Titel: Das Insekt Eine Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Graham Masterton zählt zu den amerikanischen Phantastikautoren, die bereits seit Jahrzehnten erfolgreich schriftstellerisch tätig sind, deren ganz großer Durchbruch hierzulande aber ausblieb. So erscheinen seit Jahrzehnten Romane und Kurzgeschichten von Graham Masterton in wechselnden Verlagen und werden teilweise sogar wieder aufgelegt.
Mit "Das Insekt" erschien nun beim Heyne-Verlag ein relativ neuer Kurzroman, der dank eines sehr großzügigen Schriftsatzes auf Taschenbuchlänge gestreckt wurde. So sollte es keinen Leser verwundern, wenn er das Taschenbuch bereits an einem Abend ausgelesen hat.
Bonnie Winters lebt mit ihrem Ehemann und ihrem fast erwachsenen Sohn in einem bescheidenen Heim in Kalifornien. Während ihr Sohn noch zur Schule geht, ist ihr Ehemann bereits seit Monaten arbeitslos und verkommt immer mehr. Er macht keinerlei Anstalten, wieder in Arbeit zu kommen, sondern schiebt die Schuld auf andere, z.B. mexikanische Wanderarbeiter. Das familiäre Zusammenleben wird dadurch immer mehr belastet.
Bonnie hält die Familie mit zwei Jobs über Wasser. Zum einen verkauft sie Kosmetika an Großkunden wie Drogerieketten oder Einzelhändler, und zum anderen geht sie einer selbständigen Tätigkeit nach. Diese besteht darin, dass sie Wohnungen und Einrichtungsgegenstände von menschlichen Überresten befreit. Sie beseitigt Blut- und andere Körperflüssigkeiten, die z.B. bei einem Gewaltverbrechen an den Tatorten zurückbleiben. Man kann sich als langjähriger TV-Zuschauer ungefähr vorstellen, wie solch ein Tatort aussehen kann und welche Gerüche da sind. Einer solchen Tätigkeit ist nur mit professioneller Einstellung nachzugehen, und als Leser möchte man keineswegs mit Bonnie tauschen.
Bei ihren Säuberungs- und Ausräumungsaktionen findet sie hin und wieder auch Dinge, die von der Spurensicherung übersehen wurden. Nachdem sie sich zu Beginn ihrer Tätigkeit bereits ein-, zweimal gegenüber der Mordkommission mit geäußerten Vermutungen lächerlich gemacht hat, konzentriert sie sich rein auf ihre Arbeit.
So teilt sie der Polizei auch erst nicht mit, dass sie an mehreren Tatorten Falterlarven und leere Kokons gefunden hat, die nach einer von ihr durchgeführten Recherche von einer sehr seltenen und in ihrer Gegend nicht heimischen Art stammen. Ist hier eventuell ein Serienmörder am Werke? Warum erschießen völlig unauffällige Familienväter ihre geliebten Kinder?
Fragen, die durch eine ihrer mexikanischen Angestellten eine völlig neue Wendung erfahren. Denn die gefundenen Falter stehen gleichzeitig für eine böse Göttin aus der aztekischen Mythologie. Gibt es hier tatsächlich einen Zusammenhang?
Bonnie jedenfalls ist davon überzeugt , die Mitarbeiter der Mordkommission hingegen nicht.
Masterton hält sich mit diesen Fragen aber gar nicht lange auf und breitet dies in mehreren Kapiteln aus. Stattdessen kommt er sehr schnell zum Punkt, und das Romanende bietet noch ein, zwei Wendungen, mit denen man als Leser nicht gerechnet hat. Der Autor versteht es, Spannung aufzubauen und die Dramaturgie auf den Höhepunkt zu bringen. Dabei ist seine Sprache klar und eindeutig. Er kommt mit kurzen, teilweise beschreibenden Sätzen aus. Hin und wieder finden sich längere Dialoge. Insgesamt aber findet der Leser eine sehr straff aufgebaute Handlung und einen routiniert verfassten Kurzroman vor, der bereits bekannte Versatzstücke des Genres verwendet.
"Das Insekt" zählt sicherlich nicht zu den Werken, die man als Genre-Fan unbedingt gelesen haben sollte. Er bietet allerdings einige unterhaltsame Lesestunden.