Titel: Das Ding aus einer anderen Welt Eine Besprechung / Rezension von Max Pechmann |
Winter 1982. In einer entlegenen Forschungsstation auf dem Südpol entdecken Wissenschaftler den eingefrorenen Körper eines Außerirdischen, der seit über 100.000 Jahren im Eis begraben war. Als der Fremde auftaut, kehren seine Lebensfunktionen wieder zurück. Doch besitzt er eine heimtückische Taktik: er kann sich unwahrscheinlich schnell in andere Formen verwandeln. Als das Wesen schließlich auch die Gestalt von Menschen annehmen kann, bricht unter den Forschern Panik aus...
Die Erzählung "Who goes there?" von John W. Campbell Jr. gehört zu den bekanntesten Stories, die das SF-Genre hervorgebracht hat. Diese an Lovecrafts "Berge des Wahnsinns" angelehnte Geschichte, hat bis heute nichts an Spannung und Faszination verloren. Campbell schrieb die Geschichte im Jahr 1938. In den Mitte der 50er Jahre erschien die Geschichte unter dem Titel "Das Ding aus einer anderen Welt" zum ersten Mal als "Utopisches Taschenbuch" im Gebrüder Weisse Verlag auf Deutsch. Leider in einer miserablen Übersetzung. 1973 veröffentlichte der Heyne Verlag die Geschichte in dem Sammelband "Titan 8" unter dem Titel "Wer da?" in einer hervorragenden Neuübersetzung.
Die Idee eines fremden Wesens, das Personen bedroht, die weitab jeglicher Zivilisation leben, war natürlich ein großartiges Thema für Hollywood. 1951 produzierte Howard Hawks den SF-Thriller "The Thing from another World" und schuf damit sogleich einen Klassiker des SF-Films. Hawks ging es jedoch weniger um das Monster (im Film erscheint es als eine Art Variation von Frankensteins Monster), als vielmehr um den Konflikt zwischen den Forschern, der durch das unheimliche Wesen ausgelöst wird.
1982 versuchte sich niemand anderer als John Carpenter erneut an dem Stoff. In seinem Film sollte jedoch, im Gegensatz zur Produktion von 1951, das Monster voll in Aktion treten. Die Macher von Special-Effects sollten für diesen Film so tief in die Trickkiste greifen, wie es zuvor noch niemand gewagt hat. Das Resultat war einer der brutalsten SF-Filme, die jemals gedreht wurden. Das zusätzliche Problem war, dass dieser Film dermaßen die Grenze an Ekel und Grausamkeit überschritt, dass Carpenter von der übrigen Filmwelt verachtet wurde. Bei der Premiere zu "The Thing", zu der auch Howard Hawks eingeladen war, soll dieser gesagt haben: "Wenn ich Blut sehen will, gehe ich ins Schlachthaus". Zu allem Übel floppte "The Thing" auch an den Kinokassen. Heute zählt Carpenters Version von Campbells Story als einer der Filme, den man unbedingt gesehen haben muss. Dementsprechend hat Universal Pictures den Film in einer restaurierten, ungeschnittenen Version als DVD herausgebracht.
Die Frage, die immer wieder auftaucht, wenn über "The Thing" gesprochen wird, lautet: ist Carpenters Film ein Remake von Hawkes Meisterwerk oder eine Neuverfilmung der Erzählung "Who goes there?"? Carpenter bestritt von Anfang an, dass er ein Remake machen wollte, auch wenn der Vorspann eine liebevolle Anspielung an seinen Vorgänger aus dem Jahre 1951 ist. In der Tat, vergleicht man beide Filme mit der zugrunde liegenden Story, so ist es John Carpenters Version, die Campbells Idee beinahe eins zu eins umsetzt. John W. Campbell Jr.s Erzählung ist sehr rasant und zum großen Teil eine Aufeinanderfolge an unheimlich-grausamen Zwischenfällen, die in ihren Beschreibungen den dramaturgisch umgesetzten Special-Effects in nichts nachstehen. Das heißt nicht, dass Hawkes Film schlechter oder langweiliger ist (mir persönlich gefallen beide Filme ausgesprochen gut); es sind einfach zwei unterschiedliche Auslegungen ein und derselben Geschichte. Als SF-Fan sollte man daher beide Filme unbedingt gesehen haben. Und Campbells Geschichte? Wer sie antiquarisch ausfindig machen kann, sollte unbedingt zugreifen.