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Reihe: Gaugamela-Trilogie, 2. Band Eine Besprechung / Rezension von Alfred Kruse |
"Das größte Schiff der Menschheit wurde in den extragalaktischen Raum verlegt, um es den Nachstellungen der Sineser zu entziehen. Dort versucht die Wissenschaftliche Abteilung verzweifelt, mit der sinesischen Technologie gleichzuziehen. Die ›Event Horizon‹ beginnt mit der Kolonisierung ferner Welten. Dann taucht ein Schiff auf. Es reagiert auf keinen der Kontaktversuche. Schließlich gehen Norton und seine Crew, bestehend aus Jennifer Ash, der Pilotin Jill Lambert und dem Ingenieur Taylor, an Bord. Das Schiff scheint ausgestorben. Es gleicht einem riesigen Museum und beherbergt seltsame mumifiziert wirkende Wesen. Doch während der Erkundung erwacht es plötzlich zum Leben. Es beginnt ein atemberaubendes Abenteuer."
Diesen Klappentext, den ich ebenfalls Matthias Falkes Homepage entnahm, finde ich etwas irreführend. Das Museumsschiff ist nämlich nicht, wie Name und Beschreibung vermuten lassen, eine archaische Antiquität, sondern ein Spezies-Sammler der Sinesen. Das "atemberaubende Abenteuer" besteht dann in der unfreiwilligen Entführung der Enthymesis-Crew nach Sina, dem Hauptplaneten des Feindes. Von daher ist dieser Klappentext sehr irritierend, die Erwartungen des Lesers werden in keinster Weise erfüllt.
Dies ist aber kein gravierender Mangel, da Matthias Falke durch seine farbigen Schilderungen des Planeten Sina und seiner Bewohner, Sinesen als auch Borq, mehr als entschädigt. Hier läuft Matthias Falke zu Hochform auf, selten fand ich Außerirdische so plastisch geschildert wie hier. Ebenso plastisch, aber ziemlich schräg, schildert er vorher das Leben auf der ›Event Horizon‹. Laertes, Wiesnewski und die Kommarowa sind schon seltsame Offiziere, mit denen ich auch nicht richtig warm wurde. Im Gegensatz dazu wurde ich im Laufe des Romans immer besser mit den Mitgliedern der Enthymesis-Crew vertraut, insbesondere Jill Lambert bekam eine Tiefe, die ich vorher bei ihr vermisst habe.
Genau wie der erste Band der Gaugamela-Trilogie liest sich "Das Museumsschiff" langsam. An vielen Stellen unterbricht Matthias Falke die Handlung durch Reflexionen der Protagonisten oder philosophische Betrachtungen des Autors. So etwas habe ich lange nicht mehr gelesen, ein solcher Stil ist mir das letzte Mal bei Romanen aus dem 19. Jahrhundert (bzw. früheren Zeiten) untergekommen. Mir hat das, gerade auch als Kontrapunkt zur modernen SF, sehr gut gefallen.
Überhaupt nicht gefallen hat mir die Umkreisung des Universums in dem Sina-Shuttle. Man merkt hier deutlich die zehn Jahre Alterunterschied zwischen dem Autor und mir. In den 60ern aufgewachsen, tendiere ich mehr zur harten, wissenschaftlichen SF, während Matthias Falke als Kind der 70er mehr zur metaphysischen Richtung tendiert. Das ist aber kein Mangel der Erzählung, sondern einfach eine persönliche Abneigung von mir, die (ebenso wie beispielsweise die Tiefenland-Romane aus dem Perryversum oder die Geschichten von Stanislaw Lem) ganz sicher nicht von allen Lesern geteilt wird.
Der Roman ist sicher nicht geeignet zum schnellen Konsumieren. Lässt man sich aber auf den abschweifenden Stil ein, macht einem das Lesen doch sehr viel Vergnügen. Bemerkenswert ist auch, dass "Das Museumsschiff" als zweiter Band einer Trilogie keinesfalls die Standard-Macken des Mittelteils hat, er ist genauso packend wie der erste Teil. Für jeden, der einmal etwas anderes lesen möchte als die amerikanisierte Mainstream-SF, sehr zu empfehlen.