sean O´Connell einen Ehrenplatz ganz vorne in meinen Bücherregal zuweisen. Zum angeben. Weils so gut ist!