Titel: Das Buch ohne Gnade Eine Besprechung / Rezension von Sebastian Hallmann |
Inhaltszusammenfassung:
Es hätte ein so schöner Urlaub werden können. Sanchez, seines Zeichens schmierigster Barkeeper von Santa Mondega, hat eine Reise gewonnen. Bei einem Preisausschreiben, an das er sich nicht einma mehr erinnern kann. Es geht mit einer Reisegruppe mitten in die Wüste, wo er einer Talentshow beiwohnen darf. Dem "Back from the Dead"-Festival, bei dem man es ausschließlich mit Imitatoren bekannter (und toter) Stars zu tun bekommt. Keine Frage, dass da auch sein Kumpel Elvis, seines Zeichens bekanntester Elvis-Imitator und bester Auftragkiller Santa Mondegas, nicht weit ist. Ein paar Zombies, die den Titel des Festivals etwas zu ernst genommen haben, sind auch schon auf dem Weg. Und nicht zu vergessen der übellaunige Massenmörder Bourbon Kid, den es beruflich ins Hotel verschlagen hat.
Kritik:
Das war er nun also, der dritte Band der Bourbon Kid-Reihe. Und wie immer haben wir es mit einem sehr reißerischen Klappentext zu tun, der dazu angetan ist, mehr zu versprechen als einen schließlich erwartet. Der Vergleich zu Tarantino mag zwar nicht grundverkehrt sein, aber als echte Referenz fungiert er meines Erachtens nach nicht. Aber fangen wir von vorne an.
Stammleser meines Blogs werden wissen, dass ich die ersten beiden Bände der Reihe schon mehr oder minder abgefeiert habe, was zum einen daran lag, dass sie sich auf Grund ihres recht hohen Gewaltlevels und dem damit verflochtenen Humor schon etwas abseits des Mainstreams bewegen, auf der anderen Seite aber auch sehr spannend geschrieben waren. Zumindest den zweiten Teil dieser Aussage kann man auch unumwunden wieder für dieses Werk von Anonymus verwenden. Man kann sagen, dass er sich in dieser Hinsicht mit jedem weiteren Buch etwas verbessert hat. Waren im ersten Roman noch die geschilderten Brutalitäten mehr oder minder der Mittelpunkt des Geschehen, konnte man schon im zweiten Buch feststellen, dass der Autor sich sehr gut auf das atmosphärische Darstellen der Action versteht – was er hier noch einmal weiter voran getrieben hat. Man möchte sagen, dass von der stilistischen und atmosphärischen Seite her das bislang beste Buch von Anonymus vorliegt – auch wenn Kenner der ersten beiden Bände vielleicht ein wenig vom Auftauchen der Charaktere Elvis und der mystischen Lady verwundert sein könnten. Was nämlich nirgends erwähnt wird: die Ereignisse dieses Romans finden noch zwei Jahre vor dem “Buch ohne Namen” statt – was natürlich leider dazu führt, dass man von vornherein weiß, wer diesen Trip überleben wird und dem Finale etwas von der Spannung nimmt, die das Ende der ersten Bände so lesenswert gemacht hat.
Was hingegen erwähnt wird, ist die Tatsache, dass der Autor für dieses Buch ein neues Setting verwendet hat, die vorliegende Geschichte hätte sich in Santa Modega sicherlich auch nicht so gut erzählen lassen wie hier. In diesem Punkt hat Anonymus also vieles richtig gemacht. Im Laufe der 429 Seiten bringt er die Qualitäten der Vorgänger wieder auf den Tisch: kurze und knackige Kapitel, die die Geschichte aus der Sichtweise eines Protagonisten beziehungsweise einer Protagonistengruppe erzählen und die mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit aufeinander zubegewegen und schließlich im Finale miteinander kollidieren. Und wie auch in den älteren Titeln wechseln sich hier ruhige Passagen mit actionreichen ab. So weit, so bekannt. Gefeilt hat der Autor dabei jedoch an seinem Humor, welcher nun deutlich öfter und weniger brachial daher kommt. Das mag für den “Gelegenheitsleser” vielleicht zugänglicher sein, ich für meinen Teil mochte aber eben genau das am “Buch ohne Namen” und am “Buch ohne Staben”, sie wirkten weitaus dreckiger als dieses Werk.
Nicht nur die humoristische Seite kommt im “Buch ohne Gnade” etwas harmloser daher, auch die Gewaltdarstellung ist eingeschränkter. Zwar gibt es mitunter immer noch einige sehr detaillierte Beschreibungen des Geschehens, im Vergleich mit den Vorgängern sind es jedoch deutlich weniger Szenen, denen man eine gewisse “Abartigkeit” bescheinigen könnte – und nach dem streckenweise äußerst derben zweiten Buch sind sie hier auch nicht gar so explizit ausgefallen. Im allgemeinen wird ohnehin deutlich weniger gestorben als noch in den Vorgängern. Bourbon Kid selber hat nur noch eine Kugel für sein Repertoire an Waffen, die im Roman auftauchenden Killerkollegen sind zwar besser ausgestattet, dafür jedoch mit weniger Zielen versehen. Für mich ist das schon ein kleiner Minuspunkt, denn auch hier stellt sich bei mir der Eindruck ein, dass man das Eckige und Kantige wegschleifen und das Schmutzige etwas aufpolieren möchte, was die ersten beiden Bücher ausgemacht hat. Schade, hier wäre es mir lieber gewesen, wenn die Machart der Vorgänger erhalten geblieben wäre.
Fazit:
“Das Buch ohne Gnade” weiß immer noch zu gefallen, auch wenn ich den Eindruck habe, dass der Autor sich immer mehr an ein Mainstreampublikum annäheren möchte. Zwar werden nicht alle alten Markenzeichen fallen gelassen, aber man kann festhalten, dass “Anonymus” etwas von seiner Härte verloren hat. Dennoch freue ich mich darauf, (hoffentlich) bald die deutsche Übersetzung des “Book Of Death”, also des vierten Bandes, welcher in England, Frankreich und in Spanien offenbar bereits verfügbar ist, in die Finger zu kriegen. Amazon listet das Taschenbuch für Mai 2013.