Serie / Zyklus: ~ Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Frank Rainer Scheck hat in der von ihm betreuten Reihe "Meisterwerke der Phantastik" mit Fred Chappells Roman Dagon ein Werk herausgegeben, welches ich als Kleinod der Phantastikliteratur bezeichnen würde. Nicht nur liegt dieser Roman hier als deutsche Erstausgabe vor, er wird abgerundet von einem lesenswerten Nachwort Schecks und zwei kurzen Beiträgen des Autoren selbst, wovon sich einer mit der Entstehungsgeschichte des vorliegenden Romans befasst.
Chappells Protagonist, der Methodisten-Geistliche Peter Leland, erbt von seinen Großeltern ein altes, heruntergekommenes Farmhaus, in dem er sich mit seiner Frau zusammen für einige Wochen einquartiert, um hier ungestört an einem Buch zu schreiben. Die Tätigkeit als Geistlicher ist für ihn eher eine lästige Pflicht, die letztlich sein Überleben sichert. Fernab der Zivilisation versucht er seiner Neigung nachzugehen.
Aber bereits zu Beginn es Romans trifft er auf Mina, die mit ihren Eltern in einer völlig heruntergekommenen Hütte auf dem Farmgrundstück wohnt. Mina, die in weiten Zügen unmenschlich wirkt, zieht ihm von Beginn an in ihren Bann.
Peter verändert sich, fühlt sich immer mehr zu Mina hingezogen. Er driftet gedanklich völlig ab. Beschäftigt sich mehr mit der Vergangenheit des Hauses und seiner Großeltern als mit seinem Buch und seiner Ehefrau. Eines Tages erschlägt er sie mit einem Schürhacken und begibt sich nach seiner Tat umgehend zu Mina. Er verfällt dieser Frau völlig, die ihm zu Beginn zum gefühlskalten Sex nötigt und später nur noch am Leben erhält, um ihn ihrem Gott Dagon opfern zu können.
Fred Chappells Roman ist locker mit dem Chtulhu-Mythos von H. P. Lovecraft verbunden. Es tauchen Elemente und Bezeichnungen von Lovecrafts Werk auf, ohne dabei eine größere Bedeutung für diesen Roman zu gewinnen. Insoweit ist dieser Roman als eigenständiges Werk zu verstehen. Hinzu kommt, dass keine schleimigen, nicht näher bezeichneten Wesen, die tief unter der Erde oder in der Kälte des Weltraumes beheimatet sind, Einfluß auf den Protagonisten nehmen und ihn in Angst und Schrecken versetzen. Vielmehr stellt Chappell aus der Sicht von Peter dar, wie dieser langsam aber sicher immer mehr in seinen Wahnsinn abgleitet und diesen fast schon philosophisch betrachtet. Peters Umgebung, soweit dies von dem Leser erkannt werden kann, bleibt dabei "normal".