Reihe: Das Meer der Seelen, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Leselurch |
Worum geht's?
In der Welt, in der Ana lebt, kennt jeder jeden - und das seit knapp 5000 Jahren. Denn jede Seele wird nach ihrem Leben mit ihren Erinnerungen in einem neuen Körper wiedergeboren. Aber Ana ist nicht wie die anderen. Sie ist eine Neuseele, eine Seele, die rein und unschuldig geboren wurde, eine Seele, für die eine andere sterben musste. Aus Angst vor ihr will niemand etwas mit ihr zu tun haben, außer Sam, der in Ana eine Bereicherung sieht und der sie für ihre Andersartigkeit zu lieben lernt. Als plötzlich fürchterliche Wesen das Zentrum der Welt angreifen und es zu zerstören drohen, bricht das Chaos aus. Ist Ana etwa der Grund für die Angriffe? Sie muss endlich herausfinden, wer sie ist, woher sie kommt und warum jemand für sie verschwinden musste. Die Existenz aller Seelen lastet auf ihren Schultern...
Meine Meinung:
"Nur ein Leben", der Auftakt der "Das Meer der Seelen"-Reihe von Jodi Meadows, spielt in einer fremden Welt, die sich stark von der unseren unterscheidet. Drachen und Sylphen treiben dort ihr Unwesen und versetzen die Menschen in Angst und Schrecken. Aber die Autorin hatte neben den klassischen Sagenwesen noch eine innovative, beeindruckende Idee, die einen als Leser sofort in den Bann ziehen kann: Es gibt nur eine bestimmte Anzahl an Seelen auf der Welt, die immer wiedergeboren werden, um ein neues Leben zu führen - und diese Seelen, mal männlich, mal weiblich, können sich stets an ihr vorherigen Leben erinnern. In dieser festen Welt kennt jeder jeden und jeder hat die Entwicklung der Welt in knapp 5000 Jahren miterlebt. Jeder, außer Ana, der Neuseele, der einzigen Seele, die rein geboren wurde, ohne eine Erinnerung, der einzigen Seele, für die eine andere endgültig sterben musste.
Jodi Meadows hat für ihre Reihe eine komplexe und bezaubernde Welt erschaffen, die einen neugierig macht, die einen packen kann. Was so grandios klingt, birgt allerdings ein paar Schwierigkeiten. Anfangs versorgt die Autorin ihre Leser nur mit spärlichen Informationen, die den Einstieg in die Geschichte problematisch gestalten. Man weiß nicht recht, wie man die Geschehnisse einordnen soll, wie man die fremden Wesen beurteilen soll oder wo die Geschichte eigentlich hin will. Auf diese Weise kann man Ana, die selbst kaum etwas über die Welt weiß, besser verstehen, aber leider mag sich so auch ein Lesefluss einstellen.
Hat man den zähen Einstieg überwunden, erwartet einen ab der zweiten Hälfte das breite Ausmaß der fantastischen Welt, wie man sie sich vorgestellt hat. Nun, da man die verschiedenen Charaktere, ihre Seelen und ihre Lebensweisen kennengelernt hat und sich in ihrer Welt zurechtfinden kann, gewinnt die eigentliche Geschichte um Ana endlich an Konturen. Zusätzlich zieht Jodi Meadows das Erzähltempo extrem an, sodass man nicht mehr mit dem Lesen aufhören möchte, aus Angst, auf der nächsten Seite könnte die große Enthüllung auf einen warten. Es wird spannend und spektakulär, aufregend und aufwühlend und plötzlich laufen alle einzelnen Aspekte in einen großen Handlungsstrang zusammen. "Nur ein Leben" bietet großartige Unterhaltung, die einen atemlos an die Seiten bannt - aber leider erst nach dem zähen Einstieg.
Was am Auftakt der "Das Meer der Seelen"-Reihe am meisten beeindruckt, sind die vielen tiefgründigen Fragen, die Jodi Meadows in ihre Geschichte eingewoben hat. "Nur ein Leben" dient nicht nur der Unterhaltung, es regt auch stark zum Nachdenken an. Wer bin ich? Was bin ich? Was macht mich besonders? Selbstfindung spielt in dem Roman mindestens eine genauso große Rolle wie die essentiellen Fragen über das Leben, seine Bedeutung und seinen Wert. Meadows hat diese Fragen, mit denen sich jeder bereits auseinandergesetzt hat, in einen fantastischen Mantel gehüllt, der uns dazu bringt, über uns selbst nachzudenken und das Buch auf eine andere Weise zu lesen, uns auf die Suche nach Antworten zu begeben.
Protagonistin Ana ist zwar volljährig, aber noch lange nicht erwachsen. Sie weiß selbst nicht, wer oder was sie ist, und hat große Schwierigkeiten damit, sich selbst zu akzeptieren. Ihr Dasein als Neuseele macht sie ohnehin unsicher und nervös und ihre schreckliche Kindheit voller Demütigungen und Abscheu hat sie sogar psychisch brechen lassen. Doch ein einziger Funke lässt sie alles überstehen: Neugierde. Wer bin ich? Wo komme ich her? Warum bin ich nicht wie die anderen und warum musste eine andere Seele für mich verschwinden? Vor allem die ersten Fragen machen es einfach, sich mit der unsicheren, aber kämpferischen Ana identifizieren zu können. Zu Beginn macht es Ana einem mit ihrer extrem zurückhaltenden Art zwar schwer, jede ihrer Entscheidungen nachvollziehen zu können, aber Ana lernt und wächst rasch zu einer jungen Frau, die sich für ihren Willen einsetzt. Je stärker sich Ana entwickelt, desto stärker schließt man sie auch ins Herz.
In "Nur ein Leben" gibt es eine zauberhafte Liebesgeschichte, die einem die Knie weich werden lässt. Sam, der (momentan) männliche Protagonist der Serie, ist ein liebenswerter, aufrichtiger, ehrlicher Charakter, der ein ganz besonderes Herz besitzt. Er sieht die Welt auf seine eigene Art und Weise, lernt nach 5000 Jahren seiner seelischen Existenz durch Ana aber nochmals eine neue Sichtweise auf das Leben kennen. Die Gefühle, die sich zwischen Ana und Sam entwickeln, sind zart, aber stark, und ihre besondere, tiefe Verbindung zueinander erweicht einfach jedem das Herz.
Sam kann sich bereits nach kurzer Zeit als potenzieller Leserliebling beweisen, aber in "Nur ein Leben" gibt es einige Figuren, die ihm diesen Platz leicht streitig machen könnten. Jodi Meadows hat sich eine große, aber überschaubare Gruppe an handelnden Personen zusammengestellt, die alle ihren eigenen Reiz haben. Jeder von ihnen ist individuell und facettenreich, macht einen neugierig, aber leider kommt nur Sam in den Genuss der Aufmerksamkeit. Die anderen Figuren bleiben etwas blass, da sie nicht einmal ansatzweise so häufig auftreten dürfen, aber trotzdem können sie sich einen Platz im Leserherzen sichern. Hoffentlich wird Jodi Meadows in der Fortsetzung ihr Potenzial ausbauen!
In "Nur ein Leben" spielt Musik, ihre Bedeutung und ihre Wirkung eine große Rolle. Durch Meadows wundervollen, künstlerischen Schreibstil bekommt man die Macht der Musik sogar deutlich zu spüren. Mit ihrer poetischen und melodischen Sprache kann Jodi Meadows ihre Leser nicht nur verzaubern, sondern auch berühren und bewegen. Die Autorin ist ein wahres Schreibtalent, das besonders die Musik, aber auch den Rest der Geschichte, mit all ihren Emotionen lebendig werden lassen kann.
Die Grundfrage, mit der sich Ana in dem Serienauftakt beschäftigt, wird bis zum Ende des Romans zwar grob aufgeklärt, aber glücklich bleibt man mit dieser Lösung nicht. Obwohl die letzten Sätze einen wundervollen Abschluss bilden, ist man begierig darauf, die Fortsetzung so schnell wie möglich in den Händen halten zu dürfen und hoffentlich mehr über die Dinge erfahren zu können, die Ana über sich und die Welt, in der sie lebt, entdecken konnte.
Fazit:
"Das Meer der Seelen: Nur ein Leben" von Jodi Meadows ist der Auftakt einer neuen, besonderen Trilogie, die im Gedächtnis bleibt. Meadows bietet ihren Lesern eine gelungene Mischung aus unterschiedlichen Genres. Ein wenig High Fantasy und viel Romance, verpackt in einer tollen Young Adult-Geschichte, die nicht nur unterhält, sondern mit vielen tiefsinnigen Fragen auch zum Nachdenken anregt - eine riskante Mischung, die dank toller Figuren sehr gut funktioniert! Leider kommt man erst nach einem zähen Einstieg in den vollen Genuss von "Nur ein Leben", aber das Durchhalten lohnt sich absolut! Für "Das Meer der Seelen: Nur ein Leben" gibt es 4 Sterne.