Titel: Das Obsidianherz
Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
1865, Bayern, München. Es ist die Zeit Ludwigs des Zweiten, Sissis und einiger anderer bekannter Persönlichkeiten. Wir sind in der Vergangenheit unserer Welt und doch wieder nicht, denn hier gibt es Zauberwesen und funktionierende Magie. Es ist eine Erzählung, die sowohl die Fantasy-Fans, Krimi-Fans und Mystery-Fans gleichermaßen begeistert. Mir kam der Roman auf den ersten Seiten irgendwie bekannt vor, bis mir einfiel, dass Ju Honisch auf dem Darmstädter Spät Lese Abend eine Kostprobe zum Besten gegeben hatte.
Der Roman spielt zum größten Teil in einem teuren Hotel, das unter einer magischen Schutzkuppel liegt. Der Mord, der sich im Nymphenburger Hotel ereignete, wurde von einem magisch begabten Wesen durchgeführt, das es zu fangen gilt. Sehr schnell lernen wir die handelnden Personen kennen: ein Zimmer voller Frauen, zwei Offiziere und einen britischen Agenten. Eine bunt gemischte Truppe. Die Damen sind auf den ersten Blick unbeteiligte Personen, mit einem düsteren Hintergrund. Die beiden Kavallerieoffiziere, jung und gut anzusehen, und der britische Agent mit arkanem Wissen sind auf der Suche nach einem geheimnisvollen magischen Pergament, dessen Anwendung die Welt zerstören könnte. Das halbe Dutzend Personen ist wirklichkeitsnah mit allen Stärken und Schwächen beschrieben. Das Buch hat einen großen Vorteil: Egal, auf welcher Seite ich es aufschlug, ich war innerhalb von Sekunden in die Handlung vertieft. Ich fand nichts Langweiliges. Der britische Agent mit Namen Delacroix soll das verschwundene Dokument finden. Weil aber ein fremder Agent sich nicht in Bayern frei bewegen soll, stehen ihm die beiden Offiziere Udolf von Görenczy und Asko von Orven zur Seite. Einerseits als Hilfe, andererseits auch als eine Art Aufsicht, damit er nicht unbewacht in Bayern herumreist. Es stellt sich jedoch bald heraus, dass sich mehr als nur eine Partei für das Schriftstück interessiert. An dieser Stelle kommt die Hochstaplerin, Diebin und ähnliches, Corrisande Jarrencourt von Jarrencourt Hall, ins Spiel. Sie kam nach München, um möglichst nicht nur einen gutaussehenden Mann, sondern vor allem einen reichen, besser noch sehr reichen, Mann zu ehelichen. Die sind zur Zeit aber nicht reichlich gesät. Mit ihrer Zofe Marie-Jeanette Bouchard und ihrer Hausdame Eliza Parslow erlebt sie bald, dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die sie vorher nicht für möglich hielt.
Ju Honisch hat ein hervorragendes Gespür für Personen. Ihr Roman ist eher ein historisch angehauchter Gesellschaftsroman in einer parallelen Welt des 19. Jahrhunderts. Die Personen werden geschickt mit der Handlung aufgebaut und spielerisch dem Leser vorgestellt. Honischs handelnde Personen spielen das Spiel der Spiele. Ränkespiele, in denen die betroffenen Menschen immer wieder wechseln. Opfer werden Täter und umgekehrt. Feenwesen wie Nixen und düstere Kreaturen geben sich die Klinke in die Hand, wenn es darum geht, den recht kurzen Kapiteln zu folgen. Ein spannender Roman, der zum Schluss ein wenig zu viel Liebesroman ist. Dabei sind die Kapitelnummern mit Fabelwesen verziert, was das Buch auflockert. Einziger Nachteil: Die Seitenzahlen sind unlesbar. Man hat, leider, die gleiche Schrift verwendet, wie für den Titel. Das Buch selbst ist in etwa so dick wie ein normaler Taschenbuchroman von 400 Seiten, weil man dünneres, aber keineswegs schlechteres Papier benutzte. Feder und Schwert legen hervorragende Qualität auf den Tisch.
Themenbereich "Parallelwelten"
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Das Obsidianherz - die Rezension von Manfred Müller