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Serie: Caíari, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Tulum ist ebenfalls der Ort, an dem Jahrhunderte zuvor die junge Maya-Prinzessin Caíari ein fantastisches Abenteuer erlebt. Eines Tages brechen Caíari und ihre drei kleineren Geschwister - Xaotil, Xuma und Kya - in den Dschungel auf, um heiliges Wasser als Tauschobjekt für jene Fremden zu holen, deren Boote gerade am Strand des Ortes angelandet sind. Während Xaotil auf dieser Expedition spurlos verschwindet, stiehlt Kya in einem düsteren Tempel einen seltsamen Armreif, der sich, nachdem sie ihn erst einmal übergestreift hat, nicht mehr von ihrem Handgelenk lösen lässt. Als die drei Kinder ohne ihren Bruder, dafür jedoch mit einem verfluchten Artefakt, zurückkehren, ist der Vater außer sich und verlangt von Caíari, dass sie Xaotil findet und den Armreif seinem wahren Besitzer zurückgibt. Ausgerüstet mit einem Talisman der Mutter brechen die Geschwister auf, begegnen kleinen Waldgeistern - Pookas - und landen schließlich auf der Flucht vor einem schwarzen Panther in einer verwunschenen Stadt, in der sie auf der Spitze einer steinernen Pyramide ein Fremder namens Xoalquopak erwartet. Von ihm erfahren sie, dass sie die Stadt auf Grund eines Zauber nicht mehr verlassen können, auch wenn die „Augenlosen Seelen“, die dort harren, es von ihnen fordern.
Wie in „Ishanti“, „Luuna“ und vielen anderen seiner Serien entführt uns der Autor Didier Crisse in einen exotischen Hintergrund und in eine Vergangenheit, in der Mythen und Götter im Leben der in der Regel adoleszenten weiblichen Protagonistin manifeste Größen sind.
Vom Ablauf her gleicht die komplexe Geschichte einer Tour de Force durch den Dschungel Yucatans, die dem Leser nur wenig Zeit zum Verweilen lässt und die zuweilen die Grenze zu aktionistischer Hektik zumindest schrammt. Dennoch bleibt die Story auch in den unruhigen Momenten wegen der spritzigen, lockeren Dialoge der Geschwister untereinander unterhaltsam fesselnd, so dass uns nicht nur die Frage nach der noch völlig unklaren Verbindung zwischen Wayne und Caíari dem Folgeband entgegenfiebern lässt.
Während die Story bei aller Hektik unterhaltsam und kurzweilig daherkommt, hinterlässt das Artwork einen ambivalenten Eindruck. Zunächst einmal kann man konstatieren, dass Carlos Meglias in der Zeichnung der Figuren und der Panelabwicklung trickfilmtechnischer orientierter Ansatz grundsätzlich visuell originell ist und, was die vielfältigen digitalen bzw. optischen Effekte betrifft, durchaus als „State of the Art“ der Comic-Koloration angesehen werden kann. Über die Sinnhaftigkeit einzelner Spielereien - wie bspw. der Simulation einer geringen Schärfentiefe in einzelnen Panels - kann man zwar streiten, weil sie etwas plump Poserhaftes ausstrahlen, aber die eigentliche Kritik setzt an einem anderen Punkt an.
Die Seiten wirken mit ihrem z. T. beeindruckenden Textur- und Detailreichtum gerade in den größeren Bildern - aber nicht nur hier - visuell überladen und breiig. Der Grund hierfür ist simpel: Dadurch, dass der Künstler - aus welchen Gründen auch immer - die Umrisse, die formgebenden Linien der Figuren sowie zentraler Bildelemente generell in Braun- und Grautönen anstatt in comicüblichem Schwarz „digital tuscht“ und Braun in unterschiedlichsten Nuancen zudem die dominierende Füll- bzw. Hintergrundfarbe ist, fehlen oft klare, markante, den Blick leitende Strukturen.
Dennoch strahlt das Artwork - lässt man sich darauf ein und ist bereit, sich mit den Bildern auseinanderzusetzen - einen unverkennbaren Reiz aus, und sei es nur der des Ungewöhnlichen.
Fazit: Exotisches Flair sowie ein originelles Artwork machen diese tempo- und mythenreiche leichte Geschichte zu einem kurzweiligen Lesevergnügen.