Titel: Dagon Eine Besprechung / Rezension von Max Pechmann |
Wer die bisherigen Verfilmungen von Erzählungen des "Einsiedlers von Providence" Howard Philip Lovecraft (1890-1937) kennt, assoziiert sofort damit diverse Splatterorgien Marke Re-animator. Interessant und erfreulich ist jedoch, dass dasselbe Team von Re-Animator nun in dem Film Dagon davon ablässt und statt dessen versucht, sich dem wahren Inhalt von Lovecrafts Geschichten anzunähern, welche eben nicht vor Gewalt strotzen, sondern vielmehr versuchen, das nicht mehr zu Begreifende in abstrakten Wortgebilden darzustellen. Auch wenn sich Regisseur Stuart Gordon und Produzent Brian Yuzna weiterhin künstlerische Freiheiten erlauben, ergibt sich besonders in Dagon eine beklemmende Atmosphäre, die den Geschichten Lovecrafts einigermaßen gerecht wird.
Als literarische Vorlage diente Gordon und Yuzna der Roman "Shadow over Innsmouth". Wie gesagt, bleibt die Umsetzung frei. In dem Film geraten vier Leute während einer Bootstour in ein heftiges Unwetter, das sie vor der geheimnisvollen Küstenstadt Imboca stranden lässt. Zwei von ihnen gehen an Land, um Hilfe zu holen. Die Bewohner dieser Stadt erscheinen ihnen jedoch nicht ganz geheuer. Es sind unheimliche Wesen, halb Fisch und halb Mensch. Und schon bald merken die Gestrandeten, dass man ihnen eigentlich gar nicht helfen möchte, sondern dass diese unheimlichen Wesen sie ihrem Gott Dagon opfern wollen ...
Aus dem amerikanischen Insmouth, das in der Nähe des literarischen Arkham bzw. auch unweit von Boston liegen soll, wird das spanische Imboca. Yuzna produzierte diesen Film vor allem für ein spanisches Publikum und versuchte daher ein weinig Heimkolorit aufleben zu lassen. Aus der Busreise, durch welche der Ich-Erzähler in Lovecrafts Roman nach Innsmouth kommt, wird eine Bootstour. Zunächst wird man daher etwas skeptisch. Dies legt sich jedoch, wenn die Stadt Imboca gezeigt wird. Zwar ist sie aus dem Computer geschustert, aber die düsteren Farben und die eng zusammenstehenden alten Gebäude kommen den Beschreibungen Lovecrafts etwas entgegen. Auf jeden Fall stimmt die Atmosphäre. Auch die Szenen, die in der Stadt spielen, geben recht gelungen die Jagd der Einwohner Innsmouths nach dem Ich-Erzähler wieder. Die engen, regennassen Gassen, die alten Fassaden der Häuser - all dies liefert einen angenehmen Grusel, der geradezu klassisch in Erscheinung tritt. Die Masken der seltsamen Fischmenschen sind nicht übertrieben, sondern unheimlich und fremdartig. All dies passt gut mit dem Rest des Filmes zusammen. Denn nirgendwo kommt es zu den übertriebenen Splatterorgien. Die düstere, unheimliche und recht dichte Atmosphäre wird konsequent durchgehalten.
Sehr schön sind auch die Insiderwitze, wie z. B. der Aufdruck MISCATONIC auf dem Pullover eines der Protagonisten sowie die chorale Vertonung des wohl berühmtesten Satzes der Horror-Literatur: "Iä! Iä! Cthulhu fhtagn!" Alles in Allem haben sich die Macher endlich einmal die Mühe gegeben, Lovecrafts Werk nicht zu vergewaltigen, sondern sich in Stil und Atmosphäre ihm anzupassen. So gesehen, ist "Dagon" eine recht gelungene Lovecraft-Verfilmung.