| Titel: Collector Eine Besprechung / Rezension von Andreas Kurth |
Die Menschheit ist im Jahr 3042 bereits weit in das Weltall vorgedrungen. Dabei wird jedoch nicht nur eigene Technik genutzt, sondern auch etliche Artefakte, die bei Ausgrabungen auf Terra gefunden werden. Das sind Hinterlassenschaften außerirdischer Besucher, die prima funktionieren, deren Funktionsweise die menschlichen Piloten aber nur selten nachvollziehen können. Deshalb läuft die Besiedlung fremder Planeten durchaus chaotisch ab. Durch einen Zufall treffen die Menschen auf die Collectors (zunächst Samariter genannt) – eine ahumane Rasse, die die Menschen unter ihren Schutz stellen will. Das Angebot können die Menschen kaum ablehnen – aber es zeitigt katastrophale Folgen.
„Schützenswerte, bedrohte Rasse Mensch – eure Rettung ist nah“ - mit diesem Motto versuchen die Collectors, die Menschen der von ihnen zur Besetzung vorgesehenen Gestirne zur Kooperation zu bewegen. Allerdings übernehmen die technisch überlegenen Fremden auf den jeweiligen Planeten die vollständige Kontrolle, und jeder Kontakt mit dem Rest des Universums wird rigoros unterbunden. Da die Besatzer den Menschen scheinbar absolut überlegen sind, scheint Widerstand gegen das von den Collectors mit Medikamenten und Drogen rigoros durchgesetzte „Zuchtprogramm“ für die Bevölkerung der besetzten Welten völlig sinnlos zu sein. Dennoch regt sich bei einigen Menschen der Wunsch nach Freiheit – und mit vielen Verwicklungen entwickelt sich eine rasante Geschichte mit reichlich Dynamik und einem überraschenden - und eben leicht melodramatischen - Finale.
Die Protagonisten entsprechen einigen typischen Mustern, wie man sie aus vielen Romanen kennt. Der Hauptheld Kris Schmidt-Kneen ist ein wunderbarer Underdog. Er will im Grunde vor allem in Ruhe gelassen werden und einfach seine Arbeit machen. Bei einem Auftrag als Schwerlastfahrer auf der Erde gerät er jedoch in Venedig in eine perfide Intrige und wird so gezwungen, bei einer hochgefährlichen Mission tief im Einflussgebiet der Collectors mitzuwirken. Zum Team gehört auch Faye Durrick, die ebenfalls zur Teilnahme gezwungen wurde – um der Todesstrafe zu entgehen. Sie ist eigentlich eine Abenteurerin, so ein wenig vom Typ Lara Croft. Aber sie hat auch eine irgendwie romantische Ader – und entwickelt im Laufe der Zeit große Sympathie für Kris. Den Honigtopf mochte Markus Heitz also auch nicht umgehen.
Ganz anders präsentiert sich Fayes Schwester Nuria, eine brillante Professorin, als so genannte Co-Driverin von einem Wesen in ihrem Kopf gesteuert. Die Nymphomanin schnappt sich mehrfach Kris, aber der findet am Ende dann doch zu Faye. Ein besonders schillernder Charakter ist Anatol Lyssander, der mit höchst unterschiedlicher Nachkommenschaft in der Geschichte eine prägende Wirkung ausübt. Diese bunte Truppe soll den Ursprüngen und der Motivation der Collectors auf die Spur kommen. Und ihre jeweilige muntere Rolle spielen auch noch Chimären, Raumschiffbesatzungen, Soldaten der verschiedenen Staatenbünde, Konzernmanager und merkwürdige Organisationen, die die technische Aufwertung des Menschen auf die Spitze treiben wollen. Man könnte als Leser geneigt sein, im Laufe der Geschichte den Überblick zu verlieren, aber, wie vom Autor gewohnt, gibt es ein Glossar, das bei der Orientierung außerordentlich hilft.
Wenn man schon einige Bücher von Markus Heitz gelesen hat, merkt man den Romanen an, ob er gerade so richtig in Schreib- und Fabulierlaune war - oder eher nicht. Bei „Collector“ hat sich Heitz offenbar nicht nur einen lange gehegten Traum verwirklicht, sondern war auch so richtig in Fahrt beim Schreiben. Wer den Autor schon bei einer Lesung erlebt hat, kennt seine Antwort auf die Frage, wie er denn seine Bücher schreibt. Er plant einen Monat die Handlung bis ins letzte Detail durch, und dann setzt er sich hin und schreibt. Und für Collector hat er eben reichlich zu planen gehabt, denn die Vielzahl der unterschiedlichen Strippenzieher, wirtschaftlichen Bündnisse und teilweise religiösen Organisationen aus dem „Justifiers-Universum“, in dem die neue Romanreihe spielt, musste ja untergebracht werden.
Als Einführung für die Reihe und das Spiel ist das sicher unabdingbar, und bei Heitz ist man ja solche Mengen an Personen und Gruppen irgendwie auch gewohnt. Puristen dürften sich nun noch an den schier endlosen Anglizismen stören – aber ich gehe einfach mal davon aus, dass diese Begriffe aus dem Rollenspiel stammen. Auf jeden Fall ist dem Autor der Ausflug in das für ihn neue Genre durchaus gelungen, auch wenn man merkt, von welchen Vorbildern in der SF-Literatur er geprägt wurde. Trotz dieser zu findenden Versatzstücke ist „Collector“ ein unverwechselbarer Heitz-Roman, denn er hat einfach eine seiner wuchtigen Abenteuergeschichten aus dem Reich der Fantasy in den Weltraum verlegt. Wie Markus Heitz seine Leser zu fesseln und zu begeistern vermag, ist ja keine wirkliche Überraschung. Wenn er Spaß an der Materie und dem Thema hat, gehen eben gerne die Pferdemit ihm durch – und die Leser profitieren davon. Spannend ist jetzt, wie sich die Reihe entwickeln wird. Heitz hat namhafte Kollegen für die Justifier-Romane begeistert – mal sehen, ob diese die Begeisterung aufgreifen und in ihre Texte einfließen lassen.