Titel: Camouflage Eine Rezension von Alexander Haas |
Seit ewigen Zeiten - lange vor den Menschen - wandeln zwei Außerirdische auf der Erde: Das Wechselbalg und das Chamäleon.
Nach Äonen die das Wechselbalg unter Wasser in der Form verschiedenster Tiere verbracht hat, kommt es schließlich im 20. Jahrhundert an Land. Mehr aus Zufall tötet er einen amerikanischen Teenager, nimmt seine Gestalt an und schlüpft in seine Rolle, in sein Leben. Dabei hat es etliche Anpassungschwierigkeiten zu überwinden, denn bislang sind Gefühle, Emotionen und “menschliche” Bedürfnisse wie z.B. Schlaf vollkommen fremd. Es folgen Schule, Universität und der zweite Weltkrieg. Es erliegt seiner Faszination für den Pazifik, meldet sich freiwillig und erlebt sowohl auf der Amerikanischen als auch auf der Japanischen Seite des Krieges etliche Greueltaten.
Im Lauf der Zeit und im Laufe etlicher Identitäten, in denen es vorrangig mit dem Erlangen von Wissen beschäftigt ist, erfährt es schließlich im 21. Jahrundert von einem Fund. In den Tiefen des Pazifik haben Forscher ein ungewöhnliches, scheinbar außerirdisches Artefakt entdeckt und dieses löst eine ganze Reihe von Erinnerungen uns Assoziationen aus. Das Wechselbalg weiß, es muss zu diesem Artefakt gelangen.
Gleiches gilt auch für das Chamäleon, das schon länger als das Wechselbalg unter den Menschen weilt - mit einer schon fast morbiden Faszination für das Töten.
Es ist also klar, die Begegnung am Artefakt kann nur einer von beiden Überleben.
Um die beiden herum erfahren wir noch in der “Gegenwarts-Ebene” (etwa um 2020) die Geschichte von Russel Sutton und Jack Halliburton. Beide sind für die Bergung und die anschließende Forschung verantwortlich, aber entwickelt sich die Arbeit eines Tages in eine Richtung von der beide nicht hätten träumen können …
Wie bereits in der “Ewige Krieg” erzählt Joe Haldeman anscheinend ungern eine Geschichte über einen “kurzen” Zeitraum. Dabei wechseln sich ein Teil der Arbeiten am Artefakt und ein Auschnitt aus der Entwicklungsgeschichte des Wechselbalges mit einander ab. Das Chamäleon tritt eher kurz, mit nur wenigen Auftritten, in Erscheinung, das reicht aber vollkommen für eine umfangreiche Charakterisierung aus.
Während sich auf der “Artefakt-Ebene” die Charakterisierung von Jack und Russ sich im wesentlichen auf Ihren Job konzentriert, haben wir auf der anderen Seite einen Charakter der vollkommen unmenschlich ist. Und damit meine ich im Falle des Wechselbalges nicht: böse, sondern unerfahren in jeglichem menschlichen Da-sein. Möglicherweise genau deswegen ist diese Ebene auch so distanziert geschrieben, dass die Lektüre durchaus mühsam ist. Allerdings, je länger sich die Geschichte entwickelt, je menschlicher das Wechselbalg wird, je weiter die Arbeiten am Artefakt kommen, desto besser kommt man in die Geschichte hinein und die Faszination steigt von Seite zu Seite.
Dabei kommt eigentlich nie so richtige Spannung auf, aber darauf ist die Geschichte auch überhaupt nicht ausgelegt. Vielmehr geht es im Wesentlichen um die Menschwerdung des Wechselbalgs, und die ist wirklich großartig in Szene gesetzt. Und hier liegt nun wirklich nicht der Schwerpunkt darin, was für grausame Dinge in der Menschheit liegen, sondern es geht auch um einige wirklich unvermutete und symphatische Elemente. - Da kann die “Gegenwartsebene” nicht ganz mithalten.
Fazit:
Mag sich vielleicht abgedroschen anhören, aber mit “Camouflage” legt Joe Haldemann einen wirklich ungewöhnlichen Science-Fiction-Roman vor, der aber uneingeschränkt empfehlenswert ist.