Reihe: Cassia und Ky, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Der Hintergrund der Erzählung ist eine totalitärere Regierung, die dir vorschreibt, wen du zu lieben, zu heiraten hast, wieviele Kinder du bekommst, wann du sterben wirst und all die Dinge dazwischen wie Job, Freunde etc. Wie würdest du es finden, wenn die Regierung dir jede Entscheidung abnähme? Von allen Kunstwerken der Welt wurden nur die einhundert besten Werke aufgehoben. Die hundert besten Bücher, Bilder, Filme etc. Nur damit sich die Bevölkerung auf das Wichtigste konzentrieren kann: den fehlerfreien Staat. Doch der Staat scheint gar nicht so fehlerfrei zu sein, wie er vorgibt. Denn es geschieht etwas, das die Welt von Cassia ins Wanken geraten lässt. Für die 17-jährige ist heute der wichtigste Tag ihres Leben. Sie erfährt während einer Festlichkeit, wen sie mit 21 heiraten wird. Innerhalb der folgenden zehn Jahre darf sie Kinder bekommen und mit 80 Jahren darf man sterben. Das Ergebnis überrascht zuerst einmal alle. Ausgewählt wurde Xander, Cassias bester Freund. Eine solche Wahl - beide Partner aus einer Stadt, ja einer Straße - ist seit Jahrzehnten nicht mehr vorgekommen.
Sie kann ihr Glück kaum fassen. Sie und Xander kennen sich schon so lange, dass sie gar keinen Blick auf den feierlich überreichten Mikrochip werfen will. Als jedoch die Neugier immer größer wird, ob sich nicht doch noch etwas findet, das sie nicht weiß, wird, offenbar wegen eines technischen Defekts, das Bild eines anderen Jungen aufgerufen. Cassia ist enttäuscht. Ist das fehlerfreie System nun doch nicht ganz frei von Fehlern? Man versichert ihr, dass das ein Fehler sei. Ky, so die Aussage, dürfe gar nicht in den Chip aufgenommen werden. Cassia, fragt sich, ob nicht Ky ihr wirklicher Partner gewesen wäre. Je mehr Zeit Cassia und Ky miteinander verbringen, desto mehr wünscht sie sich, dass der Fehler zur Wahrheit wird.
Cassias Welt ist eine für den normalen Leser fremde Welt, denn wir können die meisten Entscheidungen, die uns betreffen, auch selbst fällen. Bei Cassia ist das jedoch anders. Dort werden die Entscheidungen für den jeweiligen Bewohner von anderer Seite getroffen. Die Menschen selbst werden mit Arbeiten vertraut, die nur oberflächlich betrachtet wichtig sind. Niemand weiß mehr, als er muss; Lesen und Schreiben gehören nicht dazu. Alles um die Menschen herum basiert hier auf Berechnungen und Wahrscheinlichkeiten. Die Krankheiten sind besiegt, das Leben einfach und ohne Aufregung. Aber jeder, der sich nicht an die Regeln hält, wird aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Etwa so wie der Vater von Ky. Deshalb durfte Ky auch gar nicht mit seinem Profil auf dem Mikrochip auftauchen. Ihm wurde keine Familie zugestanden.
Cassia, die in ihrem Beruf besonders durch Effektivität auffällt, erzählt ihrem Großvater von diesem Problem. Der nutzt die Gelegenheit, Zweifel bei seiner Enkelin zu säen. Vielleicht, so meint er, sei Ky doch der richtige Partner?
Nach dem Tod ihres Großvaters bemerkt Cassia, dass sie nicht die Einzige ist, die das System in Frage stellt. Praktisch jeder der Familie ist bereit, das bestehende System zu hinterfragen. Cassias persönliche Rebellion wird stärker, aber auch vom System bemerkt.
Die Auswahl ist ein interessantes Buch mit einer Dystopie als sozialem Hintergrund. Werbewirksam wird das Buch aber zum Nachfolger der Bis(s)-Bücher erklärt. Der Spannungsbogen ist nicht sonderlich hoch, aber stetig vorhanden. Gerade mit Ky erfährt man mehr über die Gesellschaft und man möchte als sozialkritischer SF-Leser gern mehr darüber erfahren. Es geht um einen Staat, der in jedem Fall die Beherrschung des Bürgers vorsieht. Gleichzeitig verliert der Staat aber mit jedem freien denkenden Geist mehr die Kontrolle. Aus diesem Grund wird Cassia stark kontrolliert und zum Schluss sogar abgeschoben.
Dennoch ist die Gesellschaftsform nur der Hintergrund, denn im Vordergrund steht die Liebesgeschichte der 17-jährigen Cassia, deren Interesse von Xander immer mehr zu Ky wechselt - ja, Xander verschwindet sang- und klanglos aus der Erzählung. Die Autorin selbst schreibt sehr gelungen. Sie schreibt so, dass man gern und lange als Leserin an der Erzählung festhält. Man kann sagen, Die Auswahl ist ein Liebesroman, der zufällig einen SF-Hintergrund besitzt.