Titel: Copy Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Dr. Yosil Maharal ist der Gründer der Firma Universal Kilns (daher auch der amerikanische Originaltitel) und bedauerlicherweise verschwunden. Seine Firma ist der größte Produzent menschlicher Klone, der sogenannten Dittos. Die Dittos erinnern an die alte Legende des Golems, sind menschliche Ebenbilder, die durch hervorragende Nanotechnologie nicht nur wie das Original aussehen, sondern auch dessen Gedanken, Erinnerungen und Gefühle besitzen, die bis zum Zeitpunkt der Erschaffung das Original besaß. Die Lebenserwartung eines Dittos beträgt vierundzwanzig Stunden ab dem Zeitpunkt, da er den Kiln, den Brennofen, verlässt. Die Firma Universal Kiln vertreibt die Rohlinge, damit jeder, der die entsprechenden Mittel hat, sich eine Kopie (daher der für Deutschland amerikanische Titel Copy) herzustellen. Rita Maharal ist auf der Suche nach ihrem Vater. Da sie ihn nicht allein findet, beauftragt sie den Privatdetektiv Albert Morris. In einer Welt, in der der Mensch nicht mehr arbeiten muss, da er jederzeit seine Dittos einsetzen kann, ist der Privatdetektiv ein Novum, da er noch selbst arbeitet. Die Aktivitäten, die Rita Maharal und Albert Morris an den Tag legen, sind Dr. Maharals Partner Aeneas Kaolin ein Dorn im Auge. Albert Morris beginnt mit der Untersuchung des Falles und ist der gleichen Meinung wie Rita: dass ihr Vater entführt wurde. Die Nachforschungen werden für den Privatdetektiv nicht nur schwierig, sondern gefährlich. Unbekannte trachten nicht nur den Dittos, sondern auch ihm nach dem Leben. Sein Haus macht innige Bekanntschaft mit einer Rakete, einer seiner Dittos verschwindet spurlos, ein weiterer wird umprogrammiert und wendet sich gegen ihn.
David Brin erzählt eine neue Geschichte. Mit dem Buch, das den fehlerhaften Titel "Copy" trägt, greift er zum einen das Thema menschlicher Ebenbilder auf, zum anderen erzählt er eine hervorragende Privatdetektivgeschichte. Die Wurzeln des ersten Themas gehen zurück auf den Homunkulus der alten Alchemisten über den Golem Gustav Meyrinks zu den Robotern des Isaac Asimov bis hin zu Heinlein und Dick mit ihren sozialkritischen Werken. Wer sich näher mit dem Thema auseinandersetzen will, dem empfehle ich: Der Golem 137. Veranstaltung der Humboldt-Gesellschaft am 18.03.02 von Alexander Wöll. Kommt der erste künstliche Mensch und Roboter aus Prag? von Alexander Wöll. Der Vortrag kann meiner Kenntnis nach im Internet heruntergeladen werden. Ich will jetzt David Brin nichts weiter unterstellen. Es wäre müßig, in seinen Roman viel hineinzulegen, was der Autor selbst vielleicht gar nicht bedacht hat. Das Einfachste wäre, David Brin selbst zu fragen. Auch die Frage nach der gesellschaftlichen Ausrichtung lässt sich nicht einfach beantworten. Ähnlich Orwells 1984 lebt der Mensch in einem Überwachungsstaat. Überall hängen Kameras, meist von Privatleuten, die die Umgebung genauestens beobachten und mit den filmischen Daten Handel treiben. Seine Geschichte ist durchaus spannend erzählt, seine Gesellschaft leider nur oberflächlich dargestellt. Wenn er einen gesellschaftskritischen Roman verfassen wollte, dann wäre er sicher dazu übergegangen, seine Welt in den Einzelheiten genauer zu erklären. Damit bleibt für mich ein utopischer Kriminalroman übrig, der sich durchaus mit einem Philip Marlowe messen kann.