Reihe: Das verbotene Eden, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Untergangsgeschichten, früher auch Post-Doomsday-Geschichten, Katastrophenromane oder einfach nur Dystopien genannt, waren bereits in den Sechzigern und Siebzigern ganz groß in der Literatur. Seit ein paar Jahren treten diese Geschichten ausgerechnet in den Jugendbüchern vermehrt auf. Wenn dahinter noch die moralische Aussage stehen würde Alles wird gut, wenn man dagegensteuert, käme ich damit noch gut zurecht. In den meisten Fällen bleibt es jedoch bei einer kleinen Ende-gut-alles-gut-Geschichte. Umso erfreulicher, dass sich Thomas Thiemeyer dem Thema etwas anders annimmt.
Ähnlich dem Roman Dein Blut auf meinen Lippen von Claudia Gabel nimmt er sich des Themas Romeo und Julia von William Shakespeare an.
Im Jahre 2015 wird von einem Pharma-Unternehmen ein künstliches Virus entwickelt, das als Impfstoff wirken soll. Allerdings mutiert der künstlich erzeugte Virus und beeinträchtigt die weitere Entwicklung der Menschen völlig. Er verändert das Leben der Menschheit vollkommen, denn er ist der Grund dafür, dass sich zwischen Männern und Frauen eine erbarmungslose Feindschaft aufbaut.
Nach Jahren der Zerstörung und Vernichtung hat sich das Leben auf der Erde grundlegend geändert. Seit der Entwicklung des Impfstoffes sind zwei Generationen und 65 Jahre vergangen. Männer wie Frauen leben strikt getrennt, dennoch kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Während die Männer unter einer diktatorisch-autoritären Theokratie in den zerstörten Städten leben, leben die Frauen im bäuerlichen Milieu außerhalb der Städte. Da das Leben innerhalb der Städte immer schwieriger wird, greifen immer wieder Männer die Frauen an und stehlen deren Lebensmittel, brennen die Dorfgemeinschaften nieder.
Im Mittelpunkt der Erzählung stehen die siebzehnjährige Kriegerin Juna und der etwa ebenso alte Mönch David. Juna beschützt die Frauen des Dorfes vor Übergriffen durch marodierende Männerhorden, die aus den Städten ausbrechen und nur Mord und Verzweiflung bringen. Ihre Mutter ist die Hohepriesterin der Frauengemeinschaft. Von ihr hat Juna eine weitere Aufgabe übernommen. Um von den Männern nicht dauernd überfallen zu werden, wurde ausgehandelt, dass Frauen, sich freiwillig für die Fortpflanzung zur Verfügung stellen, einen Kreis betreten, wo sie dann von den Männern genommen werden. Juna bringt die als Jungen geborenen Kinder an einen Übergabepunkt im Wald, wo diese von Mönchen übernommen werden. Hier begegnet sie zufällig dem jungen Mönch David. David ist ein ganz besonderer Mönch, der sich dadurch auszeichnet, dass er vor allem gern in verbotenen Schriften liest. Ganz besonders hat es ihm Romeo und Julia von William Shakespeare angetan. Als er dann zum ersten Mal ein wirkliches Mädchen vor sich sieht, ist es mit seinem Mönchskult nicht mehr zum Besten bestellt. Juna hat ihm unwissentlich den Kopf verdreht, und er bekommt in seiner Gefühlsaufwallung sein Leben nicht mehr recht in den Griff. Nun ist es aber Juna, die ihn noch einmal trifft, leider in einer ganz anderen ‚Mission’ als der eines Mädchens, die ebenfalls etwas für den ‚ganz anderen’ Jungen empfindet: Juna soll eine männliche Geisel nehmen, um herauszufinden, was die Männer wieder planen. Ausgerechnet David, der Mönch, ist es, der ihr in die Hände fällt.
Thomas Thiemeyer erschuf mit Das verbotene Eden eine düstere und gleichsam romantische Jugend-Science-Fiction. Dabei ist die Begründung für den Zustand der Welt recht logisch und schlüssig erklärt. Zu Beginn ist die Geschichte ein wenig langatmig, weil Thomas doch viel erklären muss. Mit der Zeit fängt sie sich, wird etwas schneller und fesselnder. Wohingegen die Annäherung zwischen Juna und David naturgemäß etwas langsamer vor sich geht. Langsam, zuerst ein Sichmögen, dann langsam steigernd. Es wäre schade gewesen, wenn es anders verlaufen wäre. Ihr ganzes Leben wurde ihnen eingetrichtert, die Anderen seien die Bösen. Ihr Umgang miteinander ist dementsprechend vorsichtig. Zudem gelingt es Thomas, die Geschichte immer etwas offen zu halten. Mit seinen Irrungen und Wirrungen hält er die Tür für weitere Teile offen.
Eine Dystopie, die mir gut gefallen hat, die ein wenig Zeit benötigte, den richtigen Schwung zu bekommen, die vom Stil jedoch genau die Sprache der Jugendlichen traf. Mit seiner Art, zwischen den einzelnen Gruppen / Lagern / Gegenspielern zu wechseln, sorgte Thomas Thiemeyer zudem für Abwechslung und Einblicke in deren Gedankenwelt. Es bleibt eine Geschichte, bei der einfach alles stimmt. Sympathische Charaktere mit Aussicht auf eine Fortsetzung.
David und Juna - die Rezension von Damaris Metzger