| Serie/Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Der Urlauber Alex starrt auf die Feuergrube und fragt sich, wie er sich so leichtsinnig zu dieser Wette hat überreden lassen. Doch als vor ihm sogar Kinder durch die Kohlengrube laufen, kann er nicht mehr zurück. Er beginnt durch die Kohlengrube zu laufen und irgendwie gelingt es ihm auch, doch als er später nach seinem Wiedererwachen zum Kreuzfahrtschiff zurückkehrte, muss er feststellen, dass sich alles etwas verändert hat. Sogar sein Name hat sich von Alexander Hergensheimer in Alec Graham geändert. Aber erst einige Zeit später stellt er fest, dass die ganze Welt eine andere ist. Es gibt keine Luftschiffe, kein christlich-fundamentalistisch geprägtes Amerika und auch keinen Reverend Alexander Hergensheimer. Nun ist er Alec Graham, der 100.000 Dollar im Schiffsafe hat und von der Mafia verfolgt wird. Doch schon bald beginnt er die Freuden des neuen Lebens zu genießen. Von der Stewardess Margrethe, mit der offenbar Alecs früheres Ich eine Beziehung hatte, lässt er sich verwöhnen, doch als beide miteinander schlafen, wird das Schiff von einem Eisberg gerammt. Als Alec gerettet wird und Mexiko erreicht, wird ihm und Margathe (deren Schicksal nun mit dem seinen verwoben zu sein scheint) klar, dass dieses Mal beide zusammen die Wirklichkeit gewechselt haben. Mühsam verdient sich Alec als Tellerwäscher Geld für das Notwendigste (sie wurden nackt aus dem Meer gefischt), doch immer wieder, wenn beide es gerade geschafft haben, sich eine Existenz aufzubauen, werden sie erneut aus der Wirklichkeit gerissen und in eine neue Welt geschleudert. Alec ist überzeugt, dass er genau wie der Prophet Hiob geprüft wird. Und Alec ist auch davon überzeugt, dass das Jüngste Gericht unmittelbar bevorsteht. Als dies dann tatsächlich kommt, muss Alec im Himmel feststellen, dass Margrethe nicht dort angekommen ist. Ein Dasein ohne Margarethe kommt für ihn jedoch nicht in Frage und so folgt er ihr in die Hölle und erlebt dort eine dicke Überraschung.
Es fällt schwer, diesen Spätroman Heinleins kurz zusammenzufassen. Zu viel passiert zu Beginn. Die Geschichte um Alex Hergensheimer, der sich gegen den Zorn der Götter stellt, sticht schon aus Heinleins Schaffenswerk heraus. Am ehesten kann man wegen des transzendenten Inhalts einen Bezug zu Fremder in einem fremden Land ziehen, aber dieser Roman ist ironischer, ja teilweise sogar richtig sarkastisch. Heinlein schreibt in seinem Spätwerk über Religion und Sekten und spart nicht mit Kritik. Hergensheimer selbst war in dem fundamentalistischen Amerika seiner Zeit ein hoher Würdenträger und unterschrieb Todesurteile. Nicht umsonst lässt Heinlein seinen Protagonisten sich niemals mit dieser Vergangenheit beschäftigen und doch wird er am Ende zu einem Heiligen erklärt. Allerdings schreibt Heinlein nicht gegen Religion und Glauben - das war nicht seine Intention. Es geht vielmehr um seinen Protagonisten und seinen Weg, und die Abenteuer von Alex und Margarethe wurden sehr unterhaltsam erzählt. In seinem vorletzten Buch hat Heinlein noch einmal zu seiner früheren Form zurück gefunden, und so gibt es in diesem Werk kaum überflüssige Stellen. Immer wieder blitzt auch Heinleins Schalk durch; mal legt er Alex urkomische Äußerungen in den Mund, mal Weisheiten, die einen zum Nachdenken bringen. Gegen Ende zu wird das Buch dann zur Farce. Himmel und Hölle: Heinlein beschrieb diese Gebilde mit viel Humor und Ironie, doch auch hier überschritt er eine gewisse Grenze nicht, sondern schuf etwas, was sehr den Bayrischen Geschichte um den Münchner im Himmel oder der vom Brandner Kasper ähnelt. Also keine Häresie, keine Ketzerei, sondern eine ironische Mär um Himmel und Erde.
Fazit: Obwohl das neue Buch Hiob aus Heinleins Schaffenswerk heraussticht, ist dieser Roman der mit Abstand beste aus seinem Spätwerk. Manch einer bezeichnet dieses Buch sogar als Heinleins bestes, aber das hängt natürlich stark vom persönlichen Geschmack ab. Fakt ist aber, dass der Roman sehr unterhaltsam geschrieben ist und den Leser immer wieder zum Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken bringt. Ein letztes Mal konnte man Heinleins ungewöhnlich starkes Talent zum Erzählen erkennen. Ein gelungenes Spätwerk.
8 von 10 Punkten