Reihe: Die Erben der Ringe, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Klappentext:
"Der Ring-Mythos im Roman "Der Herr der Ringe" und in der Nibelungensaga hat uralte Wurzeln. Dieser Roman, in sechs Teilen, zeigt die Ursprünge der Ring-Mythen und den Weg des Rings durch die Jahrtausende. In einer zukünftigen Gesellschaft zeigt sich, ob die Menschheit die Botschaft der Ringe verstanden hat und zu einem friedlichen Zusammenleben fähig ist."
Der unbedarfte Rezensent glaubte nun mit einem leichten Stöhnen, sich schon wieder mit einem der vielen Abklatsche der Tolkien-Saga herumschlagen zu müssen. Viele neue Fantasy-Autoren glauben, sich unbedingt aus dem reichhaltigen Fundus des Altmeisters bedienen zu müssen, und scheitern oft kläglich an einer völlig uninteressanten Geschichte oder einem unglaublich schlechten Schreibstil.
Mit diesen Vorurteilen habe ich begonnen, den Roman von Klaus D. Koepp zu lesen und wurde schon nach einigen Seiten des Besseren belehrt. Der Leser findet sich nicht in einem nachgestellten Mittelerde wieder, sondern in der durchaus realen Welt - viele Jahre in der Zukunft. Die Zivilisation hat auf der einen Seite große technologische Fortschritte geschafft, auf der anderen Seite es jedoch nicht vermocht, die gesellschaftlichen und ökologischen Probleme des 21. Jahrhunderts zu lösen. Und so entstand nach einem verheerenden Krieg, mehreren Naturkatastrophen und einem gewaltigen gesellschaftlichen Umbruch eine geeinte Erde, die sich jedoch darauf vorbereitet, den Heimatplaneten zu verlassen. Basierend auf dem Buch "Die Re/evolution des Geistes" von Helmar Krassov wurde eine stark religiöse Bewegung gegründet mit dem Ziel, den Mars zu terraformen und die Menschheit dort weiterleben zu lassen. Diese Mission durchdringt die Gesellschaft, das sogenannte Masterplankalendarium wird in allen Medien rauf- und runtergebetet und die Menschen werden darauf getrimmt, ihre Geistes- und Arbeitskraft hierfür einzusetzen.
Als Gegenströmung haben sich die Daanier gefunden, Anhänger eines präastronautischen Kultes, die glauben, dass die Menschen Teil eines großen Planes sind und die Ereignisse auf der Erde für sie eine tiefere Bedeutung besitzen. Außerirdische steuern und beobachten das Treiben auf dem Planeten. Als Vorlage des Gründers dieses Kultes ist ohne Schwierigkeit Erich von Däniken zu erkennen.
Als in Subworld - einer riesigen unterirdischen Stadt in den Ruinen New Yorks - seltsame Wesen entdeckt werden, die offenbar außerirdischen Ursprungs sind, und der Wissenschaftler Anthony Gish kurz vor seinem Tod offenbart, dass er einen geheimnisvollen Ring in seinem Gehirn implantiert hatte, welcher einen nicht bekannten Einfluss auf sein Tun und Wirken besass, geraten die Ereignisse ins Rollen.
Statt wie oben befürchtet einem Fantasy-Klon des Herrn der Ringe zu erliegen, wurde ich mit einem klassischen Cyberpunk-Roman konfrontiert. Unvermittelt befand ich mich in einer komplexen und durchdachten Welt voller Intrigen, versteckter Hinweise und religiöser Machenschaften wieder, ohne zu verstehen, wohin denn das alles führen sollte. Das sei den nächsten fünf Bänden zugedacht - die aufmerksame Leser wird hier merken, das ich durchaus gefesselt und interessiert den Roman las, gespannt darauf, wie Klaus D. Koepp die Geschichte weiterspinnen werden. Elemente des Herrn der Ringe finden sich einige im Buch - manche sehr verklausuliert, manche offensichtlich. Jedoch schafft es Koepp, etwas Eigenständiges zu schaffen, das nur auf den zweiten Blick mit Tolkiens Werk zu tun hat, aber durchaus als eine Art 'Fortsetzung' gelten könnte. Als Einstiegswerk für den unbedarften SF-Leser ist der Roman vielleicht etwas zu überladen, für den fortgeschrittenen SF-Fan jedoch ein durchaus empfehlenswertes Werk.