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Eine Rezension von Judith Gor (Weitere Rezensionen von Judith Gor findet ihr hier auf fictionfantasy oder auf ihrer Website www.literatopia.de) |
In der Welt des Online-Kampfspiels BTOOOM! ist Ryota Sakamoto ein Held. Er gehört zur den besten der Weltrangliste, ist im Spiel mit einer wunderschönen Mädchen verheiratet und sonnt sich in seinen Erfolgserlebnissen. Im echten Leben ist Ryota dagegen ein arbeitsloser Loser, der davon träumt, einmal bei der Entwicklerfirma von BTOOOM! zu arbeiten. Er darf sogar das Spiel testen, doch ein richtiger Job springt dabei nicht heraus. Im Supermarkt oder gar für seinen Onkel will Ryota jedoch nicht arbeiten. Er flüchtet sich lieber in seine eigene Welt, wo er gefürchtet und verehrt wird.
Als Ryota eines Tages die Augen aufschlägt, hängt er in einem Baum mitten im Dschungel. Völlig orientierungslos und ohne zu wissen, wie er dorthin gekommen ist, taumelt er durch den von Insekten beherrschten Wald. Immerhin ist seine Tasche samt seinen Einkäufen noch da. Und eine weitere Tasche, die man sich um den Bauch schnallen kann. Am Strand untersucht Ryota den Inhalt der geheimnisvollen Bauchtasche und entdeckt darin Bomben – kurz darauf wird er angegriffen. Soll er etwa in der Realität BTOOOM! spielen? Oder ist alles nur ein schlechter Traum? Ryota bleibt nur die Wahl zu kämpfen oder zu fliehen.
Die erste Folge der Animeadaption von BTOOOM! deckt sich nahezu komplett mit den ersten Kapiteln der Mangavorlage von Junya Inoue. Ryota ist gerade noch online und spielt – und plötzlich findet er sich auf einer einsamen Insel wieder. Ohne Erinnerung. Doch bald stellt sich heraus, dass auch andere auf der Insel gestrandet und mit Bomben ausgestattet sind. Im Gegensatz zu Ryota scheinen die anderen aber zu wissen, was vor sich geht. Manche greifen ihn sofort an. Andere versuchen hingegen, sich mit ihm zu verbünden. Die zweite Folge weicht dabei vom Manga ab und widmet sich der Geschichte einer mysteriösen Oberschülerin, die bereits viele Bomben mit sich herumträgt. Bedeutet das, sie hat schon mehrere Mitspieler ausgeschaltet?
Die Spielregeln von BTOOOM! sind vergleichsweise einfach: Jeder Spieler verfügt über eine bestimmte Anzahl von Bomben und muss damit sieben Spieler töten, um zu gewinnen und damit von der Insel entlassen zu werden. Sein Waffenarsenal kann man nur vergrößern, wenn man Gegner tötet und deren Bomben übernimmt. Die explosiven Geschosse werden dabei in mehrere Typen unterteilt: Ryota erhält zu Beginn den Timer-Typ, der erst nach einem Countdown von 10 Sekunden explodiert. Sein erster Gegner verfügt dagegen über Bomben, die sofort beim Aufprall hochgehen. Darüber hinaus gibt es weitere Typen, die man im Verlauf der Serie kennenlernt und deren strategischer Einsatz überlebenswichtig ist.
Nach dem ersten schrecklichen Kampf will Ryota nicht weiter am Spiel teilnehmen. Auch wenn er sich jahrelang in die Welt des Onlinespiels geflüchtet hat, kann er sehr gut zwischen Realität und Spiel unterschieden. Dass er einen echten Menschen getötet hat, macht ihm schwer zu schaffen. Die Geschichte hinter BTOOOM! ist zudem tiefgründiger, als sie anfangs den Anschein macht. Zunächst wird man von Ryotas Moralvorstellungen überrascht. Der junge Mann wirkt zuerst faul und verbohrt, entpuppt sich aber als clever und verantwortungsbewusst. Er ist ein kritischer Beobachter und darum bemüht, an seinen Vorstellungen von „richtig“ und „falsch“ festzuhalten. Es ist jedoch abzusehen, dass er seine Moral früher oder später relativieren muss.
Ryota setzt sein Leben für andere ein, bleibt dabei aber stets vorsichtig – auch, als er sich mit einem älteren Herrn verbündet. Letzterer erscheint unberechenbar: Will er wirklich nicht am Spiel teilnehmen? Oder will er Ryota nur ausnutzen und ihm bei der nächstbesten Gelegenheit in den Rücken fallen? Dann gibt es da noch einen psychisch kranken Jungen, der mit seinem Vater und seinem Anwalt auf der Insel gelandet ist. Die Gewalt innerhalb der Familie hat aus dem Teenager einen gestörten Gewaltverbrecher gemacht. Vor seinem Vater kuscht er dennoch – bis er sich auf der Insel gegen ihn auflehnt.
Auch wenn Ryota sich nicht am Töten beteiligen will, erlebt man bereits in den ersten Folgen von BTOOOM! grausame Morde. Zudem haben viele Charaktere schreckliche Traumatisierungen erfahren: In Rückblenden erlebt man beispielsweise, wie Schülerinnen vergewaltigt werden oder wie sich ein Teenager an der Leiche einer Frau vergeht. BTOOOM! ist nichts für schwache Gemüter und die Altersempfehlung ab 16 Jahren sollte unbedingt beachtet werden. Allerdings handelt es sich nicht um bloße Gewaltverherrlichung. Die brutalen und tragischen Hintergrundgeschichten dienen als Erklärung dafür, warum Ryota und die anderen auf die Insel verbannt wurden, um BTOOOM! in der Realität zu spielen.
Die Videospielatmosphäre wird optisch grandios umgesetzt: Der Dschungel wartet mit vielen Details und lebendigen Farben auf, während die Kampfszenen mit viel Dynamik punkten. BTOOOM! erinnert damit ein wenig an Spiele wie Halo oder auch Metal Gear Solid und schließt sich thematisch an Battle Royale und Lost an. Die Charaktere überzeugen mit glaubhafter Mimik, zudem sind sie allesamt gänzlich unterschiedliche Typen. Um Fanservice in Form großbusiger Mädchen kommt man dabei leider nicht herum.
Die Ausstattung der DVD ist ziemlich mau: Gerade einmal drei Folgen bekommt man für den relativ stolzen Preis, der immerhin einen schicken Sammelschuber beinhaltet. Die DVD-Hülle selbst ist allerdings nicht besonders stabil, zudem gibt es kein Booklet. Da reißt das Wendecover auch nicht mehr viel raus. Das hat KAZÉ bei anderen Veröffentlichungen, wie beispielsweise bei the Garden of Sinners schon viel besser gemacht!
Fazit
Die Animeadaption von BTOOOM! hält sich weitgehend an die Mangavorlage, bietet jedoch schon in den ersten Folgen mehr Hintergrundinformationen. Man kann sich daher schnell in die Gedankenwelt der Protagonisten hineinversetzten, wobei mancher Charakter auch zwielichtig bleibt. Visuell überzeugt BTOOOM! auf ganzer Linie und bietet neben blutiger Action auch zwischenmenschliche Höhe- und Tiefpunkte. Eine packende Story mit Überraschungsmomenten und echtem Videospiel-Flair runden den positiven Gesamteindruck ab. Die Ausstattung der DVD ist allerdings ziemlich mau. 8 von 10 Punkten.
Rezension zu BTOOOM! (Volume 2)