Serie/Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Der Journalist Maximilian Cording hat seine gute Not mit seinem Arbeitgeber. Das Medienkonzern Emergency hat sich mit reißerischen Themen zum Marktführer aufgeschwungen, der sich den übermächtigen Konzernen anbiedert. In der Medienwelt der Zukunft bestimmen die Konzerne das, was gedruckt wird, und so verwundert es nicht, dass unbequeme Themen wie Umweltschutz das Nachsehen haben. Die Welt des Jahres 2022 befindet sich deshalb vor dem Abgrund. Dann beendet Tahiti eine neun Jahre währende Informationssperre. Das Land hatte sich für selbstständig erklärt und auf weitere Reparationszahlungen von Frankreich verzichtet. Im Gegenzug hatte die polynesische Republik Aufbauhilfen von der EU erhalten. Nun, fast eine Dekade später, lädt der charismatische Präsident Omai Journalisten aus aller Welt, darunter auch Cording, ein, die Ergebnisse des Umbaus zu begutachten. Tatsächlich hat Tahiti zum Ursprung zurückgefunden, ohne jedoch auf Technik zu verzichten. Man lebt im Einklang mit der Natur und so mancher Schandfleck auf der Insel ist nun verschwunden. Cording, der Omai von früher kennt, ist überwältigt von der wiedergewonnenen Schönheit des Landes und der Menschen, die auf der Insel leben. Ihm wird klar, dass er niemals einen passenden Artikel für seinen Arbeitgeber verfassen kann. Und dann, als ein korruptes Konsortium aus chinesischen und amerikanischen Unternehmen beginnt unter dem Schutz der eigenen Regierungen räuberisch Erzvorkommen vor Tahiti abzubauen, kommt es zum politischen Konflikt zwischen dem polynesischen Zwergstaat und den beiden Supermächten. Cording muss sich entscheiden, auf welcher Seite er steht. Und wie auch immer der Konflikt ausgeht, er wird über die Zukunft der Erde entscheiden.
Man muss Dirk C. Fleck bewundern, denn die klassische Utopie ist seit vielen Jahren außer Mode gekommen. Autor und Leser gleichermaßen wollen lieber genau das Gegenteil lesen und in Endzeit-Szenarien die Erde untergehen sehen. Hier jedoch ist das anders. Der Autor schreibt von einer hoffnungsvollen Idee und baut seinen Roman auf dem Ergebnis einer wirklich umfassenden Recherche auf. Tahiti ist ein idealisierter Staat, aber nichts, was beschrieben wurde, wäre unmöglich und lediglich der Mensch steht einer Umsetzung im Wege. Ganz jedoch lässt der Autor die Finger nicht von jenen düsteren Szenarien und lässt zu Beginn die Familie eines unbequemen Wissenschaftlers von kaltblütigen Killern erledigen, um dann von den hoffnungslosen Protesten militanter Baumschützer gegenüber der Rodung der letzten Baumbestände Amerikas zu berichten. Damit ist also klar, in welchem Weltgefüge sich der utopische Staat Tahiti befindet.
Die Beschreibungen der Insel dann stehen im krassen Gegensatz zum Rest der Welt und nur gelegentlich wird die Idylle der Insel durch äußere Einflüsse gestört. Im letzten Drittel des Buchs kommt es dann zur unvermeintlichen Konfrontation, die - auch wenn das positive Ende absehbar war - durchaus spannend und sehr plausibel geschrieben wurde. Der Kampf David gegen Goliath wird überzeugend erzählt und weckt im Leser durchaus die Hoffnung, dass die Welt noch nicht am Ende ist.
Nur sehr selten überzieht der Autor seine Geschichte. Kritik muss an einer gewissen Naivität der Polynesier betrieben werden, denn sie importieren durchaus Wirtschaftgüter, wie z. B. die Komponenten für ihre Motorroller. Außerdem lässt sich ein Leben auf Tahiti nicht auf den klimatisch raueren Norden übertragen, denn auf Polynesien muss sich keiner Gedanken über den Winter machen.
Dennoch: Der Ansatz einer im Einklang lebenden Gesellschaft ist gelungen und sehr spannend formuliert. Das Buch liest sich flüssig und hat keine Längen. Und es macht durchaus Hoffnung auf eine positivere Zukunft.
7 von 10 Punkten.