| Serie/Zyklus: Mörderspiel, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Caroline Meredith ist eine jener zivilisationskranken Personen, denen das Leben nicht genug Würze zu haben scheint. Kriege, Not und Elend sind abgeschafft und die Menschheit könnte mit sich in Frieden leben, doch das will sie nicht. So gibt es das Jagdspiel, dessen Regeln einfach sind: Jeder Mensch kann am Jagdspiel teilnehmen und dies muss er dann bis zu 10 Mal machen; immer abwechselnd als Beute und als Jäger.
Caroline besteht ihre 9. Jagd als Beute und es gelingt ihr, ihren Jäger auszuschalten, bevor dieser seinerseits sie erwischt hätte. Nur noch einmal muss sie als Jäger ins Spiel und ihre Beute scheint ein leichtes Ziel zu sein: Marcello Paletti sieht in dem Spiel nur eine ungewöhnliche Form des Selbstmords und auch wenn er seine ersten Jagden überlebt hat, so ist ihm klar, dass seine Glückssträhne bald reißen muss. Oder etwa doch nicht?
Der relative knappe, satirische Roman greift wieder mal eines von Robert Sheckleys Lieblingsthemen auf: die Kritik an der modernen, medialen Welt. In vielen Stories hat er diesen Stoff behandelt. Beispielsweise seine Story Der Tod spielt mit (original: The Price of Peril) beschreibt, wie ein Mann als Kandidat einer Fernsehshow von einer Meute Gangster gejagt wird. Dieser Stoff inspirierte Stephen King und auch der Film Running Man baut auf dieser Vorlage auf.
In der vorliegenden Geschichte ist das Thema ähnlich gelagert und auch hier scheint ein Menschenleben nicht viel wert zu sein. Mit allergrößter Gelassenheit nehmen die Zeugen eine Jagd hin, wird ihnen beim 5-Uhr-Tee ein Mord präsentiert. Die Polizei beschränkt sich lediglich darauf, festzuhalten, ob die Jagd rechtmäßig war und ob der Mord in keiner gesperrten Zone begangen wurde. Das ist typisch für Sheckleys Schreibstil: Er nimmt eine absurde Situation und stellt alles für die Protagonisten so dar, als ob es das Normalste der Welt wäre. So kann es in einem Sheckley-Roman durchaus vorkommen, dass eine Leiche in einer Kunstgalerie zunächst erst mal als Kunstwerk wahrgenommen wird. Aber so ist das nun einmal in Sheckleys Welt.
Höchst ungewöhnlich ist die Tatsache, dass Sheckley sich in seinem Erzählstil nicht festlegt. Er springt in der Sichtweise zwischen Opfer und Jäger hin und her. Aber weit gravierender ist, dass er mal ein Kapitel aus einer sehr persönlichen Sichtweise schreibt, im nächsten auf eine ganz neutrale Ebene geht, um dann im folgenden Kapitel das Ganze aus der Sicht einer Fernsehaufnahmecrew zu beschreiben. Ein Kapitel besteht tatsächlich nur aus Funkverkehrsgesprächen. Der Roman ist also eigentlich eine höchst ungewöhnliche Sammlung von Erzählungen, die mosaikartig die Geschichte zusammensetzen.
Insgesamt ist Das zehnte Opfer trotz des makabren Inhalts eine höchst vergnügliche und interessante Lektüre, die man schnell mal zwischendurch lesen kann. 8 von 10 Punkten.
Eine Übersicht der Serie gibt es auf der Autorenseite
[Auf fictionfantasy.de rezensierte Bücher sind mit einem Link unterlegt und fett gekennzeichnet.]