Titel: Das Tor zur Hölle (Hellraiser) Eine Besprechung / Rezension von Thomas Backus |
Frank ist ein Abenteurer, immer auf der Flucht vor dem Gesetz und der Langeweile. Auf der Suche nach neuer Befriedigung hört er von dem Orden der Wunden (Orden der klaffenden Wunde). Er besorgt sich Lemanchands Kästchen (Würfel), ein Geduldspiel oder Rätsel, dessen Lösung zugleich eine Beschwörung für die Zenobiten, die Priester der Lust darstellt.
Letztendlich gelingt es Frank, die Beschwörung durchzuführen. Er hat auch die geforderten Opfer vorbereitet. Aber was dann kommt, überrascht ihn doch sehr - diese Dämonen der Lust haben eine gänzlich andere Vorstellung von Befriedigung als er...
Das hätte er sich eigentlich denken können, denn diese Wesen aus einer anderen Dimension haben ihre Körper aus alle möglichen Arten geschunden. Sie haben sie modifiziert mit Ketten und Haken. Überall tragen sie stolz ihre Wunden oder Narben zur Schau.
Wie Ihr vielleicht wisst, ist das Buch unter dem Titel Hellraiser verfilmt worden. Regie hat Clive Barker selbst geführt, und er hat auch das Drehbuch geschrieben. In Deutschland ist der Film erst kürzlich ungeschnitten auf DVD und BluRay veröffentlicht worden (Besprechung hier). Und so cool der Film auch ist, das Buch ist definitif besser.
Das fängt damit an, dass wir hier Frank besser kennenlernen. Wir wissen von seiner Unrast, von seinem getriebenen Verlangen anch mehr. Wir lesen hautnah von seiner Beschwörung und der erste Begegnung mit den Zenobiten, und das was Barker hier beschreibt, ist tausendfach eindringlicher als das, was er im Film zeigt!
Die erste Veränderung nach dem Pakt sind auf das schmerzlichste gesteigerte Sinneswahnehmungen, währenddessen Frank onaniert. Das ist hier kein Akt der Lust, sondern der Verzweiflung. Dabei hinterlässt er etwas in dieser Welt, das ihm später erlauben soll, zurückzukommen: Sein Sperma.
Blut ist das Tor, durch das der entmenschlichte Frank aus der Hölle der Zenobiten fliehen kann. Und er braucht viel davon. Vergossen wird es von der Frau seines Bruders, die er kurz vor der Hochzeit geschändet hat, und die ihm seitdem hörig ist. Das wird im Film gezeigt, aber im Buch ausführlicher erläutert. Das Medium Wort hat den Vorteil, das Innere der Menschen offenzulegen ... jedenfalls mordet Julia, um ihren einstigen Liebhaber wieder in ihre Arme schließen zu können.
Frank hingegen benutzt Julia, so wie er Frauen immer für seine Zwecke benutzt hat. Mit jedem Mord (der Mensch muss essen), nimmt er mehr Gestalt an. Und bevor er wieder ganz hergestellt ist, sieht er sich bereits nach einer neuen um.
Das ist Kristy. Im Film ist sie die Tochter Rorys (Franks Bruder) und seiner ersten Frau (Julia ist die böse Stiefmutter). Im Buch ist sie einfach nur Kristy, wobei irgendwie klar wird, dass sie Rory liebt. Eine unerfüllte Liebe, da er ja der schönen Julia erfallen ist.
Kristy wird im Buch auch als unscheinbar, verträumt und schusselig beschrieben, als Mensch, dem ständig alles Misslingt und der deshalb vom Leben nicht viel erwartet.
Dafür kämpft sie ziemlich verzweifelt ums Überleben, oder zumindest die körperliche und geistige Unversehrtheit, denn Frank will sie (Komm zu Daddy)!
Während das blutige Ding ohne Haut, dessen Stimme seinem Bruder erschreckend ähnlich ist, über sie herfällt, kann sie den Würfel an sich reißen und fliehen.
Im Buch ist der Würfel schwarz und glatt poliert, und nichts weist auf irgendeinen Meschanismus hin - weil ihn aber Kristy im Kampf über Franks Schädel geschlagen (und dabei seine Schädelknochen zertrümmert) hat, zeichnet Blut die unsichtbaren Linien ab, und die junge Frau kann das Rätsel recht schnell lösen.
Dass sie nicht zu Beschwörungszwecken tat, interessiert die Zenobiten nicht, aber sie lassen sich auf einen Tausch ein: Wenn sie ihnen Frank übergibt, dann werden sie ihre Seele nicht zerschmettern...
... der Endkampf verläuft jetzt auch ein wenig anders, als im Film. Nicht ganz so dramatisch, aber viel dramatischer. Lasst Euch überraschen. Deutlich wird hier jedoch, warum Frank plötzlich wie sein Bruder aussieht. Das wird im Film nicht einmal angedeutet. Es ist zum aus der Haut fahren...
Fazit: Dieses Buch ist genial. Es ist ein Meilenstein der Horror-Literatur und begründete Stephen Kings Zitat: "Ich habe die Zukunft des Horrors gesehen, und sie heißt Clive Barker!"
In den USA war The Hellbound Heart teil einer Novellensammlung, in Deutschland erschien sie als relativ dünnen Taschenbuch mit dem Hinweis: Nach diesem Roman entstand der gleichnamige Filmthriller.
In der Edition Phantasia erschien das Buch später in einer neuen Übersetzung von Joachim Körber (der die meisten Stephen King Bücher übersetzt hat), mit Illustrationen von Clive Barker.
Ich habe anfangs beide Übersetzungen parallel gelesen, mir persönlich gefiel die Heyne-Übersetzung besser (obwohl das andere Buch eindutig die schönere Aufmachung hat (siehe unten).
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