Serie / Zyklus: Barrayar Band 1 + 2 Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Scherben der Ehre
Cordelia Naismith vom Planeten Beta erlebt eine böse Überraschung, als ihre grundsätzlich friedliche Mission auf einem unerforschten Planeten von einem barrayanischen Kommando aufgebracht wird. Sie muss miterleben, wie ein Crewmitglied im Kampf stirbt und ein anderes durch eine neurale Strahlenwaffe schwerste Gehirnschäden abbekommt. Sie selbst überlebt nur durch einen Sturz einen Abhang hinunter.
Es scheint, als ob ein Barrayaner ihr das Leben gerettet und sie so vor der Exekution bewahrt hat. Tatsächlich bewahrheitet sich dies, als sie auf den Kommandanten der Barrayaner trifft, der, ebenso wie sie, auf dem Planeten zurückgelassen wurde. Es handelt sich um niemand Geringeren als Aral Vorkosigan, der selbst unter den kriegerischen und unbarmherzigen Barrayanern den Ruf eines Schlächters innehat. Doch bald muss Cordelia ihre Meinung revidieren: Aral ist weder herzlos noch ein Schlächter. Der Kommandant erklärt, dass die Ereignisse, die zu einem Massaker der Bevölkerung einer ganzen Stadt führten, auf eine Befehlsmissachtung seines 1. Offiziers zurückgingen. In seiner Wut über das Blutbad brachte Aral seinen 1. Offizier um, was ihm Misskredit und Feindschaft einbrachte. Diese Feinde nun haben eine offene Meuterei angezettelt und ihn hier ebenso wie Cordelia zurückgelassen.
Beide müssen zwangsläufig zusammenarbeiten, um eine weit entfernte barrayanische Station zu erreichen. Auf dem Weg zur Station entwickelt sich ein Band zwischen beiden Personen, das bald über Freundschaft hinausgeht. Es gelingt, die Station zu erreichen, und Aral kann das Kommando über sein Schiff zurückgewinnen, doch seine Feinde ruhen nicht.
Scherben der Ehre ist Space Opera in Reinform. Lois McMaster Bujold schreibt im Nachwort, dass sie den Roman mehrfach überarbeitet und gekürzt habe. Das merkt man, denn die Geschichte liest sich sehr, sehr flüssig und man kann den spannenden Roman kaum weglegen. Mehr noch: Der Autorin gelingt es wiederholt, den Leser durch überraschende Wendungen im Roman vor völlig neue Tatsachen zu stellen.
Dieser Roman ist das Erstlingswerk der Autorin und man kann nur sagen: was für ein Debut. Lois McMaster Bujold scheint ein angeborenes Talent zum Schreiben zu haben. Außerdem kann man ihr ein gutes Händchen beim Überarbeiten ihrer Romane bescheinigen: Die Geschichte weist keine Längen auf und der Roman verfügt über einen gelungenen Spannungsbogen. Dies ist etwas, was viele SF-Autoren einfach nicht hinbekommen.
Ein klein wenig Kritik sei dennoch angebracht. Die Liebesbeziehung zwischen Cordelia und Aral wird nur peripher beschrieben und es wäre besser gewesen, wenn die Autorin klarere Worte benutzt hätte, denn dann wären Cordelias Handlungen am Ende des Romans leichter nachvollziehbar gewesen. Trotzdem: 9 von 10 Punkten.
Barrayar
Cordelia Naismith hat nun ihre eigene Heimatwelt aufgegeben und ist in ein freiwilliges Exil nach Barrayar gegangen. Mit den Sitten und Gebräuchen zurechtzukommen ist eine wahre Herausforderung, da Barrayar einst eine verlorene Kolonie war und die Feudalstitten seit der Wiederentdeckung noch immer nicht abgeschüttelt wurden. Dann, als Aral nach dem Tod des Kaisers zum Regenten bestimmt wird, bis der Enkel des Kaisers eine Nachfolge antreten kann, ändert sich alles. Plötzlich sind Cordelia und Aral selbst Ziel vieler Intrigen.
In einer Kultur, in der Mord schon fast eine politische Handlung ist, gilt es, den Feinden immer einen Schritt voraus zu sein. Es kommt zu zwei Attentatsversuchen, die aber beide fehlschlagen. Allerdings wird beim zweiten Angriff Cordelias ungeborenes Kind beeinträchtigt. Es steht fest, dass das Gegengift für das Giftgas, das sie und Aral hätte umbringen sollen, das Kind beeinträchtigen und die Knochenbildung hemmen wird. Die einzige Chance ist, das Kind frühzeitig zu holen und in einer Art Brutbehälter zu behandeln. Dies jedoch erzeugt großen Widerstand seitens Arals Vater, der wie alle alten Barrayaner sehr "arische" Ansichten hat und bereit ist, die Geburt dieses "Mutanten", wenn nötig, mit Gewalt zu verhindern.
Doch dann formieren sich Arals Gegner und starten einen offenen Putsch. Der Prinz kann zwar fliehen, aber Cordelia und Aral müssen sich in den Untergrund zurückziehen und einen Gegenschlag planen.
Der Roman, der der dritte in der Reihenfolge des Erscheinens des Barrayar-Zyklus war, schließt lückenlos an Scherben der Ehre an und führt die Geschichte konsequent fort. Auffallend ist, dass Lois McMaster Bujold andere Schwerpunkte in dem Roman setzt. Cordelia steht jetzt sehr im Mittelpunkt.
Die Autorin schreibt die Geschehnisse in einer sehr intelligenten Weise nieder: Der Leser erfährt auf dreierlei Weisen von Barrayar und den Ereignissen um Aral und Cordelia: Zum einen aus den Beschreibungen, zum anderen aus den Gesprächen und Dialogen und zum letzten aus den Gedanken, die die Autorin oft in Kursivschrift einfach den Dialogen anhängt. Diese Ebenen machen den Reiz dieses Romans aus - zu lesen, wie sie eine Situation darstellt, was gesprochen wird und was sich Cordelia dabei denkt, ist sehr spannend.
Im Mittelteil weist das Buch ein, zwei kleine Längen auf. Es wäre gut gewesen, hätte Lois McMaster Bujold auch hier ebenso diszipliniert gekürzt. Aber die Längen sind schnell überwunden und zum Ende bietet die Autorin ein wahres Feuerwerk an Spannung, auch wenn die Figur Cordelia Naismith sich am Ende am Rande der Unglaubwürdigkeit bewegt. Dennoch: Der Roman versteht ebenso zu fesseln wie der erste Band der Barrayar-Saga und die Auszeichnung mit dem Hugo Award als bester Roman des Jahres 1993 ist keinesfalls ungerechtfertigt.
8 von 10 Punkten.
Es ist schön, dass Heyne nun die Barrayar-Romane neu auflegt, auch wenn die großspurigen Aussagen auf der Buchrückseite ein wenig zum Schmunzeln anregen. Die Frage, ob Barrayar die beste SF-Serie unserer Zeit ist, bedarf noch einer weiteren Klärung.
Barrayar, Band 1 - Rezensionsübersicht
Barrayar, Band 2 - Rezensionsübersicht
Barrayar - Übersicht