Serie: Bravesland, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Wir schreiben das Jahr 1756; in Teilen Nordamerikas tobt der „French and Indian War“, welcher im Zuge des europäischen Siebenjährigen Krieges auf die überseeischen Kolonien übergriff und der auch in der kanadischen Provinz Arkadien zwischen Briten und Franzosen geführt wird.
Weil er in Boston mit der Tochter eines englischen Colonels angebändelt hat, ist der Arkadier Constant gezwungen, nicht nur das Gemach der jungen Frau, sondern gleich die Stadt auf abenteuerliche Weise zu verlassen.
Auf dem Weg nach Québec schlägt sich der Freigeist als Vagabund durch Wildnis und kleinere Städte und lernt schließlich, während er auf eine Fährüberfahrt wartet, den Huronen Otiron'Tara kennen, der sich in der französischen Armee verdingen will, weil die Stammesältesten beschlossen haben, die Franzosen zu unterstützen. Nach ihrer Ankunft in Québec trennen sich der Weg der beiden zunächst, aber als Constant auf der Suche nach Arbeit zwangsrekrutiert wird, findet er sich nicht nur in der verhassten Armee wieder, sondern trifft in seinem Trupp erneut auf Otiron'Tara.
Während einer Expedition zum Fort Niagara vertiefen die beiden Männer ihre Freundschaft und dienen fortan gemeinsam als Späher in ihrem Regiment. Als die Franzosen auf ein Kontingent Irokesen treffen, scheint die Lage bedrohlich, doch wider Erwarten erweisen sich die Indianer als friedfertig und sprechen nur eine Warnung aus: Die Weißen sollen das verbotene Land nicht betreten. Der Kommandant des Trupps willigt zum Schein in eine alternative Route um das verbotene Terrain herum ein, um später doch wieder auf den ursprünglichen Pfad zurückzukehren. Damit beginnt für die Soldaten, für Constant und Otiron'Tara eine Reise ins Grauen.
Nachdem der amerikanische Sezessionskrieg nicht nur in Roman und Film, sondern auch im Comic hinreichend thematisiert wurde, ist es geradezu eine wohltuende Abwechslung, weitere 100 Jahre zurück in die nordamerikanische Vergangenheit zu blicken, in eine Zeit also, in der es nicht Cowboys gegen Indianer oder Südstaaten gegen Nordstaaten hieß, sondern die Alte Welt ihre Kriege bzw. Konflikte im vorimperialistischen Ringen um Kolonien und Herrschaft in alle Welt und damit auch nach Nordamerika und Kanada exportierte. Dennoch ist der Handlungsrahmen des „French and Indian War“ natürlich nicht ganz jungfräulich, kennen wir doch fast alle den einen oder anderen Lederstrumpf-Roman aus der Feder James Fenimore Coopers, in denen unter anderem der Untergang der nordamerikanischen Indianer thematisiert wird.
Eben dieser Verlust der indianischen Identität und Lebensweise nicht nur in Folge der Kolonisierung durch die Weißen, sondern auch auf Grund stammesinterner Fehden bildet ebenfalls den Rahmen, vor dem David und Lassablière ihre Geschichte entwickeln. Unter Verwendung von Elementen des „Mantel & Degen“-Genres, des klassischen Abenteuer-Romans, einer Ethno-Story sowie des Mystery- und History-Thrillers erzählen sie eine spannende, mit sachter Sozialkritik gewürzte Geschichte, die den Leser von der ersten Seite an zu fesseln vermag und die mit einem „üblen“ Cliffhanger endet.
Die grandiosen Zeichnungen Fernianis sowie die atmosphärisch stimmige Koloration Rieus runden das positive Gesamtbild ab. Die Bilder überzeugen sowohl durch hohen Realismus – gerade auch in den historischen Details - als auch durch abwechslungsreiche Perspektiven, Dynamik und Protagonisten mit Wiedererkennungswert. Etwas gewöhnungsbedürftig ist zunächst die bevorzugte Bildkomposition Fernianis: Anstatt dem Leser räumliche Weiten zu eröffnen, über die er frei schweifen kann, fokussiert, lenkt er oftmals mittels rahmender Figuren im Vordergrund den Blick des Betrachters relativ stark, sodass sich dadurch ein vages Gefühl der Beklemmung ergibt, was den bedrückenden Inhalt der Geschichte nochmals visuell verstärkt.
Fazit: eine grandios visualisierte, hoch spannende und authentisch wirkende Abenteuergeschichte mit deutlichen Mystery- bzw. Horror-Anklängen.