Serie / Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Verbittert begeht Mildred ihren 60sten Geburtstag. Vor genau 30 Jahren verschwand ihr Mann Conrad spurlos, als er ihr ein Geschenk machen wollte. Zu Mildreds Überraschung erreicht sie ein Brief von einem Antiquitätenhändler, der Bezug nimmt auf ein Bild, das Conrad für seine Frau gekauft haben soll. Doch Mildred konnte sich an kein Bild erinnern und betritt nach vielen Jahren den Dachboden, in dem Conrads Geschenke nach wie vor verstaubt stehen.
Tatsächlich findet Mildred ein seltsames Bild, das eine ganz eigenartige Wirkung auf sie zu haben scheint. Ehe es sie sich versieht wird sie durch das Bild in eine Parallelwelt gesogen. Mildred wird schnell klar, dass dies auch der Weg gewesen sein muss, den ihr Mann vor vielen Jahren genommen hatte. Ehe Mildred jedoch vollends verzweifelt, wird sie von einer alten Frau mit Namen Elsa aufgenommen und diese offenbart ihr, dass sie eine mächtige Zauberin sei, auch Wandererin genannt, die einst zwischen Mildreds und ihrer eigenen Welt wanderte. Doch vor über 100 Jahren wurde das Gleichgewicht zerstört und Mildred sei die erste Person seit sehr vielen Jahren, die zwischen beiden Welten wechselte.
Zwischen den beiden unterschiedlichen Frauen besteht eine tiefe Verbindung. Ein gemeinsames Schicksal verbindet beide und es wird an Mildred liegen, beide Welten vor einer Bedrohung zu retten, die sich erst langsam offenbart.
Liest man so die Inhaltsbeschreibung, so will man das Buch gleich aburteilen. Ein Wechsel in eine Paralellwelt ist nun beileibe nichts neues. Man muss sich nur an Stephen R. Donaldsons Thomas Covernant oder Alan Dean Fosters Bannsänger erinnern. Oder an noch früheren Werke wie Lewis Carrolls Alice im Wunderland. Und seit diese Werke erschienen wurde diese Idee noch unzählige weitere Male aufgegriffen und umgesetzt. Zuletzt las ich dieses Motiv in Romanen der Autorinnen Barbara Hambly und J. V. Jones. Doch sicherlich ist die Grundidee nicht alles (schlecht ist diese auf keinen Fall) und es kommt mindestens im gleichen Maße auf die Umsetzung an.
Dies ist Mike Zupanc hervorragend gelungen: sein Stil ist gut und er versteht sein Handwerk. Im Gegensatz zu anderen modernen Autoren sind bei ihm Kapitel noch Sinneinheiten und keine willkürliche gesetzten Abschnitte im Roman. Jedes für sich hat einen Spannungsbogen und zusammen stellen sie den Roman dar. Es ist kein Zufall, dass der Autor sein Buch so schreibt: Er selbst gibt an, dass sein größtes Vorbild J. R. R. Tolkien sei. Und genau wie sein Vorbild verfasst er auch seinen Roman in einem, wie manch einer sagen mag, altmodischen Stil. Ich selbst würde dazu aber sagen, dass der Autor sein Handwerk versteht und erkannt hat, worauf es bei einem Roman ankommt.
Das Buch liest sich sehr flüssig und die tiefe Atmosphäre zieht den Leser in seinen Bann. Ich wollte eigentlich zunächst nur 50 Seiten lesen. Doch das Buch erwies sich als echter Pageturner. Nach 200 Seiten zwang ich mich das Buch wegzulegen.
Mike Zupanc bringt das Buch zu einem vorläufigen Abschluss, allerdings wurden im letzten Drittel ein paar kleine Schwächen erkennbar. Protagonistin Mildred zeigt zu oft die selben Reaktionen. Hier wären mehr Variationen besser gewesen. Außerdem überstürzten sich die Ereignisse am Ende ein wenig zu stark. Ich hätte mir gewünscht, dass ein wenig der gemächlichen Tempos der ersten Hälfte beibehalten worden wäre.
Dennoch: Mike Zupanc liefert einen Roman ab, der für ein Erstlingswerk wirklich beachtlich ist. Ich für meinen Teil werde nach weiteren Werken von ihm Ausschau halten.
8 von 10 Punkten.