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Titel: Coraline Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Coraline Jones ist ein Mädchen an der Schwelle zur Pubertät. Voller Wissbegierde und Tatendrang, intelligent und auch schon mit einem gewissen Maß an Weisheit versehen. Doch auch das Kind steckt noch in Coraline, die Sehnsucht nach elterlicher Wärme, nach Zuneigung von Vater und Mutter. Neugierig wie ein kleines Kind blickt sie in die Welt. Coraline zieht mit ihren Eltern in ein altes Haus, das so groß ist, dass es in mehrere Wohnungen aufgeteilt wurde. Ganz oben im Dachgeschoss wohnt ein alter Herr, der behauptet, eine Mäusekapelle zu trainieren. Neben ihnen leben zwei ältere Damen, pensionierte Schauspielerinnen mit ihren Hunden und ihren Erinnerungen an alte, wahrscheinlich bessere Zeiten.
Da Coralines Eltern immer sehr viel zu tun haben und kaum die Zeit finden, mit ihr etwas zu unternehmen oder mit ihr zu spielen, beginnt sie die nähere Umgebung des sehr weitläufigen Grundstückes zu erkunden. Dabei lernt sie den Wald mit seinen großen, uralten Bäumen kennen, einen unheimlich tiefen Brunnen, der nur notdüftig mit Brettern bedeckt ist und eine schwarze Katze, die ihr immer mal wieder über den Weg läuft.
Mit der Zeit geht der Sommer vorüber und der Herbst, die kältere Jahreszeit, zwingt Coraline immer öfter, im Haus zu bleiben. Da sich am 'Spielwert' ihrer Eltern nicht viel geändert hat, untersucht sie nun das Haus, kann aber nicht sehr viel Interessantes entdecken. Nur eine abgeschlossene Tür im Salon weckt ihre Neugierde. Ihre Mutter erklärt ihr, dass sich dahinter eine Mauer befindet, die Türe führte früher zu einem anderen Teil des Hauses, der nun als abgetrennte Wohnung auf einen neuen Mieter wartet. Da ihre Mutter vergisst, die Türe wieder abzuschließen, schaut das junge Mädchen dann auch gleich selber nach, ob das Gehörte tatsächlich der Wahrheit entspricht.
Eines Nachts wacht sie durch seltsame Geräusche auf; sie führen sie zu der besagten Türe, die nun offen steht und einen dunklen, langen Flur zeigt. Die Mauer ist verschwunden. Coraline betritt den Flur und betritt eine Welt, die aus einem Traum stammen könnte. Auch in dieser Parallelwelt leben ihre Eltern, verzerrte Abbilder ihrer Originale, mit Knöpfen statt Augen. Jedoch SIND sie auch anders als ihre Vorbilder, irgendwie interessanter, vielleicht liebevoller und auf alle Fälle kümmern sie sich um Coraline. Ihre "andere Mutter" möchte unbedingt, dass Coraline ihre eigene Welt vergisst und bei ihr bleibt - angesichts der neuen Spielmöglichkeiten und der für sie ideal umgestalteten Umwelt ein äußerst verlockendes Angebot. Gewarnt wird sie durch die schwarze Katze, die sie schon von der realen Welt kennt - die hier jedoch zu sprechen vermag.
Doch Coraline kehrt erst einmal wieder in ihre normale Welt zurück - und fndet ihre Eltern nicht mehr. Ihre Hausmitbewohner warnen sie, dass eine Gefahr sie zu verschlingen drohe. Coraline jedoch, ausgestattet mit Proviant und einem Talisman, dringt wieder in die unwirkliche Parallelwelt ein, erfüllt von dem Gedanken, ihre richtigen Eltern zu retten.
Das Kinderbuch von Neil Gaiman, mittlerweile auch Grundlage für einen Anmationsfilm, wurde hier außergewöhnlich in einen Comic umgewandelt. Herausgekommen ist ein farbenfrohes Schauspiel voller skurriler Charaktere und Umgebungselemente, die eines Tim Burton würdig wären. Die grafische Umsetzung von Craig Russel, der in verschiedenen Mainstream-Comics wie Batman, Star Wars oder Conan schon seine Erfahrungen machte, ist durchweg genial. Während er nicht allzusehr Wert auf Hintergründiges legt, was jedoch trotzdem ausreichend wirkt, erfreut man sich an den unzähligen realistischen und durchdringenden Gesichtsausdrücken der Protagonisten. Gerade diese Sequenzen, insbesondere mit Coralines "anderen" Eltern, machen den Comicband vielleicht nicht unbedingt zu einer geeigneten Lektüre für jünger Leser. Der Horror und das Böse, die durch die Zeichnungen wirken, erreichen den Leser des Comics mit voller Wucht. Selten hat man solche Charakterzeichnungen gesehen, die so das Grauen vermitteln, ohne lächerlich zu wirken. Insofern ist die Comicadaption von Gaimans Roman ein sehr gelungenes Werk, das jeder Liebhaber von qualitativ hochwertigen Geschichten und Zeichnungen unbedingt besitzen sollte.
Meine Wertung: 10 von 10 Punkte
Coraline - die Rezension von Frank Drehmel
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