Titel: Die Mission Eine Rezension von Christel Scheja |
Der britische Autor Rod Rees ist in seinem Leben schon weit herumgekommen, auch wenn er heute mit seiner Familie in der Nähe von Derby lebt. Er hat unter anderen Teile von Afrika, den Mittleren Osten, Russland und Bangladesch bereist und dort auch gearbeitet. Mittlerweile konzentriert er sich nur noch aufs Schreiben. Mit „Die Mission“ ist nun auch der erste Band seiner „Demi-Monde“-Reihe erschienen.
Geniale Wissenschaftler haben „Demi-Monde“ eigentlich zu dem Zweck entwickelt, dass junge Soldaten ohne Gefahr für Leib und Leben, lernen können, auch mit gefährlichen Situationen und Personen umzugehen. Sie sollen auf die bittere Realität des Krieges vorbereitet werden, damit sie im Ernstfall nicht versagen. So schickt man sie in eine Welt, die in einem ewigen Bürgerkrieg gefangen ist, in dem unvereinbare gesellschaftliche Normen und Moralvorstellungen aufeinander treffen und die größten Diktatoren der Geschichten die Fäden ziehen. Die dort lebenden Menschen sind Duplikate realer Wesen, wenn auch nicht aus Fleisch und Blut. Sie können bis zu einem gewissen Grad frei denken und handeln, was manche Aktionen unvorhersehbar macht. Die in die Simulation eingeschleusten Menschen können zwar nicht viel verändern, lernen aber, sich durchzuschlagen und den Gegebenheiten anzupassen. Allerdings sind sie auch in der Gefahr entdeckt zu werden, da sie die einzigen sind, die bluten. Die Duplos fürchten und jagen sie als Dämonen. Seit einiger Zeit scheint in der Simulation aber einiges schief zu laufen. Die Zahl der jungen Soldaten, die innerhalb der Matrix sterben, wächst und dann verschwindet auch noch die Tochter des Präsidenten spurlos. Die einzige, die sie da wieder herausholen kann ist die junge Ella Thomas, eine angehende Jazz-Sängerin. Auch wenn man sie so gut wie möglich vorbereitet und ausstattet, so fühlt sie sich doch benutzt und zu diesem Schritt gezwungen. In der Simulation muss sie feststellen, dass die Situation noch schlimmer ist, als die dachte – denn sie wird mit Entwicklungen konfrontiert, die kein Wissenschaftler vorausgesehen hat.
Rod Rees benutzt den ersten Band seiner-Saga um „Demi-Monde“ erst einmal genauer vorzustellen und die wichtigsten Figuren einzuführen. Denn die Handlung selbst ist relativ dünn und einfach, ein Auftrag der relativ simpel bleibt und alle Erwartungen erfüllt – inklusive der Schwierigkeiten, die natürlich nicht ausbleiben. Dafür bekommt man um so mehr von der fremden Realität und ihren Tücken mit, lernt die Mentalität der einzelnen Völker kennen, ebenso wie die Pläne, die einige der virtuellen Diktatoren hegen. Man merkt, dass der Autor die Mentalität der Völker am eigenen Leibe hat. Er bedient zwar auch genug Klischees und Vorurteile, dennoch fühlen sich die Gebiete realistisch an, deren Vorbilder er bereits mit eigenen Augen gesehen hat und bei denen er sogar einige Zeit lebte. Leider fällt dann der Gegensatz zu den Regionen, die er nicht aus eigener Anschauung kennt, dafür um so krasser aus. Alles in allem bleibt dennoch ein zwiespältiger Eindruck. Die Geschichte will zu viel auf einmal – eine Welt mit all ihren unterschiedlichen Gesellschaftsformen und Moralvorstellungen plastisch auferstehen lassen, dann aber auch noch eine interessante Geschichte mit lebendigen Figuren erzählen. Das gelingt leider nicht. Bis auf Ella wirken die anderen Charaktere eher blass und oberflächlich, erhalten nur wenig Profil und sind teilweise sogar austauschbar. Auch die Handlung zieht sich gerade im Mittelteil ziemlich dahin – manche Aktionen wirken planlos und undurchsichtig, bleiben es dann auch bis zum Ende. Das einzige was wirklich feste Formen annimmt ist die Atmosphäre, die sich als interessanter Genremix darstellt – dystopische Zustände treffen auf Steampunk und alternative Science Fiction. Und am Ende ist man ratloser als zuvor. „Die Mission“ bietet zwar einen interessanten Auftakt der „Demi-Monde“-Serie, kann aber leider inhaltlich noch nicht ganz überzeugen, da der Autor sich zu sehr auf die Atmosphäre seiner virtuellen Welt konzentriert und in deren Bildern schwelgt, aber zu wenig um seine Figuren und die Spannung kümmert.