Titel: Das Herz von Veridon Eine Besprechung / Rezension von Sebastian Hallmann |
Inhaltszusammenfassung:
Jacob Burn ist eigentlich ein Kind der Oberklasse, doch durch einen Unfall in seiner Vergangenheit ist er im Ansehen abgestürzt und verdingt sich nun als Krimineller, seine immer noch vorhandene Kontakte zu seinem Vorteil nutzend. Während eines Luftschiff-Fluges gerät er an ein seltsames Artefakt – und seine Vergangenheit holt ihn ein, denn erneut wird er zum Verantwortlichen für einen Absturz gemacht. Von dort an sind alle hinter ihm her. Kriminelle, Ordnungshüter, Adelige und ein seltsamer Engel trachten ihm nach dem Leben…
Kritik:
Zunächst einmal muss ich sagen, dass es mir recht schwer fällt, “Das Herz von Veridon” einzuordnen. Der Roman bewegt sich irgendwo in der Schnittmenge zwischen Steampunk und Fantasy, vielleicht mit Gewicht auf das erstgenannte Genre. Nach meinem ersten Cover-Eindruck hätte es sich auch um ein Jugendbuch handeln können, was ich aber abschließend absolut nicht unterstreichen würde – man möge sich hiervon also nicht zu einem Spontankauf verleiten lassen.
Die Geschichte selbst klingt dabei ein bisschen nach der typischen “Underdog gerät in Schwierigkeiten und versucht mit allen Mitteln, sich aus der Scheiße zu ziehen”-Story – und ist es im Endeffekt auch, trotz der Ansiedelung in einer mit viel Phantasie gestalteten Steampunk-Welt. Akers gewinnt mit “Das Herz von Veridon” also keine Innovationspreise, kann aber durchaus ein paar interessante Aspekte zum ausgeliehenen Grundgerüst beitragen. Er ist von Anfang an darum bemüht, einen Spannungsbogen aufzubauen, was ihm über so manche Strecke auch gelingt – der aber leider auch immer wieder Einbrüche aufweist. Vor allem, wenn der Autor seine Figuren in die mitunter recht ausufernden Gespräche stürzt, muss man sich schon zusammenreißen, um das eine oder andere Gähnen zu unterdrücken. Sehr schade, denn eigentlich scheint er sich auf das Geschichtenerzählen zu verstehen. Ohne dieses Abfallen wäre der Roman sicherlich noch eine ganze Ecke lockerer zu lesen gewesen, so jedoch hat man den Eindruck, dass er an diesen Punkten durchaus noch etwas gestrafft hätte werden können.
Die Charaktere selbst sind dabei eine der größten Stärken des Buches, denn sie sind alle recht unverwechselbar und schön ausgestaltet. Jede von ihnen hat ihre eigenen Macken und Eigenarten und ich hatte zu keiner Stelle den Eindruck, auch nur eine einzige vollends durchschaut zu haben. “Das Herz von Veridon” lässt den Leser gekonnt im Unklaren darüber, wer nun was aus welcher Motivation tut, es gibt ein paar interessante und nachvollziehbare Wendungen, die eben in erster Linie über die Charaktere getragen werden. Ein Problem bringt diese Undurchsichtigkeit jedoch dennoch mit sich: es fehlt eine Figur, mit der man sich vollends identifizieren kann. Zwar weist Hauptcharakter Jacob schon einige sympathische Züge auf, dennoch ist es schwierig, ihn als echten Charmebolzen zu bezeichnen, zumal er (storybedingt) auch oftmals etwas übermächtig erscheint und man somit auch nicht so recht mit ihm zittern kann. Was sich natürlich ebenfalls negativ auf die Spannung schlug.
Was nun den Stil Akers angeht, bin ich etwas zwiegespalten. Zwar gelingt es ihm über einen Großteil des Romans, unterhaltsam zu sein und den Leser bei der Stange zu halten, allerdings hat mir speziell bei der Ausgestaltung der Schauplätze der letzte Schliff gefehlt. Bei einem wirklich gelungenen Roman habe ich sofort ein genaues Bild vor Auge, bei “Das Herz von Veridon” musste ich jedoch öfters einmal eine Passage erneut querlesen und habe am Ende immer noch gedacht “Wie stellt der sich das jetzt eigentlich vor?” Das ist natürlich schon ein ziemlicher Schwachpunkt und führt ebenfalls dazu, dass ab einem gewissen Punkt schon eine Art Frust aufkommt. Vielleicht ist es auch meiner mangelnden Steampunk-Erfahrung zuzurechnen, aber das macht die Sache auch nur bedingt besser. Hervorheben möchte ich an dieser Stelle noch einmal die Worte aus der Einleitung, dass es sich bei “Das Herz von Veridon” keinesfalls um ein Jugend- oder gar Kinderbuch handelt. Es wird viel und ausgiebig geflucht und es werden auch einige sehr anschauliche Gewaltspitzen eingestreut, die man den ganz jungen Lesern so vielleicht nicht unbesehen auf´s Auge drücken sollte.
Fazit:
“Das Herz von Veridon” lebt in erster Linie von den guten und undurchschaubaren Figuren, welche immer wieder auf´s Neue die Frage aufwerfen, auf wessen Seite sie nun eigentlich stehen. Leider lässt das Buch diese Qualitäten in Hinsicht auf den Spannungsbogen und die Schauplatzausgestaltung vermissen. Genrefans können aber dennoch einen Blick riskieren – ich für meinen Teil hoffe auf die Fortsetzung, welche den Hauptcharakter Jacob wohl etwas vermenschlichen und somit auch deutlich spannender ausfallen könnte.
6/10 Punkten