Bezug beider Bücher über: Wilko Müller jr., Hordorfer Str. 6a, 06112 Halle, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! |
Mit zwei Büchern auf einen Schlag wendet sich Rolf Krohn jetzt an seine Leser. Am 5. Juli ist offiziell in Halle a. d. Saale (im Marktschlösschen) die Buchpremiere für beide Titel.
Rolf Krohn ist Leser der ostdeutschen Gefilde sicher kein Unbekannter. Er zählte in den 80er Jahren zur jungen Garde der DDR-SF, hat aber parallel dazu auch schon historische Romane veröffentlicht. Dabei ist seine Schriftstellerkarriere keineswegs glatt und geradlinig verlaufen, denn als SF-Fan hat er sich bei DDR-Kultur-Behörden unbeliebt gemacht, die ihm auch ziemliche Brocken in den Weg räumten. So konnte er sein Studium nicht fortführen; erst nach der Wende durfte er seinen Abschluss nachholen. Aber inzwischen ist er ein anerkannter Schriftsteller geworden.
Die "Wende" brachte da wieder - wie bei allen DDR-SF- und vielen anderen Autoren einen Karriereknick. Aber auch davon ließ er sich nicht beirren, auch wenn die Zeit der großen Auflagen wohl vorbei ist. Die beiden neuen Bücher erschienen folgerichtig auch in Kleinverlagen.
Zunächst zu dem SF-Krimi: Dass es sich hierbei um SF handelt, merkt man erst im letzten Viertel. Bis dahin geht der Text als spannender, aber "normaler" Krimi durch.
Krohn wagt dabei einiges: Sein Held ist sicher keine 08/15-Identifikationsfigur, denn Ernst Marlow war Leutnant bei der Stasi und ist nun Privatdetektiv in Halle.
Obwohl der Autor sicher allen Grund hat, an der DDR und gerade auch an der Stasi kein gutes Haar zu lassen, geht er mit diesem Thema sehr ausgewogen um. Alle Achtung! Die Stasi-Vergangenheit seines Helden ist dabei keine hohle Staffage, sondern wird intensiv und fair thematisiert. Wer keine Lust hat, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, sollte die Finge von dem Roman lassen. Man muss ja nicht einer Meinung sein mit dem Autor.
Sein Detektiv trägt einen viel versprechenden Namen, aber der Krimi gehört nicht zur "Schwarzen Reihe", widmet sich dem Stoff fast nüchtern und sachlich-realistisch.
Da wendet sich also eine Frau an ihn, die beim Hören einer CD, die Lieder ihres ehemaligen Geliebten enthält, Kopfschmerzen bekommt. Sie vermutet, dass was mit der Aufnahme nicht stimmt. Hier deutet sich ein SF-Bezug an, der aber gleich zu Beginn ausgeschlossen werden kann; die CD ist "sauber".
Eigentlich gibt es gar keinen richtigen Fall, wenn man von dem Zufall absieht, dass dieser Geliebte und der Ehemann der Frau gleichzeitig in einem Zug saßen, der verunglückte, wobei der Musiker starb, der Ehemann aber wieder zusammengeflickt werden konnte.
Doch die Frau erteilt dem Detektiv einen Auftrag und der - wie der Leser - weiß lange Zeit gar nicht, was überhaupt das Problem ist. Diese Konstellation ist etwas problematisch, denn was ist das für ein Krimi, wenn gar kein Verbrechen vorliegt?
Auf alle Fälle bieten die Recherchen Marlows dem Autor die Möglichkeit, ausführlich die persönlichen Lebensumstände der betroffenen Personen und diverser Nebenfiguren am Ende der DDR, zur Wendezeit und in die Gegenwart zu beleuchten, diese Personen dem Leser ausführlich näher zu bringen und dabei die oben erwähnte Dialektik von Täter und Opfer, vom alltäglichen Leben in der sozialistisch gefärbten Diktatur und ihre zwar friedlichen aber rabiat in die Lebensläufe eingreifenden Beendigung zu beschreiben, was vielleicht sogar spannender ist als der kriminalistische Plot.
Dann wird es aber doch noch gefährlich: Der Detektiv entgeht nur knapp Anschlägen auf sein Leben. Irgend etwas stimmt also tatsächlich nicht. Die Auflösung bemüht dann eine medizinisch-biophysikalische Erfindung, die den poetischen Titel des Romans einen handfesten, wortwörtlichen Sinn geben.
Der historische Roman:
Das Buch ist auch ein Krimi und steht in der Tradition des klassischen Krimis von Agatha Christie oder A. Conan Doyle und natürlich in der eignen Tradition Krohns, der ja bereits historische Romane vor vielen Jahren schrieb. Dieser Roman widmet sich einer Lieblingsepoche des Autors, der minoischen, also vorklassischen Zeit, die u. a. auf der Insel Kreta eine Hochkultur erzeugte. Das ist lange her, doch was zunächst wohltuend auffällt: Krohns Stil ist keineswegs angestaubt, wirkt nicht bemüht historisierend.
Im Zentrum steht ein handfestes Verbrechen: Ein Teil des Staatsschatzes einer minoischen Provinz wird gestohlen. Damit im Zusammenhang werden einige Morde verübt, die allerdings die Räuber ereilen. Das hat nichts mit ausgleichender Gerechtigkeit zu tun, sondern lässt die Auflösung des Verbrechens nur komplizierter erscheinen.
Es findet sich ein Trio zusammen, das die Ermittlungen aufnimmt, bestehend aus der Tochter des Provinzfürsten, ihrem Leibwächter und einer Frau aus dem Gefängnis, die eigentlich dorthin vom Fürsten verfrachtet wurde, aber offensichtlich sehr hilfreich bei der Aufklärung sein kann, so schätzt es die Prinzessin zumindest ein, und am Ende auch wirklich wie eine Mrs. Marple den Fall aufklärt, so elegant, dass alle anderen Beteiligten und Leser nur staunen können.
Unterstrichen sei, dass der Autor konsequent den Täter (Drahtzieher) unter den Personen findet, die dem Leser im Laufe der Handlung vorgestellt werden, also nicht etwa einen bis dato Unbekannten herbeizaubert, um alles aufzulösen. Dies gilt übrigens auch für den SF-Krimi.
Parallel zum Krimi erleben wir die Intrige eines ägyptischen Händlers. Er zettelt zusammen mit einem anderen minoischen Provinzherrscher eine Rebellion gegen die Zentralmacht in Knossos an, in deren Ergebnis Ägypten über die Insel herrschen soll.
Auch dieser Komplott wird vereitelt, allerdings fand ich es etwas Schade, dass beide Handlungsstränge am Ende eigentlich nichts miteinander zu tun hatten; es wird dahingehend auch nicht unbedingt durch den Autor der Eindruck erweckt, dies könne so sein, aber etwas wagte ich dies zu hoffen
Das Buch ist spannend, fast bis zur letzten Seite. Vielleicht wäre das happy end so nicht nötig gewesen. Aber man kann als Leser sehr gut damit leben.
Interessant ist noch ein Aspekt des Romans: Rolf Krohn bricht hier eine Lanze für die emanzipierte Frau, seine Helden sind Heldinnen. Sie vermögen sich am Ende tatsächlich vollständig durchzusetzen und dabei erscheint dies dem Leser nicht aufgesetzt.
Der Genre-Mix ist in beiden Fällen sehr gelungen und der Autor hat auch noch wirklich etwas mitzuteilen, die Bücher sind also nicht nur gute Unterhaltung, dies aber auf alle Fälle.